Brenda Joyce
die Wahrheit über Blair sagst – und über die vergangenen sechs
Jahre. Ich habe immer vermutet, dass du Alexi treu geblieben bist. Das stimmt
doch, oder?«
Elysse
errötete. »Er war so grausam ... ich fürchte, es wäre ihm auch egal, wenn er
die Wahrheit kennen würde. Vielleicht würde er mich sogar auslachen, weil ich
die ganze Zeit über Jungfrau geblieben bin.« Als Ariella schwieg, fügte
sie hinzu: »Wir haben uns sechs Jahre lang immer weiter auseinandergelebt und
wir sind vollkommen verschiedene Menschen geworden. Wie konnte ich nur jemals
glauben, dass wir unsere Liebe wiederentdecken würden, wenn er doch gezwungen
war, mich zu heiraten, weil ein Mann gestorben ist?«
»Doch, das
könnt ihr«, erklärte Ariella energisch und sprang auf die Füße. »Du und
Alexi, ihr seid füreinander bestimmt. Es war seine Entscheidung, dich zu
heiraten. Hast du meine Familie vergessen? Ein de Warenne liebt nur einmal, und
dann ist es für immer. Dann gibt es nichts anderes mehr. Alexi hat sich in dich
verliebt, als er noch ein kleiner Junge war. Er ist wütend, voller
Schuldgefühle und eifersüchtig auf Blair – aber er liebt dich noch immer.
Dessen bin ich ganz sicher!«
Elysse
stand ebenfalls auf und sah sie an. »Ariella, die Nacht, als wir miteinander
geschlafen haben, war die schönste Nacht meines Lebens. Ich dachte, es wäre ein
Neuanfang für uns. Ich dachte, wir würden eine richtige Ehe führen – voller
Liebe und Leidenschaft.«
»Wie hast
du das gemeint, als du sagtest, er wolle Frieden?«
»Er hat die
Pläne für seine Abreise vorgezogen. Er möchte nun am ersten Juni nach China
segeln, nicht am fünfzehnten wie ursprünglich geplant – um von mir
wegzukommen! Bis dahin sollen wir wie höfliche Fremde miteinander umgehen. Aber
er ist kein Fremder. Er ist mein Ehemann, der Mann, den ich liebe. Einst war er
mein bester Freund.«
»Er läuft
also vor dir davon?«
»Ja, das
tut er.«
Ariella zog
die Brauen hoch. »Das ist sehr interessant, Elysse. Alexi ist kein Feigling. Er
ist ein Kämpfer. Aber offensichtlich hat er Angst davor, hier mit dir zusammen
zu sein.« Sie begann zu lächeln. »Warum aber sollte er Angst vor dir
haben?«
»Was du da
sagst, ergibt keinen Sinn.«
»Alexi wird
ebenso von der Vergangenheit verfolgt wie du – vielleicht sogar noch mehr. Und
jetzt läuft er davon. Hm. Was wirst du also jetzt tun?«
»Wie
bitte?«
»Ach, komm
schon, Elysse. Du hast gerade die Leidenschaft kennengelernt, mit dem Mann
deiner Träume. Du willst doch wohl nicht einfach dastehen und ihn davonsegeln
lassen?«
Elysse
holte tief Luft. Ganz plötzlich wurde sie aufgeregt. Warum hatte sie es
zugelassen, dass Alexi die Regeln ihrer Ehe bestimmt? Sie wusste, was sie
wollte. Sie wollte ihren Mann.
»Wenn
Emilian sich wie ein so selbstsüchtiger, eigensinniger Dummkopf benehmen würde,
dann würde ich kämpfen. Ich würde mit Zähnen und Klauen um das kämpfen, was ich
haben will – und ich würde damit anfangen, indem ich ihn verführe«,
erklärte Ariella.
Elysse
stockte der Atem. Sie fühlte sich wieder an den Abend erinnert, den sie
zusammen verbracht hatten. Alexi war versessen darauf gewesen, mit ihr zusammen
zu sein. Sie war sicher, dass ihr Verlangen ungewöhnlich war. Warum ließ sie
zu, dass Alexi vor ihr davonlief? Würde sie es wagen, die Sache in ihre eigenen
Hände zu nehmen?
»Du hast
recht. Ich will meinen Mann behalten, und ich will eine richtige Ehe führen. Es
ist Zeit zu kämpfen.«
Alexi war wachsam, als er die große
Eingangshalle von Oxford Mansion betrat. Es war halb elf Uhr am Abend, und er
wollte es vermeiden, Elysse zu begegnen. Er hatte sein Möglichstes getan, um
ihr aus dem Weg zu gehen seit jener fatalen Nacht, in der er sie die Treppe hinaufgejagt
und ihr praktisch Gewalt angetan hatte. Aber sie behauptete weiterhin, sie
hätten einander geliebt.
Offensichtlich
hatte er sich ihre Lustschreie nicht eingebildet.
Ich habe
Elysse geliebt. Das
war unmöglich – er war nur fähig zu schnellem, lustvollem Sex. Der größte Teil
des Abends war in seiner Erinnerung verschwommen. Aber die eine oder andere Erinnerung
hatte er daran, wie er sie berührt, sie geküsst und in den Armen gehalten
hatte. Sicher war er nicht wirklich so verzweifelt von dem Wunsch besessen
gewesen, mit ihr zusammen zu sein, wie es in seiner Erinnerung der Fall war.
Sicher liebte er sie nicht mehr, nicht nach all diesen Jahren, so wie einst,
als er ein Junge gewesen war.
Er bemühte
sich sehr,
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