Brenda Joyce
Tür. Falls er ihr Entsetzen bemerkt haben sollte,
so ließ er sich nichts davon anmerken. »Und keine Angst. Ich werde mich
beherrschen. Ich werde nicht wieder an deine Tür kommen.«
Ihr
Entsetzen war grenzenlos.
Kapitel 15
Erschüttert kehrte Elysse in ihr Schlafzimmer
zurück und schloss die Tür. Dort stand sie, reglos, und starrte die Wand an,
ohne etwas zu sehen. Was soll ich jetzt tun?
Trauer
stieg in ihr auf und drohte sie zu ersticken. Die vergangene Nacht hatte Alexi
nichts bedeutet. Nichts hatte sich geändert. Er machte ihr Vorwürfe wegen der
Vergangenheit, hielt sie für Londons erfolgreichste Verführerin, und er liebte
sie überhaupt nicht. Und doch hatte alles sich geändert, denn sie liebte ihn.
Sie hatte nie aufgehört, ihn zu lieben, das wusste sie jetzt.
Sie hatte
so vieles überlebt – William Montgomerys Tod, von Alexi verlassen zu werden und
sechs Jahre übelsten Klatsch. Wie aber sollte sie jetzt seine Gleichgültigkeit
überleben?
Er wollte
einen Waffenstillstand.
Keine echte
Ehe voll von Liebe und Leidenschaft, sondern Frieden.
Aber sie
wollte, dass Alexi ihr Geliebter war, ihr Ehemann und ihr bester Freund. Sie
wollte ein Leben voll von Liebe und Leidenschaft, keinen verdammten Frieden.
Draußen vor
der Tür hörte sie Schritte. Schnell wischte sie sich das nasse Gesicht ab, lief
zur Tür und öffnete sie. Alexi war schon den Korridor hinuntergegangen. Er war
für einen Besuch in der Stadt gekleidet.
»Wohin
gehst du?« Sie hörte, wie hoch und schrill ihre Stimme klang.
Er zögerte,
blieb stehen und drehte sich um. Seine Miene war noch immer ausdruckslos. »Ich
gehe aus, Elysse. Wenn ich früher als geplant nach China aufbrechen will, dann
gibt es noch vieles, um das ich mich kümmern muss. Den größten Teil des Tages
bis in den frühen Abend hinein werde ich bei Windsong Shipping
verbringen.«
Entschuldigte
er sich gerade dafür, dass er nicht nach Hause kam?
»Ich werde
auch das Abendessen auswärts einnehmen«, fügte er hinzu. »Wenn du vorhast,
heute Abend zu Hause zu bleiben, dann warte nicht auf mich.«
Sie hatte
keine Ahnung, was für diesen Abend auf ihrem Kalender stand. Sie starrte Alexi
nur an und fragte sich, ob ihr Gesicht irgendetwas von ihrer Anspannung verriet.
»Ich
wünsche dir einen schönen Tag«, sagte er höflich, drehte sich um und ging
die Treppe hinunter.
Wie in
Trance ging Elysse zurück in ihr Schlafzimmer und schloss die Tür. Dann ließ
sie sich auf den nächsten Stuhl sinken. Irgendwie gelang es ihr, die Tränen
zurückzuhalten, aber sie zitterte heftig. Nachdem es ihr um ein Haar gelungen
war, seine Liebe zu erringen, empfand sie nun den Schmerz einfach als
unerträglich. Sie war fest davon überzeugt, jetzt nicht länger so tun zu
können, als wäre sie eine liebende Ehefrau, wo sie doch genau das in
Wirklichkeit sein wollte. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, was sie tun
sollte.
»Sie haben eine Besucherin, Mrs de
Warenne.«
Mehrere
Tage waren vergangen, seit Alexi mit ihr geschlafen und danach diese Nacht als
unbedeutend abgetan hatte. Ihr Kummer lauerte gefährlich dicht unter der
Oberfläche. Am ersten Tag war sie im Haus geblieben, unfähig auszugehen. Dann
hatte sie die Fassade erneut errichtet, war Einladungen zu Mittag- und Abendessen
gefolgt und sogar zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung gegangen. Es war ihr
schwergefallen, mit Freunden und Bekannten zu plaudern, pausenlos zu lächeln
und die richtigen Antworten zu geben. Mehrere Ladies hatten sie gefragt, ob sie
krank sei. Mit heiterer Miene hatte sie verneint. Alles sei in Ordnung, sie
habe nur eine leichte Erkältung.
Mehrmals
hatte sie Alexi gesehen, aber nur im Vorbeigehen, innerhalb des Hauses. Sie
sprachen nicht miteinander, aber er nickte ihr stets zu. Er war höflich, aber
seine Miene blieb ausdruckslos.
Doch sie
interessierte sich nicht für Einladungen zum Essen oder zum Tee, für
Dinnerpartys und Wohltätigkeitsveranstaltungen. Sie interessierte sich auch
nicht für Gäste. Jetzt sah sie von ihrem kleinen Schreibtisch auf, der in dem
hübschen Salon stand, von dem aus der Blick in den Garten ging. Sie hatte einen
Brief von ihrem Bruder Jack gelesen, der noch immer in der Wildnis Amerikas unterwegs
war, auf der Suche nach Abenteuern und vielleicht auch einem Vermögen. »Ich
empfange heute nicht, Reginald.«
»Es ist
Lady St. Xavier«, erwiderte er.
Wenn sie
Ariella sah, würde der Ring, den sie um ihr Herz gelegt hatte, zweifellos
brechen. »Können Sie ihr
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