Brenda Joyce
Ellie gedeckt hatte, rückte die Vase mit der einzelnen Rose zuerst
in die Mitte und dann auf die Seite.
»Vielen Dank, Bette«, sagte Francesca und legte ihr eine Hand auf
die Schulter. »Kein Grund, so viel Aufhebens zu machen.«
Bette stellte fest: »Sie hat Ihren Orangensaft vergessen, Miss
Cahill. Ich werde ihn sofort bringen!« Sie warf Ellie einen wütenden Blick zu
und eilte aus dem Zimmer.
Ellies glückliches Gesicht fiel in sich
zusammen.
Francesca ging zu ihr. »Eigentlich benötige ich heute gar keinen
Saft. Sie machen Ihre Arbeit ganz wunderbar, Ellie. Man könnte glauben, Sie
stünden bereits seit einer halben Ewigkeit in unseren Diensten.«
»Wirklich?«, erwiderte Ellie hoffnungsvoll und blickte sie
unsicher an, doch ihre Augen glänzten.
Francesca nickte und begleitete sie hinaus. Dann lehnte sie sich
nachdenklich gegen die Tür ihres Zimmers.
Sie hatte in der letzten Nacht kein Auge
zugetan.
Nachdem der Fall des Würgers am gestrigen Abend gelöst worden war,
hatte sie jeden ruhelosen Moment damit verbracht, das Undenkbare zu denken,
gegen den Drang angekämpft, das Undenkbare zu tun.
Sie schritt rasch zum Tisch hinüber, der so
hübsch für ihr Frühstück gedeckt worden war, trank von ihrer heißen Schokolade
und starrte auf die weißen Rasenflächen hinaus, die bis hinunter zur Fifth
Avenue reichten. Der Schnee begann langsam zu tauen. Die Allee war matschig
geworden, das Eis schmolz zu Matsch und Wasser und unter den Rädern der
vorüberfahrenden Kutschen und Droschken spritzte der Schmutz in die Höhe. Was
wäre wenn?
Sie hatte so große Angst, dass Harts attraktives Gesicht mit den
sardonischen Augen sie förmlich verfolgte. Andere Bilder folgten, ein
quälendes und spottendes Kaleidoskop: Hart und Daisy, Hart in seinem Büro, Hart
vor ihr auf den Knien, wie er ihr Gesicht in seine Hände nahm.
Sie setzte ihre Tasse ab und schlang die Arme um ihren Körper. Sie
fühlte sich schrecklich zu ihm hingezogen, das vermochte sie nicht mehr zu
leugnen. Vielleicht war sie ja eine Närrin, so wie Hunderte anderer Frauen,
aber sie hatte den größten Teil der vergangenen Nacht damit verbracht, sich an seine Berührungen zu erinnern, und sich
verzweifelt gewünscht, in seinen Armen zu liegen. Hätte sich so gern alles von
der Seele geredet, ihm erzählt, was geschehen war, wie sie diesen Fall gelöst
hatten. Und schließlich waren sie Freunde. Gute Freunde. Selbst wenn sie nicht
allzu viel gemein hatten.
Freundschaft und Leidenschaft waren keine schlechte Basis für
eine Ehe.
Ein Schauer überlief sie. Sie konnte es kaum glauben, dass sie
darüber nachdachte, etwas zu tun, wovon sie sich geschworen hatte, dass es
niemals geschehen würde.
Aber sie liebte diesen Mann nicht.
Der Mann, den sie liebte – den sie immer lieben würde –, gehörte
einer anderen Frau. Und mehr noch, Francesca war sich inzwischen sicher, dass
Leigh Anne Rick Bragg wirklich liebte. Ihre Angst um ihn am gestrigen Tag war
Beweis genug gewesen. Francesca wollte, dass er glücklich war, und sie fragte
sich, ob er nicht mit der Zeit mit Leigh Anne sein Glück finden würde. Er hatte
es wirklich verdient. Es gab keinen Menschen, der es mehr verdient hatte. Je
länger sie darüber nachdachte, desto überzeugter war sie, dass sie ihn
ermutigen sollte, seiner Frau noch einmal eine Chance zu geben.
Aber das war nur möglich, wenn sie sich von
ihm fernhielt. So traurig der Gedanke auch war, sie wusste doch, dass die
Zuneigung, die sie füreinander empfanden, zu groß war und seinen Aussichten auf
eine wirkliche Versöhnung nur schaden würde. Es blieb ihnen lediglich ihre
Freundschaft, aber selbst ihre platonische Beziehung hatte sich bereits
verändert. Schließlich war sie eine Frau und er ein Mann und Leigh Anne hatte ihre
Zweierbeziehung in eine viel kompliziertere Angelegenheit verwandelt.
Wenn sie Hart heiratete, wäre es so viel leichter, eine ungezwungenere
und weniger bedrohliche Freundschaft mit Bragg zu unterhalten.
Ihre Wangen begannen zu glühen. Und jeder Zentimeter ihres Körpers
ebenfalls. Was für ein schrecklicher Heiratsgrund war es doch, sich auf diese
Weise von einer früheren Liebschaft zu lösen.
Aber Connie hatte recht. Hart würde irgendwann einmal heiraten und
Francesca brauchte nicht lange nachzudenken, um zu wissen, dass sie furchtbar
eifersüchtig und außer sich sein würde, wenn er es täte.
War es denn wirklich so schlimm, Harts Ehefrau
zu werden?
Hart war kein Reformist, er scherte sich
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