Brenda Joyce
baumeln. »Nummer fünf liegt am selben Hur wie
Nummer sieben, wo Melinda Neville ermordet wurde. Bennett ist um halb acht nach
Hause gekommen, sah, dass ihre Tür offen stand, hat gerufen und keine Antwort
erhalten. Daraufhin hat er einen Blick hineingeworfen, die verwüstete Wohnung
entdeckt und auch ihre Leiche. Er ist sofort nach draußen gelaufen und hat
einen Streifenpolizisten angehalten.«
Der Name des Opfers lautete also Melinda
Neville. Francesca warf einen prüfenden Blick auf die
schwere Holztür, durch die sie das Haus gerade betreten hatten und die in einem
dunklen Grün gestrichen war. Das Schloss war aus Messing. Wer das Haus betreten
wollte, benötigte einen Schlüssel. Auf der Innenseite des Schlosses befand sich
kein Riegel, was ja auch keinen Sinn gemacht hätte, da zu viele Leute in diesem
Haus wohnten. »Ist diese Tür immer verschlossen?«
»Ja. Aber als Bennett nach Hause kam, war sie es nicht«, sagte
Bragg. »Es dürfte allerdings nicht überraschen, dass der Mörder sie auf der
Flucht nicht mehr hinter sich abgeschlossen hat.«
»Gewiss. Hat Bennett irgendetwas oder irgendjemanden gesehen oder
gehört?«, fragte sie.
»Nein. Aber er ist im Augenblick auch furchtbar durcheinander.
Ich vermute, er hat einen Schock erlitten, als ihm klar wurde, dass Miss
Neville tot ist«, sagte Bragg leise.
Vor ihnen befand sich eine breite Treppe. Das war typisch für
Häuser im georgianischen Stil. Bragg sagte: »Hier unten gibt es drei
Wohnungen, vier im ersten Stockwerk und drei weitere im zweiten.«
Francesca nickte und strebte auf die Treppe zu. Bragg schloss sich
ihr an und Joel sprang auf. »Vielleicht ist unser Mörder ja einer der Mieter
hier«, sagte sie.
»Vielleicht. Aber es gibt immer Möglichkeiten, ein Schloss zu
knacken, wie Sie wissen. Moment mal. Joel?«
»Was ist?«
»Tu mir einen Gefallen, ja? Schau einmal, ob es dir gelingt, diese
Tür von draußen aufzubekommen, nachdem ich sie von drinnen abgeschlossen habe.«
Joels Augen verzogen sich zu Schlitzen. »Ich bin kein Einbrecher«,
erklärte er schließlich.
»Das ist mir durchaus bewusst«, erwiderte
Bragg ein wenig verärgert. Es wurde langsam spät, er hatte einen sehr langen
Tag hinter sich und er und der Junge hatten noch nie einen besonders
freundschaftlichen Umgang miteinander gepflegt.
Joel wandte sich um und marschierte nach
draußen. Bragg verschloss die Tür und sah Francesca an. Ein Augenblick
verstrich, ehe sie hörten, wie etwas in das Schloss geschoben wurde. Francesca
wartete voller Spannung. Joel versuchte einige Minuten lang ohne Erfolg das
Schloss von draußen zu knacken und dann hörten sie, wie er davonlief. Francesca
seufzte und sagte: »Ich glaube nicht, dass er die Sache damit auf sich beruhen
lassen wird.«
»Ich auch nicht«, stimmte Bragg ihr zu und
seine bernsteinfarbenen Augen mit dem goldenen Schimmer ruhten auf ihr. Sie
lächelten einander an. Einen Augenblick später gab das Schloss hinter ihnen ein
klickendes Geräusch von sich und Joel drückte mit einem triumphierenden Grinsen
die Tür auf. »War gar nicht so schwer«, verkündete er stolz.
»Gut gemacht«, lobte Francesca ihn und zauste
sein dichtes Haar.
Joel wich errötend zurück und reichte Bragg ein Schlüsselpaar.
Bragg sah ihn an. »Wo hast du die denn her?«
Joel lachte. »Die hab ich Inspector Newman aus der Hosentasche
stibitzt«, sagte er.
Francesca biss sich auf die Lippe, um ein Lachen zu unterdrücken.
»Sollen wir jetzt nach oben gehen?«
Bragg nickte. Francesca ging voraus. Joel folgte
ihr auf den Fersen. Nummer sieben befand sich am Ende der Treppe direkt zu
ihrer Rechten. Der Flur war von dort aus ungefähr sechs Meter lang. Ein
verblasster blauer Läufer lag auf dem Boden und zwischen den beiden Wohnungen,
die sich jeweils auf einer Seite des Flurs befanden, hing ein Wandleuchter.
Doch die Beleuchtung – obschon elektrisch – war schwach. Nummer vier lag
gegenüber von Nummer sieben. Bennetts Wohnung, Nummer fünf, lag neben Nummer
vier.
Die Tür zu Nummer sieben stand offen. Drinnen waren die Lichter
eingeschaltet. Vor der Tür verharrte ein uniformierter Polizist,
augenscheinlich, um neugierige Zivilisten fernzuhalten, und während er Bragg
zunickte, warf er Francesca einen neugierigen Blick zu. Drinnen kniete ein
weiterer Polizist in Zivil vor einem verschossenen Sofa und suchte offenbar
nach möglichen Spuren.
Francesca schenkte dem Officer ein Lächeln und
betrat einen kleinen Salon, der in ein Atelier
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