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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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setzte er mit einem irgendwie gehässigen Unterton hinzu.
    »Wir haben gesiegt …«
    »Nun, dann war es doch einer. Wenn man dich freilich so beobachtet, möchte man das gar nicht glauben.«
    »Wieso nicht?«
    »Du läufst mit einer Miene herum! Dabei ist dir doch nichts weiter geschehen. Die Schramme am Bein ist bald vergessen.«
    »Es ist nicht deswegen«, sagte Otto leise.
    »Was meinst du damit?«
    Walter schaute ihn aufmerksam an. Aus der Nähe sah er keineswegs aus, als ob er schmunzelte. Eine Narbe, die vom rechten Ohr bis zum Kinn reichte und den einen Mundwinkel in die Breite zerrte, verlieh seinem Gesicht einen eher höhnischen Ausdruck. Dieser Mann, das stand fest, war nicht verrückt!
    Otto erschrak; ihm war plötzlich aufgegangen, daß er drauf und dran gewesen war, sich einem Knecht anzuvertrauen. »Es ist nichts, laß gut sein!« sagte er hochfahrend und machte eine Handbewegung, wie er sie oft bei seinem Vater gesehen hatte, wenn dieser ein Gespräch beendete, das ihm lästig war.
    Walter nickte einige Male, so, als sei er mit dieser Entgegnung zufrieden. Dann erhob er sich mühsam. »Ich muß nun weiterarbeiten, junger Herr«, sagte er steif. »Sei bedankt, daß du mich mit deiner Anwesenheit beehrt hast.«
    Jetzt ist der unverschämte Kerl auch noch beleidigt, dachte Otto empört. Er beschloß, ihn künftig zu meiden. Bald plagte ihn aber wieder die Einsamkeit. Wie zufällig ging er an Walter vorbei, grüßte ihn, doch dieser blickte nicht einmal hoch.
    Ein paar Tage später traf er ihn bei einer neuen Beschäftigung an: Von Häuten, die er von einem Trockengestell nahm und auf eine Holzplatte legte, kratzte er die Haare ab. Otto überwand sich, trat heran und sagte: »Mit dem Bogen bist du also fertig. Jetzt hilfst du bei der Pergamentherstellung. Gefällt dir das besser?«
    »Nein.«
    »Weshalb nicht?«
    »Wozu ist das Zeug schon nütze …«
    »Da befindest du dich im Irrtum«, erwiderte Otto voller Genugtuung, dem anderen mit einer Erklärung dienen zu können. »Wenn der König jemandem beispielsweise ein Stück Land schenkt, wird darüber eine Urkunde ausgestellt. Dann kann es demjenigen nicht mehr ohne weiteres weggenommen werden.«
    Walter reinigte das Messer an der Kante der Platte. Wegwerfend sagte er: »Das ist Unsinn. Hat einer genügend Leute und Waffen, braucht er keine Urkunde. Und wenn er nicht genügend Leute und Waffen hat, hilft sie ihm auch nicht. So einfach ist das.«
    »Keineswegs«, sagte Otto wütend. Er überlegte. Strenggenommen hätte er den Mann längst stehenlassen müssen und niemals wieder das Wort an ihn richten dürfen. Doch was dann? Selbst wenn sich dieser verkrüppelte Knecht zu Launen berechtigt glaubte und offenbar ganz versessen darauf war, mit dem Sohn eines Königs zu streiten – er war hier der einzige, mit dem ein wirkliches Gespräch zustande kam. Und würde es vorerst wohl bleiben. Darum entschloß sich Otto, es noch einmal mit ihm zu versuchen. Er atmete tief durch und fragte: »Warum mußt du das eigentlich machen? Dafür gibt es doch sicherlich Handwerker.«
    Auf Walters Miene malte sich Enttäuschung. »Die gibt es«, entgegnete er in seiner herausfordernd knappen Art. »Sogar zwei.«
    »Und warum tun sie es nicht?«
    »Der eine tut, der andere wurde vom Vogt so verprügelt, daß er vorläufig keinen Finger mehr rühren kann.«
    »Weshalb wurde er verprügelt?«
    »Da mußt du ihn schon selbst fragen«, gab der Mann zurück und beugte sich wieder über seine Arbeit.
    Otto griff nach dem Stock und wollte gehen. In diesem Moment fiel ein Schatten auf die Platte, und eine fremdartige Stimme sagte: »Ich grüße dich, Walter. Junge auch.«
    Otto drehte sich herum. Vor ihm stand das hevellische Mädchen. Er erwiderte ihren Gruß, doch sie blickte zu Walter und fuhr lächelnd fort: »Du bist wieder fleißig wie der Biber. Warum machst du das arme Fell nackt?«
    Walter lächelte ebenfalls. »Ah, Milorada, das ist schön, daß du mich besuchst«, sagte er herzlich. Er legte das Schabemesser weg und machte eine unbestimmte Bewegung, die vermutlich einladend gemeint war. »Nun, dies wird ein Pergament. Der König braucht es, wenn er …«
    Staunend vernahm Otto seine von Walter eben erst verächtlich gemachte Erklärung. Jetzt trug sie dieser vor, als sei er seit jeher vom Sinn und Nutzen einer Urkunde überzeugt gewesen. Sobald Milorada die Stirn krauste, weil sie ein Wort nicht verstanden hatte, erläuterte er es ihr ausführlich. So höflich und beredt

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