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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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es nicht«, preßte er hervor. »Nimm einfach an, sie ist so erzogen, daß sie andere Leute nicht gern von der Arbeit abhält, junger Herr!«
    Otto trat einen Schritt zurück. Mit einer vor Abscheu tonlosen Stimme sagte er: »Du redest so zu mir, weil ich noch jung bin und weil du darauf vertraust, daß ich einen Krüppel nicht schlagen werde. Für die Lehre, die du mir damit erteilt hast, sei bedankt, Sklave!«
    Am nächsten Morgen ging er zeitiger als sonst hinunter. Die Sonne stand noch hinter den Gebäuden, es war kühl, und der Nachttau preßte den Staub an den Boden. Aus der Schmiede ertönte Hämmern. Zwei Männer trieben mit Fußtritten leere Fässer vor sich her, neben dem Brunnen wusch eine Magd Geschirr. Fuhrwerke verließen den Hof, vermutlich, um Brennholz zu holen. Ein Mädchen zog mit einer Schar Gänse auf die Weide.
    Otto setzte sich unter einen Kastanienbaum gegenüber der Backstube. Er sog den Geruch des frischen Brotes ein und schaute dann und wann dorthin, wo Walters Arbeitsplatz war. Der kam bald selber, gefolgt von einem Mann, der das Gestell mit dem vom Kalkbad noch triefenden Häuten trug.
    Otto sah rasch weg. Er suchte etwas, woran sich sein Blick festhalten konnte, fand es schließlich in einer Katze, die eine Maus gefangen hatte und sie nun quälte. Eben hatte sie diese wie ein Knäul nach oben geschleudert, anschließend beleckt und mit den Pfoten hin und her geschoben. Jetzt ließ sie von ihr ab und tat so, als sei ihr das Tier gleichgültig. Die Maus streckte sich und lief dann, während sich ihre Peinigerin scheinbar selbstvergessen putzte, unverzüglich auf einen Abfallhaufen zu. Plötzlich, als sei eine Erinnerung über sie gekommen, stellte die Katze ihre Morgenwäsche ein. Sie duckte sich, machte einen hohen Sprung, landete vor der Maus, beschnüffelte sie und nahm sie sanft in den Fang. Das Spiel begann von neuem, wobei die Katze, obwohl sie gar nicht hinsah, seltsamerweise genau zu wissen schien, wie weit sie ihrem Opfer gestatten durfte, sich von ihr zu entfernen, um es noch mit einem einzigen Satz zu erreichen.
    Otto befiel Unruhe. Erst nach geraumer Zeit wurde ihm bewußt, daß sie nichts mit dem Schicksal der Maus zu tun hatte, sondern damit, daß Walter offenbar den Schuh nicht bei sich hatte.
    Gegen Mittag kam Bukko, sein Diener. Das Essen warte auf ihn, außerdem das warme Bad, das Otto einmal am Tag nahm, um seine Genesung zu beschleunigen. »Bring es her«, befahl Otto.
    »Was?«
    »Das Essen, du Esel«, schrie er. Als er bemerkte, daß Walter zu ihm hinsah, erhob er sich jedoch sofort und ging mit hinein.
    Zwei Tage verstrichen, in denen sich nichts ereignete. Am Morgen des dritten betrat Milorada den Hof, stellte sich zu Walter und wechselte einige Worte mit ihm. Otto staunte. In seiner Erinnerung war sie viel schöner gewesen, nun sah sie eher unscheinbar aus. Es dauerte indes nicht lange, und ihr Anblick zog ihn abermals in den Bann; bald fand er sie noch liebenswerter als zuvor. Als sie sich von Walter verabschiedete, winkte er ihr zu. Milorada antwortete mit einem Nicken und war gleich darauf verschwunden. Erst als sich der Tag bereits neigte, kam sie wieder. Wie absichtslos ging sie an ihm vorbei. Auf ihrem Gesicht lag ein angespannter, zugleich belustigter Ausdruck. Ihr war offenkundig klar, daß sie beobachtet wurde, und sie gab sich keine große Mühe, ihr Vergnügen daran zu verhehlen.
    »Milorada!« rief Otto. Sie stockte, kam dann langsam auf ihn zu und verneigte sich mit gespielter Demut. »Was wünschst du mir, Junge?«
    »Leiste mir doch eine Weile Gesellschaft«, bat er. »Du kommst so selten und gehst immer sofort wieder weg. Was hast du denn bloß ständig zu tun?«
    »Bin bei Leuten«, sagte sie, während sie sich hinkniete und auf die Fersen setzte. »Ich rede ihnen, will eure Sprache lernen.«
    »Aber die kannst du doch schon so gut.«
    »O nein, ich kann nicht gut. Ich spreche wie kleine schwarze Vogel, die nicht springt, sondern spaziert. Wie heißt?«
    »Star. Das ist nicht wahr. Du sprichst viel besser.«
    »Nein, nein. Alle lachen, wann ich sage. Ich merke.«
    »Es gefällt ihnen, wie du redest. Mir übrigens auch.«
    Sie lachte. »Ach, du lügst mich, Junge! Aber ich möchte dich fragen: Warum guckst du immer …« Sie murmelte etwas in ihrer Sprache. »Siehst du schon, ich weiß Wort nicht. Sage ich so, ja?« Sie zog mit Daumen und Zeigefinger ihre Mundwinkel nach unten.
    »Mürrisch? Traurig?«
    »Ah, traurig! Warum guckst du traurig?«
    Er

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