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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Schleifen ihrer Füße zu hören. Dann und wann ein Hüsteln, wenn jemand für das Gelöbnis seine Stimme festigte.
    Während sich die einen betont unterwürfig gaben, um Otto zu helfen, seine Verlegenheit endlich abzustreifen, ließen ihn die weniger Wohlwollenden deutlich spüren, daß es sie angesichts seines mangelnden Selbstbewußtseins Überwindung kostete, ihm den Treueeid zu leisten. An einigen Stellen wurde geflüstert, einmal sogar leise gelacht. Zu aller Verwunderung ließ sich der junge Thronfolger davon jedoch nicht verunsichern. Mit dem Andauern der Zeremonie lockerten sich seine Züge, und bald erschien auf seinem Gesicht ein warmherziger, ungekünstelter Ausdruck von Leutseligkeit. Es war offenkundig, daß ihm die Ehrung weder den Atem verschlug noch langweilte, vielmehr aufrichtiges Vergnügen bereitete. Er genoß sie und verhehlte das nicht.
    Sein Freimut teilte sich den Umstehenden mit und beeinflußte erstaunlich rasch ihr Verhalten. Immer weniger bekundeten durch spöttische Mienen oder Gebärden Distanz, die meisten huldigten freudig oder mit nachdenklichem Respekt. Ein fränkischer Graf bekam die veränderte Stimmung als erster zu spüren. Als er mit ungebührlich schnellen Schritten den Rückweg antrat und dabei seinen Gefährten beifallheischend entgegensah, wichen diese seinem Blick aus und rückten deutlich von ihm ab.
    Nach der Huldigung begaben sich die Versammelten in das Münster, wo sie der Mainzer Erzbischof, die Priesterschaft sowie allerlei Volk erwarteten. Hiltibert, den Hirtenstab in der Rechten, ging ihnen entgegen, berührte Otto an der Hand und trat danach wieder zurück. In der Mitte der Kirche sprach er die vereinbarten Worte: Er stelle hier den von Gott erwählten, durch den früheren Gebieter Heinrich bezeichneten und nun von allen Fürsten zum König gemachten Herrn Otto vor. »Wenn euch diese Wahl gefällt, so bezeugt dies, indem ihr die rechte Hand zum Himmel emporhebt.«
    Sogleich schnellten die Hände nach oben, Heil- und Segenswünsche wurden laut. Nachdem die Menge davon in Kenntnis gesetzt worden war, welche Mächte Ottos Erhebung befürwortet und bewerkstelligt hatten, konnte das eigentlich niemanden überraschen. Schon gar nicht den Erzbischof, dessen Beauftragte gemeinsam mit denen seines Kölner Amtsbruders die Anwesenden ausgesucht und vorbereitet hatten. Dennoch tat Hiltibert jetzt so, als habe der Fortgang der Feierlichkeiten von der Zustimmung der hier Versammelten abgehangen. Mit hochgezogenen Augenbrauen, seine Verwunderung durch winzige Veränderungen der Gesichtszüge kunstvoll steigernd, schaute er langsam in die Runde und zu den Wandelgängen hoch, gab auf diese Weise zu verstehen, daß das Ausmaß des Beifalls selbst einen Mann wie ihn überwältigte.
    Noch bevor der Jubel verklungen war, lud er Otto mit einer scherzhaft-verzweifelten Geste ein, ihm zum Altar zu folgen. Hier lagen die Abzeichen der königlichen Macht bereit – das Schwert mit dem Wehrgehänge, der lange Mantel mit den Spangen, Stab und Zepter sowie das goldene Diadem. Während Otto die Insignien seiner neuen Würde empfing, belehrte ihn der Erzbischof über deren Bedeutung. Mit dem Schwert möge der junge König alle Widersacher Christi, die Heiden und die schlechten Christen, austreiben, zum bleibenden Frieden der wahren Gläubigen. Der Mantel solle ihn daran erinnern, ständig seinen Glaubenseifer zu stärken. Und indem er ihm Zepter und Stab reichte, sagte Hiltibert: »Von diesen Zeichen laß dich mahnen, daß du mit väterlicher Strenge deine Untertanen züchtigst und vor allem den Dienern Gottes, den Witwen und Waisen die Hand der Erbarmung reichst. Möge niemals«, fügte er mit einem Blick auf den etwas abseits stehenden Erzbischof von Köln hinzu, »auf deinem Haupt das Öl der Barmherzigkeit versiegen, auf daß du jetzt und in Zukunft mit ewigem Lohn gekrönt werdest.«
    Damit waren die entscheidenden Worte gefallen, und beide Kirchenfürsten gingen daran, Otto zu krönen und zu salben. Nach der Weihe führten sie ihn auf die Empore, zu jenem Thron, auf dem bereits Kaiser Karl gesessen hatte. Es begann die Messe.
    In der Kirche war mit Otto eine weitere Veränderung vor sich gegangen. Als ihn Hiltibert zum Altar gebeten hatte, war die Heiterkeit auf seinem Gesicht tiefem Ernst gewichen. In sich gekehrt, lauschte er den Ermahnungen des Erzbischofs; einige Male neigte er bestätigend den Kopf. Genauso, wie er vorher sein Behagen nicht verborgen hatte, bekannte er sich nun vor

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