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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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hatten, waren dies, völlig unverhofft, seit heute morgen für ihn nicht mehr. Zwar hatte er sich in den letzten Jahren über alles, was ihn eines Tages betreffen konnte, eine Meinung zu bilden gesucht und daher gewähnt, daß es nichts gab, auf das er nicht vorbereitet war. Doch die Last der Verantwortung – sehnsüchtig erwartet – hatte ein ganz erstaunliches Gewicht, sobald sie nicht nur in den Träumen, sondern wirklich auf den eigenen Schultern ruhte.
    So war es für ihn gestern noch beschlossene Sache gewesen, unmittelbar nach der Krönung gegen die Redarier zu ziehen. Sie hatten vor geraumer Zeit sächsische Gesandte mißhandelt, wofür ihnen der Vater Vergeltung angekündigt hatte. Seine Erkrankung und sein Tod hatten die Redarier bisher vor der verdienten Bestrafung geschützt; jetzt, da er, Otto, auf dem Thron saß, war es seine Pflicht, die Drohung ohne Verzug wahrzumachen. Was aber, so war es ihm durch den Kopf geschossen, wenn er dabei fiel? Dann würde nichts von ihm bleiben als diese lächerliche Urkunde.
    Diese Vorstellung hatte ihn so bestürzt, daß er seit einigen Stunden erwog, zuerst ein weniger riskantes (doch nicht weniger wichtiges) Vermächtnis des Vaters zu erfüllen, nämlich die Gründung eines Nonnenklosters in Quedlinburg. Die betreffs seiner Ausstattung zu fällenden Entscheidungen erforderten größte Sorgfalt, weswegen er ursprünglich vorgehabt hatte, sich ihnen nach Beendigung des Krieges zu widmen. Auch jetzt schwankte er noch, denn die Rüstungen waren schon in vollem Gange. Wie übrigens, wenn der Feldzug nun mißglückte? – eine Möglichkeit, an die er bis vor kurzem kaum einen Gedanken verschwendet hatte. Dies, am Beginn seiner Regierung, konnte den noch ungefestigten Glauben an ihn aufs schwerste erschüttern. Er hatte deshalb beschlossen, die Führung des Heeres nicht selbst zu übernehmen, sondern jemanden damit zu beauftragen. Erlitt derjenige eine Niederlage, dann aufgrund seiner Unfähigkeit, siegte er, so nicht zuletzt dank der heilspendenden Anwesenheit des Königs. Doch wen sollte er damit betrauen? Einen der Mächtigen? Der würde nicht zögern, diese Taktik zu durchkreuzen und im Falle eines Mißerfolges durchblicken zu lassen, daß die Einmischungen des unerfahrenen jungen Königs schuld daran waren. Oder einen, der so wenig Einfluß besaß, daß er es sich nicht leisten durfte, die Gunst des Königs zu verscherzen? Das war verlockend, würde aber die Großen verärgern. Und mit denen würde er noch früh genug zusammengeraten … Dies alles war es, was in den nächsten Tagen entschieden werden mußte. Doch obwohl er unablässig grübelte, war er seit der Krönung mit seinen Überlegungen noch keinen Schritt vorangekommen, ganz so, als sei dem Salböl eine lähmende Essenz beigemengt gewesen.
    Abermals begegneten ihm die glänzenden Augen, abermals wollte er sich von ihnen losreißen. Doch da nahm ihn die kühle Neugier, die von ihnen ausging, gefangen. Nicht ›Was bringst du mir?‹ übersetzte er sich diesen Blick, sondern: ›Wirst du es schaffen?‹ Jetzt erkannte er den Mann auch: Ein kleiner Graf aus dem Nordthüringgau, der ihm vor einer Ewigkeit einmal einen Dienst geleistet hatte und sich vermutlich bis zum Ende seines Lebens darauf etwas einbilden würde. Er war keiner von denen, die am Hof etwas galten, sondern hinsichtlich Besitz und Herkunft so unbedeutend, wie er aussah. Wie kam ausgerechnet so einer dazu, ihn derart dreist und unbeteiligt anzustarren?
    Er sann nach, wie der Mann hieß, aber es fiel ihm nicht ein. Das ist unverzeihlich, schalt er sich halb ernst, halb belustigt, dem Vater wäre das nicht passiert. Merke dir stets den Namen eines Mannes, mit dem du einmal zu tun hattest, pflegte der zu sagen, auch und besonders dann, wenn eure Begegnung nur kurz gewesen war. Denn es gibt für einen König kein billigeres Mittel, Freunde zu gewinnen, als jemanden glauben zu machen, daß er sich deinem Gedächtnis unauslöschlich eingeprägt hat. Hinter Schmeicheleien und Vergünstigungen argwöhnt man leicht eigennützige Absichten; sprichst du jedoch jemanden, der darauf nicht gefaßt ist, mit dem Namen an, wird er meinen, er habe dich beeindruckt. Er wird dir dafür um so dankbarer sein, als er es nicht sein muß, sondern die Ursache bei sich suchen darf. Auf diese Weise erwirbst du dir Anhänger, die dich weder eine Hufe Land noch ein Pfund Silber kosten.

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    A RABISCHE K AUFLEUTE , DIE sich bis hoch in den Norden vorgewagt hatten, hatten

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