Brennen Muss Salem
Rogers war übrigens auch nicht dort.«
»Sonst noch etwas?«
»Nun ja ... heute waren die Crocketts nicht in der Sonntagsmesse, und Mrs. Crockett versäumt die Messe eigentlich nie.«
»Noch etwas?«
»Die arme Mrs. Glick natürlich –«
Matt stützte sich auf einen Ellbogen. »Mrs. Glick? Was ist mir ihr los?«
»Sie ist tot.«
»Woran starb sie?«
»Pauline Dickens meint, es sei ein Herzanfall gewesen«, sagte Callahan zögernd.
»Ist heute noch jemand in Salem's Lot gestorben?« Normalerweise wäre dies eine törichte Frage gewesen, denn in einer kleinen Stadt wie Salem's Lot waren Todesfälle trotz der beachtlichen Zahl von älteren Leuten in der Bevölkerung nicht gar so häufig.
»Nein«, erwiderte Callahan langsam. »Aber in letzter Zeit war die Sterblichkeitsrate ungewöhnlich hoch, nicht? Mike Ryerson ... Floyd Tibbits ... das McDougall-Baby ...«
Matt nickte. Er sah müde aus. »Äußerst ungewöhnlich«, sagte er. »Ja, aber der Lauf der Dinge erreicht langsam jenen Punkt, an dem alles ans Tageslicht kommen wird. Wenige Nächte noch, und ich fürchte ... ich fürchte ...«
»Reden wir doch nicht länger um den Brei herum«, sagte Callahan.
»In Ordnung. Das ist ohnedies schon allzu lange geschehen, oder etwa nicht?«
Matt begann nun seine Geschichte zu erzählen und fügte Bens, Susans und Jimmys Beobachtungen hinzu. Als Matt geendet hatte, war der Schrecken dieses Abends für Ben und Jimmy vorüber. Susan Nortons Schrecken hatte soeben erst begonnen.
Als er geendet hatte, schwieg Matt einen Augenblick lang.
Dann sagte er: »Das wäre es also. Bin ich verrückt?«
»Die Leute werden Sie vermutlich für verrückt halten, obwohl Sie Mr. Mears und Ihren eigenen Arzt überzeugt haben. Nein, ich halte Sie nicht für verrückt. Schließlich gehört es zu meinem Beruf, mich mit dem Übernatürlichen zu beschäftigen. Es ist sozusagen ... mein tägliches Brot.«
»Aber -«
»Lassen Sie mich eine Geschichte erzählen. Ich verbürge mich nicht für ihre Richtigkeit, aber ich verbürge mich dafür, daß ich sie für wahr halte. Sie betrifft einen guten Freund, Pater Bissonette, der eine Zeitlang an der sogenannten Zinnküste in Cornwall Pfarrer war. Vor etwa fünf Jahren schrieb er mir, daß er in einen abgelegenen Winkel seiner Pfarrgemeinde gerufen worden sei, um für ein junges Mädchen, das dahingegangen war, die Totenmesse zu lesen. Der Sarg des Mädchens war mit wilden Rosen angefüllt, was Ray doch eher ungewöhnlich vorkam.
Ganz absurd aber fand er, daß man in den Mund des jungen Mädchens Knoblauch und wilden Thymian gestopft hatte.«
»Aber das ist doch ...«
»Der traditionelle Schutz gegen das Wiederauferstehen der Untoten, richtig. Als Ray sich erkundigte, sagte ihm der Vater des Mädchens ganz sachlich, daß das Mädchen von einem Inkubus getötet worden sei. Wissen Sie, was ein Inkubus ist?«
»Ein sexueller Vampir.«
»Das junge Mädchen war mit einem Mann namens Bannock verlobt, der ein großes rotes Muttermal am Hals hatte. Zwei Wochen vor der geplanten Hochzeit wurde er auf dem Wege zur Arbeit von einem Auto überfahren. Zwei Jahre später verlobte sich das Mädchen mit einem ändern jungen Mann. Kurz vor der Hochzeit löste sie ganz plötzlich diese Verlobung. Sie sagte ihren Eltern und Freunden, daß John Bannock sie in der Nacht aufgesucht habe; und daß sie ihren Bräutigam mit John betrogen habe. Ray zufolge war der Bräutigam mehr wegen des Geisteszustandes seiner Braut besorgt als wegen des nächtlichen Besuchs eines Dämons. Dessenungeachtet siechte das Mädchen dahin, starb und wurde kirchlich begraben.
Das allein aber war nicht der Anlaß für Rays Brief, vielmehr ein Ereignis, das sich drei Monate nach dem Tod des Mädchens zutrug. Während eines morgendlichen Spaziergangs sah Ray einen jungen Mann mit einem roten Muttermal am Hals bei dem Grab des Mädchens stehen. Da Ray zufällig eine Polaroidkamera bei sich hatte, machte er einige Aufnahmen von dem jungen Mann. Als er diese Bilder im Dorf herumzeigte, lösten sie die erstaunlichsten Reaktionen aus. Eine alte Frau fiel in Ohnmacht, die Mutter des toten Mädchens begann laut zu beten.
Als Ray am nächsten Morgen aufstand, war die Gestalt des jungen Mannes jedoch zur Gänze aus den Bildern verschwunden; alles, was blieb, waren Ansichten des leeren Friedhofes.«
»Und das glauben Sie?«
»O ja. Und ich vermute, die meisten Leute würden es glauben. Der Mann von der Straße steht dem Übernatürlichen nicht
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