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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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scharfen Zähne zeichneten sich gegen den blassen Gaumen ab. »Es ist wirklich hübsch. Laß mich ein, und ich will es dir zeigen. Ich werde dich küssen, Mark. Ich werde dich überall küssen, wie es deine Mutter nie getan hat.«
    »Geh weg«, wiederholte er.
    »Einer von uns bekommt dich früher oder später«, sagte sie.
    »Es gibt jetzt viele von uns. Laß es mich sein, Mark. Ich bin ... ich bin hungrig.« Sie versuchte ein Lächeln, doch es wurde eine Grimasse daraus, die seine Knochen frieren ließ.
    Er hielt das Kreuz in die Höhe und preßte es ans Fenster.
    Sie zischte, als habe man sie versengt, und ließ den Fensterrahmen los. Einen Augenblick lang hing sie in der Luft, während ihr Körper sich aufzulösen schien. Dann war sie fort. Aber nicht, bevor er den Ausdruck verzweifelten Unglücks auf ihrem Gesicht sehen konnte (oder zu sehen glaubte).
    Die Nacht war wieder still.
    Es gibt jetzt viele von uns.
    Marks Gedanken wanderten zu den Eltern, die, keinerlei Gefahr ahnend, einen Stock tiefer schliefen. Furcht krampfte seine Eingeweide zusammen.
    Etliche Leute wissen oder vermuten es, hatte sie gesagt.
    Wer?
    Der Schriftsteller natürlich. Ihr Freund. Mears hieß er. Er wohnte in Evas Pension. Schriftsteller wußten eine Menge. Er mußte etwas wissen. Und Mark mußte Mears erwischen, bevor Susan ihn erwischte –
    Auf dem Weg zu seinem Bett blieb Mark stehen.
    Wenn sie ihn nicht schon erwischt hatte!

13
    Pater Callahan

    An jenem Sonntag abend betrat Pater Callahan zögernd Matt Burkes Krankenzimmer. Matts Uhr zeigte ein Viertel vor neunzehn Uhr. Das Bett und der kleine Nachttisch Burkes waren mit Büchern übersät. Matt hatte Loretta Starcher zu Hause angerufen und sie nicht nur überredet, an einem Sonntag die Leihbibliothek aufzuschließen, sondern auch, ihm die Bücher persönlich zu bringen. Sie kam an der Spitze einer Prozession, die aus drei schwer beladenen Spitalsgehilfen bestand. Als Matt sich weigerte, eine Erklärung für seine seltsame Bücherauswahl abzugeben, zog Loretta gekränkt wieder ab.
    Pater Callahan sah den Schullehrer neugierig an. Matt sah mitgenommen aus, aber nicht so erschöpft und elend, wie die meisten seiner Pfarrkinder, die er unter ähnlichen Umständen besucht hatte. Callahan hatte festgestellt, daß die erste Reaktion auf die Nachricht von Krebs, Herzinfarkt oder Versagen eines ändern wichtigen Organs zumeist das Gefühl ist, man sei verraten und verkauft worden. Der Patient ist fassungslos, daß ein so enger Freund wie der eigene Körper ihn so schnöde im Stich lassen konnte. Als zweite Reaktion folgt sodann die Überlegung, daß ein Freund, der so jämmerlich versagt hat, überhaupt nichts wert sei. Und der letzte Gedanke dieser Kette ist die schreckliche Möglichkeit, daß der eigene Körper vielleicht gar kein Freund war, sondern ein Feind, der einzig und allein bestrebt ist, die überlegene Kraft, die ihn braucht und mißbraucht, eines Tages zu zerstören. Das Resultat dieser Krankenbettlogik bewirkt beim Patienten zumeist eine akute Depression. Zu den Symptomen gehören matte Blicke, tiefe Seufzer, langsame Bewegungen und manchmal auch Tränen beim Anblick des Priesters.
    Matt Burke zeigte keines dieser Symptome. Er streckte die Hand zum Gruß aus, und Pater Callahan fand den Händedruck erstaunlich kräftig.
    »Pater Callahan, wie schön, daß Sie gekommen sind.«
    »Es ist mir eine Freude. Gute Lehrer sind Perlen von ungeahntem Wert.«
    »Auch alte Agnostiker wie ich?«
    »Diese ganz besonders«, erwiderte Pater Callahan. »Vielleicht habe ich Sie sogar in einem schwachen Augenblick angetroffen. Wie ich höre, gibt es erstaunlich wenig Atheisten in der Intensivstation.«
    »Mich hat man jedoch schon entlassen.«
    »Keine Sorge«, sagte Callahan, »eines Tages werden auch Sie ganz folgsam ein Vaterunser beten.«
    »Das«, sagte Matt, »ist gar nicht so weit hergeholt, wie Sie meinen.«
    Pater Callahan zog einen Stuhl ans Bett, und ein Stoß von Büchern rutschte in seinen Schoß. Während er sie zurücklegte, las er die Titel.
    »›Dracula.‹, ›Draculas Gast.‹, ›Die Suche nach Dracula.‹, ›Die Naturgeschichte der Vampire.‹, ›Kürten, das Monster von Düsseldorf.‹« O du meine Güte; ist das die Pflichtlektüre für Patienten nach einer Herzattacke?«
    Matt lächelte.
    »Der Fall Kürten ist übrigens recht interessant«, sagte Callahan, »auf eine abstoßende Art allerdings.«
    »Kennen Sie seine Geschichte?«
    »Ja, als Student interessierte

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