Brennen Muss Salem
»Nichts als eine Stadt im Hügelland von Vermont. 1920 hatte die Volkszählung ergeben, daß nur 320 Menschen dort wohnten. Im August 1923
machte sich eine Frau in New York Sorgen, weil sie schon seit Monaten nichts von ihrer Schwester gehört hatte. Sie fuhr mit ihrem Mann nach Momson; sie waren die ersten, die dann die Geschichte in die Zeitungen brachten, obwohl ich überzeugt bin, daß die Bewohner der Umgebung bereits seit längerem von den verschwundenen Leuten wußten. Die Schwester der Frau war fort und desgleichen alle ändern Einwohner der Stadt.
Häuser und Höfe waren intakt, in einem Haus stand das Abendbrot auf dem Tisch. Die Geschichte erregte damals be-trächtliches Aufsehen. Ich glaube nicht, daß ich dort unbedingt hätte über Nacht bleiben wollen. Der Autor meines Buches behauptet, daß die Bewohner der benachbarten Orte seltsame Geschichten erzählten ... über alle möglichen Arten von Kobolden und Phantomen. Einige der weiter draußen liegenden Anwesen hatten Drudensterne und große Kreuze auf die Türen gemalt, und das blieb so bis heute. Schau, da ist eine Fotografie von der Kolonialwarenhandlung, der Tankstelle und dem Lebensmittelladen - was in Momson so als City galt. Was, glaubst du, hat sich hier abgespielt?«
Herbert oder Harold blickte höflich auf das Foto. Nichts als eine kleine Stadt mit wenigen Geschäften und etlichen Häusern.
Einige Dächer waren eingesunken, wahrscheinlich infolge der Last des Winterschnees. Es hätte jede beliebige amerikanische Kleinstadt sein können. Wenn man durch eine von ihnen fuhr, so würde man nicht feststellen können, ob irgend jemand nach zwanzig Uhr noch munter war, wenn man den Gehsteig entlang streifte. Der alte Mann war offenbar schon senil geworden. Herbert oder Harold dachte an seine alte Tante, die in den letzten drei Lebensjahren davon überzeugt gewesen war, daß ihre Tochter den Wellensittich getötet und ihn ihr zum Essen vorgesetzt habe. Alte Leute werden eben mitunter komisch.
»Sehr interessant«, sagte Herbert-Harold. »Aber ich glaube nicht... Mr. Burke? Mr. Burke, was ist los? Sind Sie ... Schwester! Schwester!«
Matts Augen waren starr geworden. Mit einer Hand griff er nach der Bettdecke, die andere preßte er an die Brust. Sein Gesicht war sehr blaß geworden.
Zu bald, dachte er. Nein, zu bald -
Der Schmerz überfiel ihn in Wellen, trieb ihn hinab in die Dunkelheit.
Herbert oder Harold lief aus dem Zimmer. Auf dem Gang traf er die herbeieilende Schwester.
»Er ist Mr. Burke«, sagte Herbert oder Harold. Er hielt immer noch das Buch mit dem Bild von Momson in der Hand.
Die Schwester nickte und betrat das Krankenzimmer.
Matts Kopf hing halb aus dem Bett; seine Augen waren geschlossen.
»Ist er -?« fragte Herbert oder Harold scheu. Es war eine eindeutige Frage.
»Ja, ich glaube«, sagte die Schwester und drückte gleichzeitig auf einen Knopf. »Sie müssen jetzt gehen.«
Jetzt, da alles klar war, war sie wieder beruhigt, und es tat ihr leid, daß sie den Lunch nur zur Hälfte hatte essen können.
»In Salem's Lot gibt es aber keine Billardzimmer«, sagte Mark.
»Das nächste ist drüben in Gates Fall. Meinst du, daß er dort ist?«
»Nein«, erwiderte Jimmy. »Ganz gewiß nicht. Aber es gibt Leute, die zu Hause einen Billardtisch haben.«
»Ja, das weiß ich.«
»Und da ist noch etwas«, sagte Jimmy. »Ich bin schon ganz nahe.«
Er lehnte sich zurück, schloß die Augen und bedeckte sie mit den Händen. Da war etwas anderes, und irgendwie war es mit Plastik verbunden. Warum Plastik? Es gab Plastik-Spielsachen, Plastikteller, Plastikhüllen, um ein Boot zuzudecken, wenn es Winter wurde -
Und plötzlich stieg das Bild eines Billardtisches vor ihm auf, der mit einer großen Plastikhülle bedeckt war, und eine Stimme sagte: Eigentlich sollte ich ihn verkaufen, bevor der Filz schimmelt – Ed Craig sagt, er könnte schimmelig werden –, aber der Tisch hat Ralph gehört...
Jimmy öffnete die Augen. »Ich weiß, wo er ist«, sagte er. »Ich weiß, wo Barlow ist. Er ist im Keller von Eva Millers Pension.«
Und das stimmte auch; Jimmy wußte mit absoluter Sicherheit, daß dem so war.
Marks Augen leuchteten auf. »Gehen wir hin.«
»Warte.«
Jimmy ging zum Telefon, fand Evas Nummer und wählte rasch. Keine Antwort. Er ließ es klingeln und klingeln. Angsterfüllt legte er den Hörer zurück. Bei Eva wohnten mindestens zehn Leute, die meisten von ihnen waren ältere Männer.
Es war immer jemand im Haus gewesen.
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