Brennende Herzen, brennende Kuesse
Liebe geschenkt hatte und er nicht in der Lage oder willens gewesen war, sie anzunehmen.
Zu allem Überfluss hatte sie sich auch noch auf ein Gespräch über ihre gemeinsame Vergangenheit eingelassen! Dabei hatte sie sich doch so fest vorgenommen, das nicht zu tun. Jetzt dachte er bestimmt, dass sie ständig an ihn denken musste, was ihren ganzen Plan zunichtemachte, ihm gegenüber kühl und desinteressiert zu wirken.
Wie schaffte er es nur immer, ihr Dinge zu entlocken, die sie unbedingt für sich behalten wollte? Er hätte Polizist werden sollen und nicht sein Zwillingsbruder!
Früher einmal hatte sie ihm alles anvertraut – dass sie sich von ihren Eltern schulisch unter Druck gesetzt gefühlt hatte, oder dass die Mädchen aus ihrer Klasse sie wegen ihrer guten Leistungen ausgrenzten.
Taft und sie kannten sich eigentlich schon seit der Grundschule, doch da hatte sie ihn nur gelegentlich beim Mittagessen gesehen – einen großen sportlichen Jungen, der einen eineiigen Zwillingsbruder hatte und immer lächelte. Er war zwei Jahrgänge über ihr gewesen und hatte daher einen ganz anderen Freundeskreis gehabt.
Ihre erste deutliche Erinnerung an ihn stammte aus der siebten Klasse. Er war damals in der neunten gewesen – ein beliebter Junge, der immer alle zum Lachen brachte. Sie hingegen war still und schüchtern und fühlte sich mit einem guten Buch wohler als mit ihren Klassenkameradinnen, die in den Pausen am Spind standen und sich kichernd über die älteren Jungs unterhielten.
Sie und Taft hatten beide Spanisch als Wahlpflichtfach und wurden aus unerfindlichen Gründen nebeneinandergesetzt. Normalerweise gaben sich Jungs in seinem Alter, noch dazu Sportskanonen, nicht mit jüngeren Mädchen ab, schon gar nicht mit schlaksigen unsicheren Bücherwürmern. Aber irgendwie freundeten sie sich über den Partizipien der Vergangenheit und dem Konjugieren von Verben an.
Laura gefiel sein Sinn für Humor, und er bewunderte ihr Sprachtalent. Von da an lernten sie für jeden Test zusammen, oft vor der Schule, da Taft nachmittags meistens Sport hatte.
Sie wusste noch genau, wann sie gemerkt hatte, dass sie sich in ihn verliebt hatte. Es geschah eines Morgens, als sie in der Bibliothek auf ihn wartete. Da sie in der Stadt wohnte und die Schule zu Fuß erreichen konnte, war sie oft vor ihm da. Er und sein Zwillingsbruder fuhren meistens mit ihrem älteren Bruder Ridge mit, der damals in der Abschlussklasse war und einen coolen Pick-up mit großen Reifen fuhr.
Während sie auf Taft wartete und dabei ein erst in zwei Wochen fälliges Geschichtsreferat überarbeitete, tauchte Ronnie Lowery auf. Ronnie war aus ihrem Jahrgang und als Mobber berüchtigt. Auf Laura hatte er es besonders abgesehen.
Sie hatte keine Ahnung, wieso, vermutete jedoch, dass es damit zusammenhing, dass Ronnies alleinerziehende Mutter als Zimmermädchen im Hotel arbeitete. Sie war kein sehr gutes Zimmermädchen und kam öfter nicht zur Arbeit, wenn sie betrunken war. Laura hatte mitbekommen, dass ihre Mom sie feuern wollte, doch ihr Dad war dagegen.
„Sie hat ein Kind zu Hause und braucht den Job“, sagte er immer, was Laura auch nicht anders von ihm erwartete. Ihr Dad hatte immer viel Verständnis für Menschen, denen es nicht gut ging.
Laura vermutete, dass Ronnies Mutter sich zu Hause über ihren Job beklagte, und dass das der Grund für Ronnies Abneigung gegen sie war. Er schubste sie gelegentlich auf der Treppe und lauerte ihr einmal sogar auf der Mädchentoilette auf, wo er versuchte, sie zu küssen und ihre kaum vorhandenen Brüste zu berühren, bis sie ihm ihr schweres Algebra-Buch auf den Kopf schlug und ihm befahl, sofort seine dreckigen Hände von ihr zu lassen.
Normalerweise ging sie ihm konsequent aus dem Weg, aber an jenem speziellen Morgen war sie die Einzige in der Schulbücherei. Sogar Mrs Pitt, die nette Bibliothekarin, war zu ihrer Bestürzung verschwunden.
Ronnie setzte sich neben sie. „Hey, Laura, du Schlampe“, sagte er.
„Halt den Mund“, antwortete sie so würdevoll wie möglich.
„Wer soll mir denn den Mund verbieten?“, fragte er und sah sich übertrieben sorgfältig um. „Ich sehe hier niemanden.“
„Lass mich in Ruhe, Ronnie. Ich versuche zu lernen.“
„Ach ja. Ist das dein Geschichtsreferat? Du hast das gleiche Thema wie ich. Ich habe mit meinem noch nicht angefangen. Gut so, denn jetzt brauche ich es auch nicht.“
Er nahm ihr die Arbeit weg, an der sie in den letzten zwei Wochen jeden Abend
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