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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Ding.
    Dafür war ich ausgebildet.
    Dafür hatte ich die Waffen. An diesem Gerät war ich jahrelang ausgebildet worden. Deshalb war ich in diesem Land, in diesem beschissenen Krieg.
    Stattdessen stand ich hier in diesem verdammten Tal rum.
    Vor den Höhlen flogen die Amis immer mehr Gerät ein. Aber nicht unseres. Nicht meines.
    Ich machte Meldung. Bei dem ranghöchsten deutschen Soldaten, einem Major, der dort rumlief.
    Schaun mer mal, sagte der.
    Was ist das für eine Haltung?
    Ich machte Meldung bei dem amerikanischen Truppführer.
    Der schrie mich an, ich solle wieder zu meinem Trupp zurück. Aber immerhin, das sah ich, telefonierte er.
    Die Hubschrauber flogen drei Humvee ein. Die schwebten schön in der Luft.
    Die könnten auch sofort meine Luchse holen, dachte ich.
    Dann großes Getue bei den Amerikanern.
    Ein General persönlich.
    Landete in einem eigenen Helikopter.
    General John Gordon, der die Ausräucherung hier oben befehligte, hieß es. Ein Typ, der wie ein italienischer Gigolo aussah.
    Ich war kurz vorm Durchdrehen.
    Irgendwie stolperte ich durch die Reihen auf den General zu, der da mit seinen Offizieren stand. Action Jackson.
    Sir, brülle ich, stehe stramm, grüße und mache Meldung. Das ist der deutsche Job, mein Job, sage ich und so weiter.
    Der General guckt mich von oben bis unten an und fragt mich, wie ich heiße und so weiter. Ein Adjutant schreibt alles auf.
    Ihr Einsatz kommt heute, sagt er und klopft mir auf die Schulter. Und geht weiter.
    Und sein Tross hinterher.
    Ich bleibe stehen. Ziel erreicht.
    Ich war verdammt stolz auf mich.
    Man muss es den Amis manchmal einfach zeigen, dachte ich.
    Dann ging es los. Man sah ja nicht viel. Nur die Aufregung der Offiziere.
    Irgendwann steht der Adjutant des General vor mir.
    Ready. Germans to the front, sagt er.
    Winkt mir. Ich hinterher.
    Geht es los?
    Sie stellen einen Trupp zusammen.
    Wir müssen in die Höhlen.
    Und dann ...
    Es war alles längst vorbei.
    Ich habe zwei Tage Leichen eingesammelt.
    Die Dorfbevölkerung war in die Höhlen geflohen.
    Ich trug verkohlte Frauen heraus. Verkohlte Kinder. Verkohlte alte Männer. Die verkohlten Ziegen ließen wir drin.
    Der Geruch: rauchig, metallen, süß. Verbranntes Menschenfleisch.
    Stundenlang.
    Tagelang.
    Jeder von uns musste kotzen.
    Keiner konnte essen, kaum trinken.
    Die Nächte danach waren schrecklich.
    Seither krieg ich den Geruch nicht mehr aus der Nase.
    Ich bin verrückt danach.
    Als ich zurück war, in der Klinik in Hamburg, besuchte mich eine Frau mit Fliege. So eine Karrieretussi, die ich schon einmal auf einem dieser Seminare gesehen hatte, bei dem ich die Bedienung der Waffe gelernt hatte.
    »Wir geben Ihnen ein System, das wir in einen Mercedes-Kastenwagen eingebaut haben«, sagte sie. »Sie werden Anweisungen von uns bekommen. Und zwar nur von uns. Schreiben Sie nach jedem Einsatz die Daten auf die externe Festplatte. Wir brauchen die Daten sofort, wenn Sie das System eingesetzt haben.«
    Sie gab mir die Hand.
    »Kommen Sie, draußen steht Ihr Wagen. Jetzt beweisen Sie Ihr Können.«

[ Menü ]
    Zweitausend Höhlen
    Nach dem Frühstück mit Olga ging er in einen Buchladen und kaufte sich topographische Karten der Gegend um Bad Urach und einen Führer der Schwäbischen Alb und studierte sie. Ihn interessierten vor allem die Höhlen.
    Über zweitausend Höhlen gab es in der Alb, aber die Zahl um Bad Urach war überschaubar. Dengler brachte sie in eine Reihenfolge, markierte sie auf der Karte, und dann brach er auf.
    Als er im Wagen saß, war er sich plötzlich sicher, dass in einer dieser Höhlen Singers Versteck war. Während er die neue Weinsteige hinauffuhr, an Degerloch vorbei und dann auf die Schnellstraße in Richtung Reutlingen, beobachtete er den Verkehr hinter sich.
    Beschattete ihn das BKA?
    Mehrmals gab er unerwartet Gas oder ließ sich langsam zurückfallen, aber es fiel ihm kein Wagen auf, der das Manöver mitmachte.
    Aber wenn sie mit mehreren Autos an mir dranhängen, merke ich es nicht, dachte er.
    In Bad Urach bog er, wie in der Nacht zuvor, links ab und fuhr den Berg hinauf. Auf dem Parkplatz für die Besucher der Falkensteiner Höhle stellte er den Wagen ab. Es war die Höhle, die an erster Stelle auf seiner Liste stand. Sie war nahe dem Punkt, an dem er Singer verloren hatte.
    Er staunte über das riesige Eingangsportal der Falkensteiner Höhle. Dengler hatte nicht damit gerechnet, dass es sich um eine so große Höhle handeln würde. Ein Bach floss aus ihr heraus.

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