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Brennende Kälte

Brennende Kälte

Titel: Brennende Kälte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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setzte sich der Kastenwagen in Bewegung.
    Erst da dachte Singer: Warum schießt der nicht?
    Und als er die erste Kurve genommen hatte und außer Gefahr war, fuhr ihm durch den Kopf: Warum ruft der mich beim Vornamen?

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    Abgehängt
    Warum hatte er nicht noch einmal geschossen?
    Dengler wusste es nicht.
    Er sah den aufheulenden dunklen Kastenwagen schaukelnd und mit großer Beschleunigung unter der Linde hervorrasen und auf der Straße Richtung Stuttgart verschwinden.
    Er rannte zurück. Vor der Tür stand Sarah Singer. Sie hatte ihre Arme um den Bauch gelegt. Die Hand, in der sie die Zigarette hielt, zitterte.
    »Sie sind außer Gefahr. Rufen Sie einen Arzt!«, rief er ihr zu. Dann saß er im A6 und gab Gas.
    Er musste sich beeilen. Wenn er Singer nicht noch hier in Calw erreichte, würde er ihn nie erwischen. In Calw gabelten sich die Straßen, und es gab zu viele Abzweigungen. Dengler drückte das Gaspedal bis zum Anschlag auf den Boden. Der A6 schoss nach vorne.
    Zweimal musste er auf der abfallenden Straße waghalsige Überholmanöver durchführen. Ein Lkw, den er knapp vor einem entgegenkommenden Pkw überholte, gab ihm Hoffnung, dass dieser Singer länger aufgehalten hatte als ihn.
    Auf der Durchfahrtsstraße, die direkt an der Nagold vorbeiführt, sah er den Wagen. Er hoffte jedenfalls, dass er es war. Ein dunkler Kastenwagen, der zügig Calw durchquerte, aber offensichtlich sorgsam darauf achtete, die Geschwindigkeitsvorschriften nicht zu verletzen. Dengler vermied ab sofort auffällige Überholmanöver, die Singer im Rückspiegel auffallen mussten. Doch langsam schob er sich an den Wagen heran, und als er das Münchner Nummernschild erkannte, wusste er, dass es Singer war, den er verfolgte.
    An einer Kreuzung ließ er sich zwei Wagen zurückfallen, er ließ Singers Kastenwagen nicht mehr aus den Augen.
    * * *
    Hinter Calw bog Singer auf die L296, die schwäbische Dichterstraße, in Richtung Herrenberg. Dengler hoffte, dass Singer nicht damit rechnete, dass er so schnell die Verfolgung hatte aufnehmen können. Er wird sich vermutlich in sein Versteck zurückziehen wollen, dachte Dengler, aber ihm war klar, dass er trotzdem damit rechnen musste, dass Singer sicherheitshalber einige Manöver durchführen würde, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Er war hellwach.
    Über das Handy rief er Sarah Singer an. Sie meldete sich mit tonloser Stimme. Nachbarn seien da, sagte sie. Sie hätten auch die Polizei und den Krankenwagen alarmiert.
    »Wenn er es war, will ich ihn nie wieder sehen«, sagte sie.
    »Nie wieder.«
    Aber ich, dachte Dengler, ich will ihn wiedersehen. Ich will wissen, warum er versucht hat, mich am Windgfällweiher umzubringen.
    Er war jetzt völlig ruhig.
    Er rief Hauptkommissar Weber auf dem Stuttgarter Polizeipräsidium an. Es meldete sich nur der Anrufbeantworter. Er probierte es auf dem Handy. Die Mailbox meldete sich.
    »Hier spricht Georg Dengler«, sagte er. »Meine Klientin Sarah Singer und ich wurden eben Zielscheibe eines Angriffs, der sehr an die Morde unter dem Marktplatz erinnert. Ich folge dem Täter. Er sitzt in einem dunklen Mercedes Sprinter mit der Nummer M-HL 324 und fährt auf der Landstraße von Calw aus in Richtung Autobahn Stuttgart-Singen. Ich bleibe dran. Ich habe zweimal auf das Kfz geschossen, den Fahrer aber nicht getroffen, auch nicht verletzt. Infolge der Schüsse alarmierten Nachbarn die örtliche Polizei und den Rettungsdienst. Ihre Kollegen sind jetzt wahrscheinlich bei meiner Klientin.«
    Hinter Herrenberg überquerte Singer die Autobahn und fuhr in Richtung Tübingen. Er durchquerte die Stadt. Als er am Ortsausgang die Schnellstraße nach Reutlingen nahm, fing es an zu regnen. Erst nur wenig, aber dann schüttetees, und Dengler musste das schnellste Intervall des Scheibenwischers einstellen. Trotzdem konnte er Singer immer noch ohne Probleme folgen. Der rege Verkehr auf der Straße schützte ihn. In Reutlingen nahm Singer die Straße nach Metzingen. Der Regen fiel nun in dichten Schnüren. Singer würde ihn in der Kette der vielen Lichter nicht bemerken. In Metzingen bog Singer nach rechts auf die B28 in Richtung Bad Urach.
    Dengler wunderte sich, dass Weber ihn nicht zurückrief.
    In Bad Urach bog Singer in zügigem Tempo nach links auf die Landstraße 211 ab. Dengler blieb hinter ihm. Grabenstetten und die Falkensteiner Höhle wurden von einem Straßenschild angekündigt. Es regnete noch immer stark.
    Plötzlich änderte sich die Überwachungssituation.

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