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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gehört, was ich sagte? Unser Eisblick wird Vater.«
    Erst jetzt wandte Lodrik ihm den Blick zu, fuhr sich mit der
    Rechten durch die halblangen blonden Haare und zwang sie
    nach hinten. »Vater, ja?« Die dürren Finger in den schwarzen Handschuhen glichen schmalen Krallen.
    »Hätte ich das gewusst, wäre er nicht mitgekommen.«
    »Dann vergesst, dass ich es erwähnte. Es ist mir aus dem Mund gerutscht. Er würde es mir niemals verzeihen, wenn ich die Schuld an einem versäumten Abenteuer trüge.« Er lächelte Lodrik zu und fuhr sich erneut über den graubraunen Schnauzbart. »Wir passen umso besser auf ihn auf.«
    »Ja, das müssen wir wohl.« Für Lodrik bedeutete das Wissen eine zusätzliche Belastung. Nicht nur, dass er mit zwei greisen Freunden einer Nekromantin auf der Spur war und ihr Leben damit in höchste Gefahr brachte. Jetzt wusste er auch noch, dass ein ungeborenes Kind auf die Rückkehr seines Vaters wartete. Er entschloss sich, Stoiko und Waljakov bei passender Gelegenheit abzuschütteln und Zvatochna auf eigene Faust zu verfolgen.
    »Ihr plant nicht zufällig, uns abhängen zu wollen?«, fragte Stoiko mit einem schelmischen Blick aus seinen braunen Augen.
    »Ich vergesse immer wieder, wie sehr du mich kennst«, seufzte er. »Was ich euch beiden angetan habe, ist unverzeihlich. Und geschähe einem von euch meinetwegen jetzt noch ein Leid, könnte ich das Leben nicht mehr ertragen.«
    Stoiko räusperte sich. »Um es offen zu sagen: Ihr könnt das Leben ohnehin nicht mehr ertragen. Was soll es also?« Er sprach sanft und ohne Bitterkeit, was Lodrik aufhorchen ließ. »Es ist nicht schwer, in Eurer Miene zu lesen. Ihr seid zu einem Nekromanten geworden, Herr, und verabscheut das Leben um Euch herum. Unsere Begleitung ist Euch ein Graus, eine Belastung.« Er warf noch ein Stück Kohle nach. »Was Ihr
    mit Eurem abweisenden Verhalten der Kabcara antut, muss
    ich Euch nicht sagen, oder?«
    Lodrik betrachtete das Aufflackern des Feuers, das hinter der Schürklappe zu sehen war. »Weil ich dir viel verdanke und dir zu viel angetan habe, Stoiko, höre ich mir deine Worte an. Aber denke nicht, dass sie mich berühren oder mich verändern werden.«
    »Es wäre an der Zeit, sich zu verändern, Herr«, gab Stoiko freundlich zurück. »Die Toten ziehen Euch immer mehr in ihren Bann, das wisst und spürt Ihr. Wenn es der Preis ist, den Ihr für Eure Nekromantie bezahlt...«
    »Tot, Stoiko.« Er richtete die blauen, von schwarzen Einschlüssen durchzogenen Augen auf das Gesicht seines Vertrauten. »Ich bin tot. Ich weiß es. Mein Leben währte bis zu dem Verrat meiner Kinder. Ich bewege mich wie einer von euch, ich esse und trinke, aber eure Welt bereitet mir keinerlei Freude.« Er zog den Ärmel seiner Robe in die Höhe und zeigte ihm die Einschusslöcher. »Sie stammen von Armbrustbolzen. Vergifteten Armbrustbolzen. Mein Körper war übersät davon. Aber ich sitze vor dir und rede mit dir.« Er streifte den Stoff nach unten. »Meine Wunden verheilen langsam, meine Wunden verheilen schnell, mal muss ich sie nähen und warten, bis sie sich geschlossen haben, mal verschwinden sie so rasch, wie sie entstanden sind.« Er schluckte. »Ich bin von Vinteras Fluch getroffen, Stoiko. Aber der Fluch ist nicht die Nekromantie. Der Fluch ist, nicht mehr zu empfinden. Nicht mehr so wie früher. Alles ist grau und belanglos.«
    Stoiko blickte ihn an und lächelte. »Es ist noch nicht so schlimm, wie Ihr denkt, Herr.« Er deutete auf Lodriks linke Wange.
    Verwundert tastete er danach.
    »Eine Träne, Herr. Ihr grämt Euch, und das ist für mich sehr wohl ein Beweis, dass in Euch etwas Lebendiges steckt.« Stoiko berührte ihn am Unterarm. »Lasst zu, dass das Lebendige in Euch häufiger zu Tage tritt. Ich helfe Euch dabei, die Menschlichkeit zu bewahren und sie vor anderen zu zeigen.«
    Lodrik versuchte sich an einem Lächeln. »Menschlichkeit. Ich werde sie mir erst erlauben können, wenn wir Zvatochna getötet haben. In diesem Kampf brauche ich alles Mögliche, aber gewiss keine Menschlichkeit.« Er drückte die Hand seines Freundes. »Danach komme ich sehr, sehr gern auf dein Angebot zurück.« Mit dieser Lüge verschaffte er sich Ruhe, das wusste er.
    »Das freut mich aufrichtig. Ich hatte die Befürchtung, dass Ihr keinerlei Willen in Euch tragen könntet, an Eurem Zustand etwas zu ändern.« Stoiko ließ nicht von ihm ab. »Wie sehr haben die Geister Euch im Griff?«
    »Ich halte die Geister in meinem Griff,

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