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Brennende Kontinente

Brennende Kontinente

Titel: Brennende Kontinente Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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da war Soscha bereits wieder aus dem geschlossenen Schlitten verschwunden.
    Ein weiterer Nadelstich in seinem Gemüt, dem er mit Trotz begegnete. Sein brüchig gewordener Panzer aus Gleichgültigkeit erhielt auf diese Weise festigendes Balsam aus Starrsinn, das in die Lücken seiner Deckung sickerte und dort aushärtete. Der Panzer fügte sich wieder zu seiner ursprünglichen Härte.
    Es dauerte sieben Tage, dann hatten sie Elenjas Tross beinahe eingeholt. Am Morgen des folgenden Tages, vermutlich am späten Nachmittag, würde es so weit sein. Daher beschlossen sie, in der kleinen Stadt Labindarsk zu rasten und noch einmal auszuruhen.
    Sie fanden einen Gasthof am Südtor, der ihren Ansprüchen gerecht wurde, und ließen sich das Essen auf ihr Zimmer bringen. Was sie zu besprechen hatten, ging niemanden etwas an. Die Wachen schliefen derweil in den Stallungen und in den übrigen freien Räumen des Hofes.
    »Was wird aus Borasgotan, wenn seine Herrscherin gestorben ist?«, fragte Waljakov, während er sich von dem Gemüse und dem gekochten Fleisch nahm.
    »Ich habe mir darüber ein paar Gedanken gemacht.« Stoiko goss den heißen Honigwein aus und streute sich eine Prise Gewürze hinein. »Es gibt leider einen Nachfahren des wahnsinnigen Arrulskhan, ein Großcousin vierter Linie, der Anspruch auf den Thron erheben könnte. Ansonsten bin ich mir
    sicher, dass sich genügend Edle finden, die gern über das Reich
    herrschen würden.«
    Waljakov kostete von seinem Mahl und befand es mit einem zustimmenden Brummeln für gut. »Es ist für das Land
    nicht gut, wenn in Borasgotan ein Krieg um den Thron ausbricht. Und auch nicht für Tarpol.«
    »Ganz recht. Aber es führt kein Weg am Tod von Zvatochna in ihrer Rolle als Elenja vorbei«, sagte Stoiko. »Wie werden wir gegen sie vorgehen, Herr? Es ist Vorsicht angebracht. Erkennt man uns als Tarpoler und werden wir in Verbindung mit ihrem Tod gebracht, kann es zu heiklen Verwicklungen kommen. Unter Umständen sogar zu einem Krieg.«
    Lodrik betrachtete das Essen auf dem Tisch und empfand keinen Appetit. Nur widerwillig schaufelte er sich ein wenig auf den Teller und aß, ohne zu kauen, um den Geschmack nicht zu sehr im Mund zu verteilen. »Wir wechseln den Schlitten. Waljakov wird zu uns ins Innere steigen, danach schließen wir zu ihr auf, und ich werde sie mit... Ich werde sie töten.« Er ersparte seinen Freunden Einzelheiten. »Mit dem Beistand des Schicksals geht es schnell. Wenn es so läuft, wie ich es mir vorstelle, erliegt die kranke Kabcara einer Herzschwäche.«
    »Und wenn es nicht so läuft, versuchen wir es auf die bewährte Methode.« Waljakovs mechanische Finger legten sich klickend an den Säbelgriff. »Es ist gut, dass wir noch einige kräftige Arme für einen Überfall zur Verfügung haben.«
    Lodrik erhob sich. »Ich vertrete mir die Beine. Das lange Sitzen in der Kutsche hat mir nicht gut getan«, entschuldigte er sich und warf sich den schwarzen Mantel über, schlug die Kapuze hoch und wurde zu einem schmalen, schwarzen Schatten. »Eine gute Nacht euch beiden.« Er ging hinaus. Als er auf der nächtlichen Straße stand, genoss er die Einsamkeit, die Kälte und die Stille, die herrschte. Er war das lange Zusammensein mit Menschen nicht mehr gewohnt und hatte sich in den letzten Tagen nach der bewährten Abgeschiedenheit seines Palastes nahe Ulsar gesehnt. Das winterliche, verschneite Labindarsk kam dem Ganzen recht nahe. Der Anblick von erleuchteten Fenstern, der Geruch der Feuer in den Kaminen, vereinzelte Rufe von Nachtwächtern und ansonsten nur das Geräusch von knirschendem Schnee unter seinen Sohlen ließen Lodrik ruhig werden. Er blickte nach den Dächern, ob er einen Beobachter entdeckte. Er sah keinen. Die Verbündeten von Aljascha und ihrem Sohn Vahidin machten andere Gebiete des Kontinents Ulldart unsicher und spähten dort Geheimnisse aus. umso besser. So blieb sein Vorhaben tatsächlich unbemerkt.
    Lodrik streifte durch die Straßen und erlaubte dem Grauen, ihn wie ein dezenter Geruch zu umspielen, der Menschen dazu brachte, die Straßenseite zu wechseln oder zurück in ihre Häuser zu gehen. Die schwarze Gestalt sah nicht nur unheimlich aus, sie verströmte Angst. Er genoss es. Es gab einen Grund, weswegen er durch die Stadt wandelte. Weil er nicht ohne unsichtbare Verbündete gegen Zvatochna antreten wollte, würde er sich ein paar Seelen brechen. In seinem Hinterkopf hörte er Stoikos Stimme, die unablässig Menschlichkeit anmahnte. Aber wie

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