Brennende Schuld
raffinierte Weise zu beseitigen. Der Anschlag auf Trasilio Sanchez geht fehl, stattdessen kommen fünf Mitarbeiter ums Leben. Der geschickte Politiker versteht es, Laureanas Vater als den Schuldigen für dieses Unglück in der Öffentlichkeit darzustellen, so dass sich der Vater, seines guten Rufes beraubt, das Leben nimmt. Bevor er das tut, erzählt er seiner Tochter, wie Prats bei seinem Attentat im Einzelnen vorgegangen ist, und lässt sie dann schwören, sein Lebenswerk, die Ausgrabungsarbeiten in der Totenstadt, fortzusetzen. Sie tut das sehr erfolgreich, sieht aber hierin nicht den eigentlichen Inhalt des väterlichen Auftrags. Im Gegenteil, es ist nur die Voraussetzung. Die Erfüllung ihres Schwures besteht darin, den bösen Menschen Prats, der ihre Mutter nach dem Tod des Vaters geheiratet hat, dasselbe erleiden zu lassen, was ihr Vater erleiden musste. Auch er soll öffentlich angeklagt werden, fünf Menschen das Leben genommen zu haben, auch er soll unschuldig sein, aber seine Unschuld nicht beweisen können, auch er soll der Vernichtung seiner Karriere, all der Schmach und Schande, den Freitod vorziehen. Teniente Costa soll Erfolg haben mit seiner erdrückenden Anklage. Sie wird es sein, die ihm die letzten Beweise in die Hände spielt. So wird des Inselrats Schutzhaft sich in echte Haft verwandeln, Campaña wird mit seiner Verteidigung unterliegen, und bevor das Gericht das Urteil verkündet, wird sich Jaume Prats in seiner Zelle erhängen. Oder früher. Viel früher, vielleicht schon gestern Nacht in seiner Zelle. Daher wolltest du dauernd hin zu ihm, um ihm Schnürsenkel, Hemden und Bettzeug abzunehmen, aus dem er sich hätte Stricke flechten können.« Sie brach abrupt ab, und es herrschte völlige Stille.
Costa wusste nicht, was er dazu sagen sollte, aber er fühlte sich, wie er es einmal auf einer Abbildung über mittelalterliche Folter gesehen hatte: Ein Mann liegt flach in einem hölzernen Bett, auf ihm ein dickes Eichenbrett, mit Steinen belastet, zu denen von Zeit zu Zeit immer schwerere hinzukommen. Bett der Ruhe nannte sich diese Pein.
Er schob Kopfkissen und Bettdecke beiseite und quälte sich aus dem Bett. »Ich sollte erst mal eine kalte Dusche nehmen.«
Er öffnete alle Fenster. Eine Hitzewelle schlug ihm entgegen. Ihm wurde schwindlig, und er schlurfte unter die Dusche.
Das Wasser lief ihm über Kopf und Nacken, aber kalt war es nicht. Immerhin beruhigte die gleichmäßige Massage seinen Kreislauf.
»Warum warst du eigentlich gestern im Calima?«, rief er durch den Vorhang.
Elena lehnte am Rahmen der Badezimmertür. »Ich wollte mit dir etwas besprechen. Ich rief dich auf dem Handy an, und du hast gesagt, ich soll dahin kommen.«
»Und was wolltest du besprechen?«
»Karin hat mich gestern wegen des Fotos angerufen, das du ihr gezeigt hast.«
»Und?«
»Sie war sehr besorgt, dass dir etwas zustößt.«
»Was zustoßen?«
»Sie sagte, wenn du eine Fotomontage nicht von der Wirklichkeit unterscheiden kannst, muss dein Zustand wohl ziemlich ernst sein.«
Er erwiderte nichts. Das Bild eine Fotomontage?
»Bist du unter der Dusche ertrunken?«, fragte sie nach einer Weile.
Er stellte das Wasser ab und band sich ein Handtuch um. Ungeachtet der Pfützen, die seine Füße hinterließen, ging er ins Schlafzimmer.
Neben dem Bett, unter seinem Hemd und seiner Hose, lag die zusammengefaltete Fotografie.
»Sie sagte, Keulemans hat das Foto gemacht, als ihr bei ihm zum Essen wart. Du hättest das eigentlich erkennen müssen.«
Elenas Ton war kühl und sachlich.
Richtig, Costa erinnerte sich, als sie ins Haus gekommen waren, hatte er einen Schnappschuss für sein Gästebuch gemacht.
»Ich weiß ja nicht, was drauf ist, aber ich weiß, dass jede Art von Montage heutzutage ein Kinderspiel ist«, sagte Elena, die ihn beobachtete. »Man schneidet die Köpfe aus, stellt sie frei und klebt sie auf andere Körper. Das Internet ist voll von solchen Scherzen.«
Costa spürte wieder seine Wut. Er betrachtete die Szene genauer.
Ein Messingbett, Chintztapeten, ein Fenster im Hintergrund. Und im winzigen Ausschnitt dieses Fensters die Häuser einer Stadt und der Eiffelturm.
Eine Montage. Mein Gott, wie hatte er das übersehen können?
Sie saßen zusammen in seinem Büro. Sein Magen sträubte sich noch gegen den Kaffee, den der Bischof gebraut hatte, aber er trank ihn aus. Wer säuft, muss auch arbeiten können, hörte er seine eigne Stimme.
Er wollte die Entscheidung gemeinsam mit dem
Weitere Kostenlose Bücher