Brennende Schuld
deren Seiten sensorgesteuerte Lampen ansprangen und den Blick auf ein großes Rasengelände mit tropischem Garten freigaben. Überall zischten Sprinkleranlagen. Die Straße führte vorbei an einem künstlichen See und zwei kleinen Gästevillen zum Hauptportal des Hauses.
Karin fuhr den Wagen direkt vor die weiße Marmortreppe des Haupttraktes, der von zwei Seitenflügeln flankiert war. Als sie hielt, sprang Keulemans sofort aus dem Auto und lief hinten herum, um ihr die Tür zu öffnen. Costa mühte sich an der Vorderlehne vorbei, streckte und reckte sich, um seine Wirbel zu ordnen.
»Wow«, sagte sie. »Ich glaube, ich habe Ihr Haus schon einmal in einem Magazin gesehen.«
»Schon möglich«, antwortete Keulemans. »Ich habe es im Frühjahr einer Engländerin abgekauft.«
Sie waren an der Eingangstür angekommen, und Keulemans gab den Code für die Alarmanlage ein. »Es war ein reines Sommerhaus. Nachträglich musste ich überall Fußbodenheizung legen.«
»Sie haben vor, ganzjährig auf Ibiza zu leben?«, fragte sie.
Keulemans öffnete die Tür. »Als ich Jaume Prats kennen lernte und er mich nach Ibiza einlud, habe ich mich sofort in Ihre Insel verliebt.« Er lächelte Costa an.
»Dabei sollte es auch bleiben«, gab Costa zweideutig zurück.
Karin reagierte nicht auf seine Spitze, sondern trat schnell ein und bat Keulemans um eine kurze Führung. Keulemans lachte, nahm einen Fotoapparat, der auf einer Konsole neben dem Eingang lag und machte ein Foto von ihr. Er sagte, das sei so üblich bei ihm – für sein Gästebuch. Als er Costa auch »festhalten« wollte, wie er es nannte, wehrte Costa ab. Keulemans sagte, dann müsse er sich wenigstens handschriftlich im Buch eintragen. Diese Ehre überließ er Karin, und sie schrieb amüsiert: Ehret die Frauen! Sie flechten und weben himmlische Rosen ins irdische Leben. Keulemans stimmte entschieden zu, und Costa ärgerte sich über diese Stimmung von Flirt und Erotik, in der er Keulemans keinen Platz zubilligte. Als er dann hinter den beiden durch neun Schlafzimmer mit Bad en suite herlief, kam er sich wie ein Idiot vor. Schließlich landeten sie nach all den blau-weiß gefliesten Korridoren mit Vitrinen voller antiken Scherben und in Blau und Gelb gehaltenen Schlafzimmern auf einer überdachten Terrasse zur Gartenseite hin. »Der große dinner table für die sommerlichen Nachtmahle unter Freunden«, setzte der Gastgeber seine Erklärungen fort. Vierundzwanzig Personen hätten an dem Tisch Platz gefunden, und Costa stellte sich diesen smarten Belgier als Kopf einer Sekte vor, der lange Reden über die punischen Vorstellungen von einem Totenreich hielt und den Vorzug von Verbrennungen. Charisma hatte er, das merkte er an Karins Verhalten, die gerade etwas von hohen Instandhaltungskosten sagte. Keulemans stimmte zu, so ein Haus brauche Personal, aber die Angestellten wohnten nicht auf dem Grundstück. Er hasse es, fremde Menschen um sich zu haben. Daher seien abends normalerweise nur die Köchin und ein Butler im Haus, die aber heute freihätten.
»Sind Sie nicht verheiratet?«, fragte Costa, obgleich er es abwegig fand, diesen Typ mit Ehe in Zusammenhang zu bringen.
»Leider nein«, lächelte Keulemans und wandte sich Karin zu.
»Würden Sie mir in der Küche behilflich sein?«
»Mit Vergnügen.«
»Ich liebe es, zu kochen. Eine überaus sinnliche Beschäftigung. Können Sie kochen, Señor Costa?«
»Spiegeleier mit Speck und Bratkartoffeln«, sagte Costa, obgleich er sich vorgenommen hatte, seine schlechte Laune zu verbergen.
Keulemans überging das und gab ihm stattdessen die Anweisung, sich um die Getränke zu kümmern. Daraufhin verschwand er mit Karin im Haus, und Costa ging zur Bar, um sich einen doppelten Absinth zu genehmigen. Mit dem Glas in der Hand schlenderte er zum Rand des beleuchteten Pools und lehnte sich an eine der Marmorstatuen.
In das leise Tuckern der Rasensprenger und den Gesang der Zikaden mischte sich Musik. Es war ein sanfter brasilianischer Rhythmus, über den eine Frauenstimme Verheißungen auf Portugiesisch hauchte.
Aus dem Haus hörte er das Klappern von Pfannen und lautes Gelächter. Auf der Wasseroberfläche sah er eine Schar schwarzer Käfer, die in den Pool gestürzt war und mit den Beinchen strampelte. Dann gaben die Tiere auf, und nach einer Weile ging ihr Gestrampel wieder los, wenn auch die Abstände immer länger wurden. Costa blickte um sich, ob irgendwo ein Netz oder Käscher war, womit er sie retten könnte. Er sah
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