Brennende Schuld
Wagen durch sein großes Tor das Anwesen verließen. Beide hielten noch Frieden und schwiegen, solange sie damit zu tun hatten, die heftigen Stöße des Wagens abzufangen, die sie auf dem Schotterweg durch den Wald zur Straße begleiteten. Manchmal waren die Schlaglöcher so tief, dass Costa fürchtete, der Wagen könnte umkippen. Keulemans hatte vermutlich einen doppelt gefederten Geländewagen.
Durch den dichten Pinienwald konnte Costa bei irgendwelchen Nachbarn Keulemans Licht sehen. Er stellte sich eine Idylle vor, ein Ehepaar, zufrieden, verbunden durch die gemeinsamen Lebensaufgaben, stets versöhnt durch die Freude, die sie mit ihren Kindern, der großen Familie, den Freunden, Katzen und Hunden hatten. Er und Karin hatten sich ganzen Abend über gegenseitig Verletzungen zugefügt, und Costa überlegte, wann diese verhängnisvolle Spirale angefangen hatte. Nicht, als sie ihm am Telefon mitgeteilt hatte, dass sie zu dem Museumsevent gehe. Sie war über seine Zusage mitzukommen wirklich erfreut gewesen. Auch als sie dann über das Gelände der Totenstadt gelaufen waren, Hand in Hand, und die alte Finca nicht mehr finden konnten, war es noch heiter gewesen. Anschließend war sie zwar viel zu lange weg gewesen, um Batterien zu holen, aber ihre Erklärungen hatte er geglaubt. Nun begann er allerdings, scharf darüber nachzudenken, wann Keulemans bei der Veranstaltung eingetroffen war. Gleichzeitig mit Karin? Oder nach ihr? Er erinnerte sich an ihr intensives Gespräch mit dem Belgier. Das Schweigen, das zwischen ihnen während der Autofahrt herrschte, half ihm nicht, diese Erinnerung loszulassen. Schließlich brach es Karin, als sie ihn zu seinem Auto fuhr, statt zu ihrer Wohnung abzubiegen.
»Du hast dich unmöglich benommen! Denkst du, du kannst jeden, der dir nicht passt, zu einem Täter machen?«
»Ich mache niemanden zum Täter«, gab er schroff zurück. »Die Leute killen nicht mir zu Gefallen.«
»Mir sind deine Täter und Killer scheißegal. Wenn ich mit dir ausgehe, möchte ich die nette Gesellschaft, die Gespräche oder wenigstens das Essen genießen können!«, sagte sie eine Idee zu laut. »Aber mit dir sitzt man ja dauernd in einem Narrenhaus von Vermutungen, Indizien, Verdächtigungen! Jeder ist ein böser Mensch! Hinter jeder Ecke wartet ein Verbrecher! Man muss immer die Trillerpfeife dabeihaben!«
Costa war fassungslos. Aber nicht nur über die Art ihrer Attacke, sondern auch darüber, wie sehr ihn der Vorwurf verwundete. Als sie scharf bremste und abrupt anhielt, sprang er aus dem Wagen und ging wortlos davon.
kapitel zwanzig
Sein Wagen stand in der Avenida España. Er fuhr zur Calle Luci Oculaci, nahm aus dem Kofferraum die Stablampe, seine Waffe und Gummihandschuhe, die er außer dem gut verpackten Schutzanzug immer dabeihatte, und suchte nach der Tasche mit den Dietrichen. Sie hatte sich hinter der Lehne des Rücksitzes verklemmt. Er verschloss den Wagen und ging schnell auf das Haus zu, in dem Keulemans’ Firma ihren Sitz hatte.
In diese Gegend kam nachts kaum ein Mensch. Er blickte noch einmal nach beiden Seiten der Straße. Von hier aus konnte er den grauen Komplex des Museums sehen. Die Halle, in der die Feier stattgefunden hatte, lag im Dunkeln, aber in Laureana Sanchez’ Arbeitszimmer im ersten Stock brannte noch Licht. Das Schloss öffnete sich mit einem leisen Klicken und die Tür sprang nach innen auf.
Er schaltete die Stablampe ein: Schreibtische, Wandschränke mit Aktenordnern, ein Computer, nirgendwo etwas Auffälliges. Es war ein Allerweltsbüro in stickiger Hitze. Obwohl vermutlich niemand im Gebäude war, vermied er jedes unnötige Geräusch. Schnell und leise öffnete er die Türen zu den Nebenräumen und ließ den Scheinwerfer seiner Lampe über Wände und Gegenstände gleiten: eine Toilette, ein Nebenraum mit Besen, Eimern, Reinigungsmitteln und Bürogegenständen in einem Regal. Dann war da noch der Zugang zur Garage, ein schmaler Flur, in dem an der Wand ein Kittel und zwei Schürzen hingen. Gegenüber war eine Stahltür.
Er erwartete, dass die Tür verschlossen war, aber als er die Klinke herunterdrückte, öffnete sie sich mit einem leisen Quietschen. Der muffige Geruch eines warmen Kühlraums schlug ihm entgegen. Als er einen Schritt über die Schwelle machte, kroch ihm die Angst in die Glieder – so war der Seemann auch in die Falle gegangen. Im Team hatten sie Mutmaßungen darüber angestellt, wie er sich gefühlt haben musste, als er merkte, dass er seinem
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