Brennender Stahl (von Hassel)
erstickten wenn das Feuer allen Sauerstoff an der Wasseroberfläche in sich aufsaugte. Den Männern auf dem Geleitboot blieb nichts anderes übrig, als ihnen beim Sterben zuzusehen.
Ein Stück entfernt, in der Dunkelheit, außerhalb des brennenden Infernos, lag das U-Boot. Der Kommandant war stur an der Oberfläche geblieben, so dass ihn das ASDIC des eifrig suchenden Geleitbootes nicht finden konnte. Mit regungslosem Gesicht beobachtete der Kommandant den sterbenden Tanker. Für Augenblocke dachte niemand daran, den Geleitzug zu verfolgen, aber in spätestens einer Stunde würden sie trotzdem wieder hinter den Handelsschiffen her sein.
Im Augenblick warteten sie darauf, dass der Tanker sank, denn der BdU-Befehl lautete, das Sinken zu beobachten. Zweitausend Meter Abstand waren nicht viel, aber genug. Doch die starken Nachtsichtgläser oder gar die Vergrößerung der UZO zeigten ihnen immer noch Details. Und was sie nicht sahen, ergänzte die Vorstellungskraft. Schweigen hing über dem Turm, nur unterbrochen vom Plätschern der Wellen gegen den Rumpf. Es war Krieg und sie hatten nur ihre Pflicht getan. Aber trotzdem war jeder im Stillen wenigstens froh darum, dass der Kommandant nicht auch noch das Geleitboot angriff.
Hinter der Stirn von Hassels rasten die Gedanken, aber sein Gesicht zeigte nicht die geringste Spur davon. Das war nicht das erste Schiff, das er versenkte und es würde auch nicht das letzte bleiben. Vorausgesetzt, sie blieben selbst lange genug am Leben. Er wusste, dass die Männer um ihn her beeindruckt und entsetzt waren. Vielleicht würden sie diese Bilder nie wieder loswerden. Er jedenfalls konnte sich noch an jedes Schiff erinnern. An diejenigen, die leise starben, manchmal von der eigenen schweren Ladung und der Kraft der immer noch drehenden Schrauben innerhalb von Augenblicken in die Tiefe geschoben wurden, ohne dass die Besatzung auch nur eine Chance hatte, Boote auszusetzen und an diejenigen, die wie dieser Tanker lautstark explodierten und in einem Inferno aus brennendem Stahl starben.
»Wir geben ihnen noch ein paar Minuten!«, von Hassels Stimme klang unbewegt. Aber die Worte rissen die Männer aus der Erstarrung. Ohne weiteren Kommentar beugte der Alte sich über das Sprachrohr: »IWO, für das KTB: Der Tanker ist bisher nicht gesunken, aber Totalverlust!«
»Jawoll, Herr Kaleun!« Hentrich zögerte. »Wir wollen weiter?«
Von Hassels Zähne schienen in der Dunkelheit zu leuchten als er unwillig griente. »Wollen vielleicht nicht, aber wir müssen. Also, beide kleine Fahrt. Backbord Fünfzehn,«, er kontrollierte kurz den Kurs auf der Kompasstochter, »sagen wir neuer Kurs wird drei-null-null. Der Steuermann soll schon mal den nächsten Kurs und die Geschwindigkeit berechnen.«
»Jawoll, Herr Kaleun! Übrigens Gratulation!«
Der Kommandant verzog das Gesicht: »Sagen Sie mir lieber, was mit den beiden anderen Aalen passiert ist!«
Aus dem Sprachrohr kam Gemurmel und achtern sprangen die Maschinen an. Das Boot begann langsam nach Backbord auszuscheren. Von Hassel nutzte den Augenblick, sich noch einmal umzuschauen. Aber er konnte nicht sehen, was er zu sehen erwartete. Besorgt beugte er sich wieder über das Sprachrohr: »Und der Funkmaat soll auch ab und zu mal rundhorchen! Irgendwo muss hier noch dieser Zerstörer rumhängen! Wir können nur die zwei Geleitboote sehen!«
»Rückert hat auch nicht mehr! Keine Truppentransporter, kein Zerstörer!«
Leutnant Schneider wandte sich um. »Kann es sein, dass der norwegische Skipper gelogen hat?«
»Warum? Ich meine, warum er lügen würde ist klar, aber warum diese Geschichte?« Von Hassel spürte eine immer stärkere Unruhe. Dabei schien alles nach Plan zu laufen. Sie hatten den Geleitzug einen Tag hinter Freetown abgefangen und sich erfolgreich angepirscht. Weithin sichtbar leuchtete das Fanal des brennenden Tankers. Es sah aus, als würde der Stahl selber brennen. Die Bordwände glühten förmlich. Es würde nicht mehr lange dauern, bis das Schiff sinken würde. Aber wieder waren zwei Torpedos irgendwo ins Leere gegangen. Von Hassel hoffte jedenfalls, dass es einfach nur Fehlschüsse waren. Denn wenn es keine waren, dann gab es das nächste Problem.
»Ich weiß es nicht. Wieso sollte der Norweger uns etwas von Truppentransportern bei diesem Geleitzug erzählen wenn keine dabei sind? Das ergibt keinen Sinn, Herr Kaleun!«
Der Alte wandte sich um und sah seinen IIWO an: »Es ergibt einen Sinn, aber wir kommen nicht dahinter,
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