Brennender Stahl (von Hassel)
unbehaglich, weil der dicke Verband scheuerte. Rückert hatte einen Splitter von der Größe einer Weintraube aus ihm rausgeholt. Es war das erste Mal seither, dass er auf dem Turm war. Andere Verwundete lagen immer noch unten auf ihren Kojen und wieder andere waren auf dem Wege der Besserung, wobei man manchmal nicht sicher sein konnte, ob das gut war. Obermaat Peters würde sein Leben lang Brandnarben im Gesicht haben. Wieder andere gingen bereits wieder Wache, wie Daniel Berger oder der Oberleutnant Wegemann.
Und es gab andere, die nicht wieder zurückkommen würden, auch wenn es irgendwie immer noch schien, als würden sie da sein. Braunert, Fischer und Adolf Schott, der Smut, der an Deck gegangen war um den LI aus dem Wasser zu fischen und sich dabei eine Kugel eingefangen hatte.
Es war Ende April. Die Kämpfe in Norwegen dauerten noch an. Im Nordatlantik hatten mehrere Geleitzugangriffe stattgefunden. Leutnant Schneider blickte hoch zum ausgefahrenen Sehrohr, an dem mehrere weiße und ein roter Wimpel flatterten. Fünf Handelsschiffe und ein Zerstörer. Rein nach den Zahlen gerechnet weder überdurchschnittlich gut noch unterdurchschnittlich schlecht.
Nachdenklich wandte er sich zum Kommandanten um. »Was meinen Sie, Herr Kaleun? Großer Empfang mit Blaskapelle?«
Von Hassel sah sich um. Sie waren bereits im Jadebusen und über ihnen kreisten zur Abwechslung mal die eigenen Flugzeuge. Er nickte langsam. »Wahrscheinlich, ist ja so üblich!«
Die beiden Männer sahen einander an. Natürlich würde keiner von ihnen die Frage stellen, ob es sich gelohnt hatte. Denn diese Frage durfte man im Krieg nicht stellen.
Schweigend standen sie auf dem Turm zwischen den Ausgucks, denn Wachsamkeit bis zum letzten Augenblick war alles, was sie tun konnten, um zu überleben. Auch wenn die Männer nicht mehr völlig konzentriert waren, denn U-68 war heimgekehrt. Es würde Urlaub geben, vielleicht Änderungen bei der Besatzung. In einigen Wochen würden sie das Boot repariert und frisch gestrichen wieder übernehmen und hinausfahren, aber daran wollte im Augenblick noch niemand denken.
Glossar
Aal: Spitzname für Torpedo.
Achtern: hinten
Adju: Kurz für Adjutant.
Agru-Front: Ausbildungsgruppe in der Ostsee. Dort übten die neuen Besatzungen den Einsatz gegen Geleitzüge. Auch die Rudeltaktik wurde dort spätestens ab 1937 geübt.
AK: Äußerste Kraft! Das ist tatsächlich mehr, als volle Fahrt, da volle Fahrt immer noch einen Blick auf die Sicherheitsventile beinhaltet. Dreimal Wahnsinnige bedeutet im Grunde das Gleiche nur kümmert sich dann keiner mehr um Drehzahlbegrenzung, Druck oder solche Dinge, dann geht es nur noch auf Biegen und Brechen.
ASDIC: Heute Aktivsonar. U-Bootortungsgerät, das einen Schallimpuls aussendet und aus der Zeit, bis das Echo zurückkommt, den Abstand errechnet.
ATo: Pressluftgetriebener Torpedo. Hinterließ eine Blasenbahn, war aber schneller und konnte weitere Strecken laufen.
Aufklaren: a.) Wetterbesserung, b.) aufräumen
Back: a.) Vorschiff, b.) Tisch
Backbord: In Fahrtrichtung links.
B-Dienst: Deutsche Funkaufklärung. Die meisten alliierten Geleitzüge wurden von den Deutschen entdeckt, weil ihr Funkverkehr eingepeilt wurde. Dazu gehörte neben dem Einpeilen auch Versuche der Entschlüsselung, Lageanalyse auf der Basis von Funksprüchen und Vergleich mit geheimdienstlichen Informationen. Die Quintessenz aus all dem wurde als »B-Dienst-Bericht« auch den U-Booten mitgeteilt, allerdings selten vollständig.
BdU: Befehlshaber der U-Boote. Admiral Dönitz
Bilge: Hohlraum unter den Stahlplatten. Hier sammelt ins Boot eindringendes Wasser und gelegentlich auch Kondenswassert. Deswegen muss die Bilge ab und zu gelenzt (leer gepumpt) werden. In den meisten U-Booten in drei Abschnitte unterteilt, also nicht durchgängig.
Brimborium: Mit allem Drum und Dran.
Crew: a.) Besatzung, b.) Jahrgang in der Offizierausbildung, z.B. Crew '36 bezeichnete die Offiziere, die 1936 ihr Patent erhalten haben.
Der Dicke: Bezeichnung für Herrmann Göring, den Luftwaffenbefehlshaber.
Dez: Winkel von 10°. Vier Dez an Steuerbord sind also 40 Grad rechts von der Kurslinie des Bootes. Natürlich nur als ungefähre Richtungsangabe.
durchpendeln: Nachdem der Leitende das Boot auf Sehrohrtiefe gebracht hat, lässt er es eine leichte Nickbewegung mit den Tiefenrudern machen. Dadurch können eventuell in den Zellen
Weitere Kostenlose Bücher