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Brennender Stahl (von Hassel)

Brennender Stahl (von Hassel)

Titel: Brennender Stahl (von Hassel) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Brendt
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blieb an der Deckskanone hängen. Zehn Komma Fünf, was für ein Brocken! Auf seinem alten Boot hatte es nicht einmal eine Kanone gegeben! Von Hassel unterdrückte den Reflex, das Gesicht zu verziehen. Die Kanone mochte beeindruckend aussehen und auch viel Lärm machen, aber sie würden mit ihr wohl kaum viel ausrichten. Soweit er gehört hatte, hatte inzwischen fast jeder britische Frachter ein oder zw1ei Geschütze ähnlichen Kalibers an Bord. Mal ganz abgesehen von den britischen Zerstörern. Es würde sich also wenig Gelegenheit ergeben, das Ding zu benutzen, es sei denn, um vielleicht manchmal einen Fangschuss mit einem Torpedo zu sparen. Aber mit vier Burgrohren und zwei Heckrohren war U-68 besser bewaffnet als alle anderen U-Boottypen, und mit zweiundzwanzig Torpedos konnte man schon etwas anfangen.
    Wieder musterte der Kommandant sein Boot, soweit er das von seinem Standpunkt aus tun konnte. Er war durch jeden Winkel gekrochen, aber trotzdem hatte das Boot für ihn immer noch etwas Neues, etwas Erregendes. Der Flottillenchef war gerade erst bei dem Teil seiner Rede angekommen, in dem er von der Opferbereitschaft deutscher Soldaten sprach. Na ja, soweit es seine Männer betraf, hatten die auch längst abgeschaltet - oder er müsste sich schon schwer täuschen. Jeder Soldat und besonders jeder Marineangehörige lernte die Kunst, unbewegten Gesichts und ohne unnötige Aufnahme von Geräusch, Vorgesetztenreden über sich ergehen zu lassen, bereits in der Grundausbildung. Einer der Gründe, warum viele Vorgesetztenreden in der Marine erstaunlich kurz waren. Aber der Chef der Bauflottille hatte eben nicht viel zu tun und so hielt er Reden. Er war im letzten Krieg Kommandant gewesen, vielleicht bedauerte er es nur, zu alt zu sein. Bei dem Gedanken musste von Hassel ein schmales Lächeln unterdrücken, denn dieser Krieg würde anders sein als der letzte. Noch härter, noch brutaler. Die alten Regeln galten nicht mehr. Doch der Chef der Bauflottille konnte das nicht wissen, er saß hier sicher und warm in der Etappe.
    Von Hassel spürte die leichten Bewegungen des vertäuten Bootes unter seinen Füßen und blickte unwillkürlich zum Turm. Verglichen mit seinem alten Boot erschien ihm alles unwirklich groß und stabil, und wirklich war dieser Bootstyp erheblich größer als die meisten anderen Boote. Selbst die beinahe gleich großen Vorgänger vom Typ IXA waren etwas kleiner und leichter, wenn auch nicht viel. Aber die IXB Boote wirkten größer, einfach, weil sie etwas breiter waren und der Turm noch einmal ein Stück höher. Doch das alles hatte einen Preis. Soweit er vom Kommandanten des ersten IXB-Bootes, Kaleun Schulz von U-64, hatte erfahren können, war das Boot weniger wendig und brauchte vor allem länger zum Tauchen. Nicht viel länger, aber manchmal machten schon ein paar Sekunden einen Unterschied. Er würde vorsichtig sein müssen.
    Wieder blickte er zum Turm. Nein, entschied er, U-68 wirkte nicht wie ein angriffsbereiter Jäger. Eher schon etwas behäbig, verglichen mit seinen kleineren Geschwistern, die weiter hinten an der Pier lagen. Aber zwölftausend Seemeilen Reichweite würden es zu einem Jäger machen. Damit konnte es weit entfernt von Küsten und damit Flugzeugen, den feindlichen Geleitzügen auflauern. Solange er es schaffte, den Zerstörern aus dem Wege zu gehen.
    Wieder spürte er die leichten Bewegungen des Bootes im Schwell. Als könne es nicht erwarten, endlich hier weg zu kommen. Vielleicht träumte es davon, Tod und Zerstörung auf die Weltmeere zu tragen, vielleicht wollte es auch nur überleben, wie sie alle. Wer wollte das schon wissen? Von Hassel atmete tief durch. Die kurze Pause vom Krieg war vorbei.
     
    Es hatte scheinbar eine Ewigkeit gedauert, bis der Flottillenchef endlich den entscheidenden Befehl gegeben hatte: »Heiß Flagge und Wimpel!« Beinahe sofort waren der Kommandantenwimpel und die Kriegsflagge an einem Sehrohr empor gefahren worden. Ein U-Boot hatte nun einmal keinen Mast, aber ein Sehrohr tat es ja auch.
    Eine kleine Blaskapelle hatte zu Ehren des jüngsten Mitglieds der Kriegsmarine ein kleines Ständchen gespielt und es hatte zur Feier des Tages für jeden Mann eine Flasche Bier gegeben. Keine große Feier, aber darauf war in Anbetracht des Wetters auch keiner scharf gewesen. Bereits nach zwei Schnäpsen in der Kommandantenkammer waren auch der Flottillenchef und sein Adju wieder verschwunden. U-68 war in Dienst gestellt. Nicht mit dem Pomp, mit dem große

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