Brennender Stahl (von Hassel)
sofort krachte die Deckskanone. Selbst hier oben war es laut und der Kommandant konnte sich gut vorstellen, wie es in der Stahlröhre klingen würde. Aber er hatte andere Sorgen: »Olm, rufen Sie ihn an: Stop immidiately, don't use your wireless! This is a German warship! - Stoppen Sie sofort, funken Sie nicht! Dies ist ein deutsches Kriegsschiff!« Gleichzeitig hob er das Glas und blickte hinüber zu dem Tanker. Zwei Meilen! Verdächtig dicht vor dem Bug des Schiffes stieg eine Wassersäule auf. Da hatte es der Bootsmann wohl etwas zu gut gemeint.
Gespannt beobachtete er die weiteren Ereignisse. Die Bugwelle fiel in sich zusammen. »Er stoppt!«, Rudi Schneider hörte sich atemlos an.
Von Hassel grinste trotz seiner Spannung. »Der Schuss wird ihn überzeugt haben! Fragen sie nach, ob er funkt! Leutnant, kleine Fahrt!« Er wandte sich an den Funker, der gespannt wartete, wie es weitergehen würde: »Na, Olm, dann wollen wir mal. Machen Sie rüber: What ship? - Welches Schiff?«
Immer noch näherten sie sich dem gestoppten Schiff, das sich nun mehr und mehr in den leichten Wind legte.
Leutnant Schneider richtete sich vom Sprachrohr wieder auf. »Er funkt keinen Notruf!«
»Danke!« Während die Vartalampe in Olms Hand klickte, beobachtete der Kommandant ihre Beute. Unverkennbar ein Tanker mit seinen ganz am Heck konzentrierten Aufbauten. Kein überragend großes Schiff, aber auch nicht gerade klein, beinahe vollständig in einem dunklen Grauton gepönt, wenn man von einem breiten roten Ring am Schornstein absah. Und noch immer zeigte der andere keine Flagge. Von Hassel fühlte Unbehagen in sich aufsteigen. »Keine Deckskanone! Ich dachte, die Tommies hätten alle Frachter inzwischen bewaffnet?«
Der IIWO richtete sein Glas auf die Aufbauten. »Nein, tatsächlich nicht! Ein Neutraler?«
»Könnte sein!«
»Hoffentlich nicht!« Leutnant Schneider musterte den Tanker mit pl ö tzlichem Misstrauen.
Kurze Zeit gingen Morsezeichen hin und her, während Olm die Signale des anderen Schiffes übersetzte. »Norwegischer Motortanker Storvikken, 6236 Tonnen, unterwegs von Libreville nach Narvik!«
»Scheiße! Also wirklich ein Neutraler!«, Rudi Schneider entfuhr ein Fluch.
Der Kommandant blickte das norwegische Tankschiff mit einer Mischung aus Bedauern und Misstrauen an. »Also mit Rohöl von Liberia nach Norwegen? Könnte stimmen!« Er senkte das Glas und beugte sich über die Brückennock: »Oberleutnant Hentrich! Sie und ihre Leute werden den Burschen kontrollieren! Sollte es Bannware sein, will ich es wissen!«
Der IWO salutierte kurz und die Männer setzten das Schlauchboot aus. Vom Turm aus beobachtete der Kommandant das Man ö ver. Der IIWO trat neben ihn: »Verzeihung, Herr Kaleun, aber wenn es ein Neutraler ist, sollten wir ihn dann nicht besser ...«
»Ich glaube ihm nicht!«, von Hassel klang ruhig, beinahe unbeteiligt. Er musterte den großen Bug des Tankers, der sich inzwischen nur noch vier Kabellängen entfernt in der See wiegte. »Rudi, stoppen Sie, aber die Maschinen in Bereitschaft halten!« Er zögerte kurz und setzte hinzu: »Und halten Sie uns von seinem Bug frei!«
Der IIWO gab die Befehle nach unten. Immer wieder musste er die Männer der Turmwache ermahnen, ihren Sektor im Auge zu behalten. Natürlich war das Schiff das sie gestoppt hatten interessanter. Dann beobachtete er zusammen mit dem Kommandanten, wie das kleine Schlauchboot sich an die Bordwand des Tankers schmiegte. Von Hassel beugte sich über die Turmbrüstung. »Bootsmann, bereithalten. Wenn ich Befehl gebe, auf seine Aufbauten feuern!«
Volkarts sah zu ihm hoch. Für einen Augenblick konnte von Hassel das Glitzern in den Augen seines Schmadding sehen. Volkerts verstand auch ohne große Erklärungen. Anders als Rudi Schneider in diesem Augenblick: »Herr Kalun! Unsere Männer, der IWO, ...«
»Ruhe auf der Brücke!« Von Hassel unterbrach ihn unwirsch. Schneider schloss den Mund und sah ihn verdutzt an. Der Kommandant konnte doch nicht auf den Tanker schießen lassen, wenn ihre eigenen Leute an Bord waren?
An der Reling erwartete sie bereits ein Offizier. Der große blonde Mann starrte wortlos auf das Schlauchboot hinunter. Aber wenigstens ließen die Seeleute ein Seefallreep herab. Oberleutnant Hentrich rückte sich die Mütze etwas verwegener zurecht und zwang sich zu einem verbindlichen Lächeln. »Mein Name ist Oberleutnant Hentrich! Verzeihen Sie die Ungelegenheiten, aber wir müssen Ihr Schiff kontrollieren!« Sein
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