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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Rekorde! Und was die Gewaltbereitschaft angeht – Mann, Weiße sind die gewalttätigste ethnische Gruppe in ganz Amerika. All diese Kreuzigungen, die Bombenanschläge und die Amokläufer… die armen Schweine kriegen’s einfach nicht in den Griff.«
    Oscar überlegte einen Moment. Es verletzte ihn jedesmal, wenn jemand über die Eigenheiten ›der Weißen‹ sprach. So etwas wie ›Weiße‹ gab es einfach nicht. Dieses Stereotyp war ebenso ein Konstrukt wie der Begriff ›Hispanos‹. Überall sonst auf der Welt war ein Peruaner ein Peruaner und ein Brasilianer ein Brasilianer – bloß in Amerika gab es diese mehrsprachige, multinationale Gruppe, deren Angehörige als ›Hispanos‹ bezeichnet wurden. Oscar selbst wurde zumeist für einen ›Hispano‹ gehalten, wenngleich sich seine ethnische Herkunft am besten als ›nichtmenschlichen Ursprungs‹ charakterisieren ließ.
    »Sie sollten meinen Freund Kevin näher kennen lernen«, sagte er. »Kevin ist etwas ganz Besonderes.«
    »Okay. Klar. Es gefällt mir, wenn jemand zu seinen Freunden steht«, meinte Burningboy. »Und deshalb bin ich jetzt hier, Oscar. Sie sind hier der einzige Mensch, mit dem man vernünftig reden kann. Sie sind der Einzige, der überhaupt kapiert, was läuft.«

10
     
    Oscar arbeitete jetzt für den Präsidenten der Vereinigten Staaten. Seine neue Position war ihm beim Umgang mit den zweitausend naiven Wissenschaftlern, die in einer abgeschlossenen Kuppel in Osttexas lebten, eine große Hilfe. Allerdings wurde Oscars Leben dadurch noch komplizierter.
    Er fand rasch heraus, dass er in Wirklichkeit gar nicht der offizielle Wissenschaftsberater des Nationalen Sicherheitsrates war. Eine routinemäßige Sicherheitsüberprüfung hatte Oscars persönlichen Hintergrund zu Tage gefördert. Der war ein ernsthaftes Problem, denn normalerweise stellte der Präsident kein Produkt einer illegalen südamerikanischen Genfabrik ein. In Anbetracht der Umstände war dies ein bedenklicher Präzedenzfall.
    Obwohl Oscar seinen Senatsposten bereits niedergelegt hatte, erhielt er somit keine offizielle Anstellung im Nationalen Sicherheitsrat. Er war lediglich ›informeller Berater‹. Er nahm keinen offiziellen Rang in der Regierung ein und bekam nicht einmal Gehalt ausgezahlt.
    Entgegen der Zusicherung des Präsidenten trafen keine ›Elitetruppen‹ in Buna ein. Offenbar hatte der Präsident zwar die entsprechenden Anweisungen gegeben, die Armeeführung aber hatte sich aus personellen und finanziellen Gründen entschieden, den Einsatz auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Die ›personellen und finanziellen Probleme‹ klangen ganz plausibel – die waren in der Armee gang und gäbe –, doch die tiefer liegenden Gründe waren natürlich politischer Natur. Die US Army als Institution kämpfte nur ungern gegen amerikanische Zivilisten. Die US Army war an dem schrecklichen und geheimen Hubschraubereinsatz am Ufer des Sabine River nicht beteiligt gewesen. Die Army hatte keine Lust, sich wegen schießwütiger geheimer Eingreiftruppen in die Nesseln zu setzen.
    Um den Anschein zu wahren, teilte man Oscar mit, in Kürze werde ein Lieutenant Colonel vom NSR mit einem Eliteteam von unauffälligen Marinefliegern eintreffen. Doch auch der Lieutenant Colonel ließ aufgrund unerwarteter außenpolitischer Entwicklungen auf sich warten.
    Eine amerikanische Fast-Food-Kette hatte mehrere niederländische Bürger mit schlecht sterilisiertem Hamburgerfleisch vergiftet. Zur Vergeltung hatten aufgebrachte Niederländer mehrere Restaurants angegriffen und niedergebrannt. In Anbetracht der gespannten niederländisch-amerikanischen Beziehungen war dies ein ernsthafter Zwischenfall und nahezu ein Casus belli. Konfrontiert mit dieser außenpolitischen Krise, stieß der Präsident Drohungen aus und verlangte eine Entschädigung und offizielle Entschuldigungen. In Anbetracht der Umstände wollte die Regierung das Thema des militärischen Durcheinanders nicht weiter forcieren.
    Dies alles war enttäuschend. Oscar ließ den Kopf trotzdem nicht hängen. Es fuchste ihn, dass man ihm ein offizielles Amt vorenthielt, wundern aber tat es ihn nicht. Er machte sich gewiss keine Illusionen und erwartete nicht, dass das Präsidialbüro besser funktionierte als irgendein anderer Bereich der gegenwärtigen Regierung. Außerdem hatte ein unklarer Status auch seine Vorteile. Trotz der Demütigung besaß Oscar nun weit mehr Macht als zuvor. Oscar war jetzt ein Geheimagent. Das war machbar.
    Oscar gelang

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