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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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eigenen Pläne.«
    Oscar nickte. »Das weiß ich.«
    »Und dann ist da noch Kevin. Du hast nicht genug auf Kevin geachtet. Du hast einen Banditen zum Polizeichef gemacht. Der Mann ist ein Mussolini in Taschenformat. Er macht sich an den Telefonen zu schaffen, an den Computern, an den Videokameras, die ganze Anlage ist verwanzt. Jetzt hat er eine Gruppe von Schnüfflern um sich geschart, eine schrullige Bande von kleinen alten Nomadenladies in einem Wohnwagenpark, die sich im Netz umtun, irgendwo in der verdammten Einöde von Wyoming… Der Kerl ist völlig verrückt. Das ist einfach nicht gut.«
    »Aber Kevin ist aus Boston, genau wie wir«, sagte Oscar. »Intensive Überwachung vermindert die Gewalt auf den Straßen. Kevin erledigt den Job für uns, und er hält den Mund, wenn wir mal die Regeln verletzen. Er ist wirklich eine gute Wahl.«
    »Oscar, du bist besessen. Vergiss die hübschen sozialen Konzepte und dieses ganze Gerede von wegen großem Zusammenhang. Befass dich wieder mit der Hauptsache, mit der Realität. Kevin arbeitet hier, weil du ihm Gehalt zahlst. Du bezahlst allen Angehörigen des Teams Gehalt, und dein Team, das sind die Leute, die die Anlage am Laufen halten. Sonst bekommt niemand Gehalt – alle essen bloß Prolonahrung und arbeiten in ihren Labors. Ich als dein Finanzberater sage dir: das kann nicht mehr lange so weitergehen. Du kannst den Leuten nicht so viel zahlen, dass sie eine Revolution machen würden.«
    »Dazu reicht das Geld einfach nicht aus.«
    »Du bist nicht fair zu deinem Team. Deine Leute sind Wahlkampfhelfer aus Massachusetts, Wunder gehören nicht zu ihrem Fach. Du hast ihnen nie gesagt, dass sie eine revolutionäre Junta bilden sollten. Diese Forschungseinrichtung steht ohne Geld da. Du bekommst nicht mal selber mehr Gehalt. Du hast nicht mal einen offiziellen Posten in der Regierung. Das Laboratorium lebt von deinem Kapital.«
    »Yosh, Geld lässt sich immer beschaffen. Interessant wird es dann, wenn man ohne Geld regiert! Wenn man von seinem Prestige zehrt. Nehmen wir nur mal die Moderatoren als Beispiel. Im Grunde verfügen sie über eine funktionierende, auf Prestige gründende Wirtschaft. Alles ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet; beispielsweise verfügen sie über ein rotierendes elektronisches Wahlsystem nach australischem Vorbild…«
    »Oscar, hast du überhaupt geschlafen? Isst du ordentlich? Weißt du, was du hier überhaupt machst?«
    »Ja, das weiß ich. Das ist etwas anderes, als wir zunächst vorgehabt hatten, aber es muss getan werden. Ich lasse Huey alt aussehen.«
    »Du trägst eine persönliche Fehde mit dem Gouverneur von Louisiana aus.«
    »Nein. Das stimmt nicht. In Wahrheit kämpfe ich auf breiter Front gegen den größten politischen Visionär der Gegenwart. Und Huey ist mir um Jahre voraus. Er kümmert sich schon seit Jahren um seine Nomaden, gewinnt ihr Vertrauen, baut ihnen Infrastruktur. Er hat geschafft, die heimatlosen Streuner zur technisch fortschrittlichsten Gruppe in seinem Staat zu machen. Er hat sich zum Anführer einer Untergrund-Massenbewegung gemacht und verspricht, sein Wissen zu teilen und jedermann zu einem Hexer zu machen. Und sie verehren ihn, weil das ganze Gebilde ihrer Netzwerkökonomie auf diese Weise reguliert wird, still und heimlich und zielgerichtet. Das ist Korruption in einem phantastischen Maßstab – das ist so weitab aller finanziellen Gepflogenheiten, dass man kaum mehr von Korruption sprechen kann. Er hat eine Alternativgesellschaft geschaffen, mit einer alternativen Machtstruktur, die ganz auf ihn zugeschnitten ist: auf Green Huey, den König der Sümpfe. Ich arbeite hier so schnell und so hart ich kann, weil Huey mir bereits bewiesen hat, dass es funktioniert – im Grunde funktioniert es so gut, dass es schon gefährlich ist. Amerika ist am Ende, und Green Huey ist ein lächelnder Tyrann, der im Begriff steht, eine neurale Diktatur zu errichten!«
    »Oscar, ist dir eigentlich bewusst, wie verrückt das klingt? Weißt du, wie hohl das klingt?«
    »Ich spreche mich aus. Du weißt, dass ich dir immer reinen Wein eingeschenkt habe, Yosh.«
    »Okay, du sprichst dich aus. Aber ich kann das nicht. Ich kann nicht so leben. Ich glaube nicht daran. Es tut mir Leid.«
    Oscar starrte ihn an.
    »Ich kann so nicht mehr weitermachen, Oscar. Ich will richtiges Essen, ich will ein festes Dach über dem Kopf. Ich kann nicht die Augen schließen und blind springen, das Risiko kann ich nicht eingehen. Ich habe einen Menschen zu

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