Brennendes Land
nicht verrückt. Er ist bloß ein beinharter, ehrgeiziger, brutaler Politiker, der in diesem gespaltenen Land Recht und Ordnung wiederherstellen will, selbst wenn das bedeutet, halb Europa in Brand zu stecken.«
Fontenot ließ sich das durch den Kopf gehen. Schließlich wandte er sich an Kevin. »Hey, Hamilton.«
»Ja, Sir?« sagte Kevin verblüfft.
»Lassen Sie nicht zu, dass dieser Bursche umgebracht wird.«
»Ich habe den Job nicht gewollt!« protestierte Kevin. »Er hat mir nicht gesagt, wie schwer es werden würde. Ehrlich! Wollen Sie wieder sein Bodyguard sein? Übernehmen Sie den verdammten Job.«
»Nein«, sagte Fontenot entschieden. Sie kletterten in das kleine Boot, drei Männer in einer Badewanne, und fuhren wieder ins Bayou hinaus.
»Er hat ein paar wichtige Dinge für uns getan«, sagte Fontenot. »Natürlich war es ihm vor allem um Huey zu tun. Huey stand auf Hueys Agenda immer ganz oben, das haben auch alle gewusst. Aber er hat so manches Gute für die Bevölkerung bewirkt. Seit er an der Regierung ist, hat sich mehr getan als in den vergangenen hundert Jahren. Er steht immer noch für die Zukunft.«
»Ja«, sagte Oscar, »Huey hat eine neue Ordnung errichtet – bloß ist sie nicht neu, und es ist auch keine Ordnung. Huey ist ein komischer Kauz. Er reißt Witze und heizt die Stimmung an, er schmeißt eine Runde und macht sich in der Öffentlichkeit lächerlich. Aber er hat alles: totale Kontrolle über die Legislative und die Jurisdiktion. Eine wild gewordene Braunhemdenmiliz. Sein eigenes Mediennetzwerk – sogar seine eigene Wirtschaft. Eine Blut-und-Boden-Idelogie. Geheime Verstecke voller Vergeltungswaffen. Huey kidnapped Leute. Er entführt ganze Bevölkerungsgruppen und lässt sie verschwinden. Ich nehme an, er handelt aus den lautersten Motiven, aber die Ziele zählen nicht, wenn man die Mittel einsetzt wie er. Und jetzt hat er sich eine seltsame Behandlung verpasst, die Menschen auf Dauer schizoid werden lässt! Besser kann es mit ihm nicht werden. Bloß noch schlimmer.«
Fontenot seufzte. »Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. Erzählen Sie niemandem, dass ich Sie hierher geführt habe. Ich will keine Presse. Meine armen Nachbarn dürfen nicht erfahren, dass ich den guten alten Huey verraten habe. Das will ich nicht. Ich bin hier zu Hause. Ich will hier sterben.«
Kevin ergriff das Wort. »Sie behaupten ständig, das hier sei die Zukunft. Weshalb wollen Sie dann sterben, alter Mann?«
Fontenot musterte ihn mit Nachsicht; er hatte dunkle Ringe unter den Augen. »Kid, jeder zieht sich zum Sterben in die Zukunft zurück. Denn dort wird der Job getan.«
Oscar schüttelte den Kopf. »Sie brauchen keine Schuldgefühle zu haben. Sie schulden Huey keine Loyalität.«
»Wir stehen alle in seiner Schuld, verdammt noch mal. Er hat uns gerettet. Er hat den Staat gerettet. Auf jeden Fall sollten wir ihm wegen der Moskitos dankbar sein.«
»Wegen der Moskitos? Welche Moskitos?«
»Es gibt keine mehr. Dabei befinden wir uns mitten in einem Sumpf. Aber wir werden nicht gestochen. Das ist Ihnen noch gar nicht aufgefallen, wie? Mir schon.«
»Und was ist mit den Moskitos passiert?«
»Vor Huey haben uns die Moskitos arg zugesetzt. Moskitos lieben die Treibhauszukunft. Als es immer wärmer und feuchter wurde, fielen sie in Schwärmen über uns her. Sie brachten Malaria, Denguefieber, Gehirnhautentzündung mit… Nach den großen Überschwemmungen des Mississippi quollen die Moskitos in diesem Bundesstaat aus jedem Graben. Das war eine wahre Plage, es gab Tote. Und Huey war gerade vereidigt worden. Er wollte sich einfach nicht damit abfinden, er sagte: unternehmt was, erledigt sie.‹ Er schickte diese Sprühlaster los. Keine Insektizide, kein Giftgas wie in der Vergangenheit – kein DDT, kein Gift. Das hat viel Schaden angerichtet – das funktioniert nicht, das weiß jeder. Huey aber hat es hingekriegt – er setzte nicht die Mücken unter Gas, sondern die Menschen. Und zwar mit Antikörpern. Eine Art Atemimpfung. Die Bewohner von Louisiana sind für die Moskitos mittlerweile giftig. Unser Blut ist praktisch tödlich für sie. Wird ein Cajun von einem Moskito gestochen, dann stirbt es auf der Stelle.«
»Raffiniert!« begeisterte sich Kevin. »Aber das bringt doch nicht alle Moskitos um, oder?«
»Nein, aber die Krankheiten sind gleich verschwunden. Weil sie sich nicht mehr von Mensch zu Mensch ausbreiten konnten. Und die Mücken sind auch weg. Huey hat nämlich auch die Tiere unter Gas
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