Brennendes Land
richtig hungern.«
»Das geht schon in Ordnung«, sagte Bambakias. »Das ist machbar. Wir haben jahrelang gehungert.«
Wie die meisten Einrichtungen der amerikanischen Regierung wurde auch das Buna National Collaboratory von einem zehnköpfigen Verwaltungsrat geleitet, dem Dr. Arno Felzian vorstand, der Direktor des Laboratoriums. Die Angehörigen des Verwaltungsrats leiteten jeweils eine der neun Abteilungen.
Aufgrund des Gesetzes zur Wahrung der Transparenz fanden die wöchentlichen Sitzungen öffentlich statt, ›öffentlich‹ bedeutete, dass die Sitzungen an eine Netzadresse übertragen wurden. Gleichwohl hatte auch die traditionelle Auffassung von Öffentlichkeit in Buna noch ihre Gültigkeit. Die Laborangestellten nahmen häufig persönlich an den Sitzungen teil, zumal wenn sie damit rechneten, dass irgendeinem Pechvogel der Kopf gewaschen würde.
Oscar hatte sich dafür entschieden, persönlich an allen Verwaltungsratssitzungen teilzunehmen. Er beabsichtigte nicht, sich formell vorzustellen oder sich in die Angelegenheiten des Verwaltungsrats einzumischen. Er nahm vor allem deshalb teil, um gesehen zu werden. Um sicherzustellen, dass seine Anwesenheit auch bemerkt wurde, brachte er den Netzadministrator Bob Argo und die Oppositionsrechercheurin Audrey Avizienis mit.
Der Versammlungsraum lag im ersten Stock des Medienzentrums, gegenüber einer Fußgängerbrücke, die vom Hauptverwaltungsgebäude herüberführte. Der Raum war 2030 für öffentliche Sitzungen errichtet und mit ansteigenden Sitzreihen, einer ordentlichen Akustik und jeder Menge Kameras ausgestattet worden.
Das Labor konnte jedoch auf eine wechselvolle Geschichte zurückblicken. Das Netzzentrum war während der heftigen internen Auseinandersetzungen im Jahre 2031 geplündert und teilweise niedergebrannt worden. Der zerstörte Versammlungsraum war während der darauf folgenden, von staatlichen Behörden durchgeführten Hexenjagd und der Finanzskandale ein wenig vernachlässigt worden. Im Jahre 2037, als das Labor die ständigen Finanzkrisen allmählich überwunden hatte, wurden einige Reparaturen durchgeführt, was die Funktionsfähigkeit teilweise wieder herstellte. Die Reparaturfirmen hatten die Brandstellen überkleistert und den Saal ein wenig aufgepeppt. Jetzt war der Raum ein Miniaturdschungel hübscher Topfpflanzen.
Die Bühne war voll funktionsfähig und mit schallschluckenden Wandplatten, Deckenscheinwerfern, einem Tisch in Standardausführung und Stühlen ausgestattet. Die automatischen Kameras funktionierten. Die Verwaltungsratsmitglieder kämpften sich lustlos durch die Tagesordnung. Im Moment ging es gerade um den Austausch der defekten Rohrleitungen in einer der Cafeterias. Der Leiter des Abteilung für Verträge & Beschaffung hatte das Wort. In klagendem Ton las er die Reparaturkosten von einer Liste ab.
»So schlimm habe ich es mir nicht vorgestellt«, flüsterte Argow.
Oscar justierte energisch den Bildschirm seines Laptops. »Bob, ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
»Das ist ja furchtbar.« Argow beachtete ihn nicht.
»Bevor ich herkam, war mir gar nicht bewusst, welchen Schaden wir angerichtet haben. Die menschliche Rasse, meine ich. Was wir der Welt alles zugefügt haben. Wenn man’s recht bedenkt, ist es ein einziger Horror. Wissen Sie, wie viele Tierarten in den vergangenen fünfzig Jahren ausgestorben sind? Das ist eine Katastrophe epischen Ausmaßes.«
Audrey beugte sich hinter Oscars Rücken vor. »Du hast versprochen, mit dem Trinken aufzuhören, Bob.«
»Ich bin so nüchtern wie ein Richter, du Ekel! Während du dir im Wohnheim die Nase am Bildschirm plattgedrückt hast, habe ich mich in den Parkanlagen umgesehen. Die Giraffen. Die gelben Krallenaffen. Alle ausgelöscht in einem Holocaust! Wir haben das Meer vergiftet, wir haben die Regenwälder niedergebrannt und in Ackerland verwandelt, und wir haben das Wetter durcheinander gebracht. Und das alles im Namen des modernen Lebens, hab ich Recht? Im Namen von acht Milliarden psychotischen Medienfreaks!«
»Also«, meinte Audrey eingeschnappt, »du bist gerade der Richtige, dich darüber zu ereifern.«
Argow zuckte theatralisch zurück. »Recht so! Reib mir’s unter die Nase! Also, ich weiß sehr gut, dass ich Teil des Problems bin. Ich habe mein Leben damit verschwendet, Netzwerke in Gang zu halten, während die Welt um mich her vor die Hunde ging. Und das gilt auch für dich, Audrey. Wir sind beide schuldig, aber im Unterschied zu dir habe ich die
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