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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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in Buna… Sechs Jahre an diesem Ort, man glaubt es kaum. Kein Wunder, dass sie so zappelig wirkt… Offenbar leitet sie die Ausrüstungsabteilung seit vier Monaten.«
    »Sie langweilt sich wirklich«, sagte Oscar. »Ihre Arbeit langweilt sie. Das ist sehr interessant. Notieren Sie das, Audrey.«
    »Wirklich?«
    »Ja. Gehen wir essen.«
     
    Oscar hatte einen Busausflug arrangiert, ein Picknick für einen Teil seiner Mannschaft. Dies diente dazu, die fadenscheinige Fiktion aufrecht zu erhalten, sie seien ›im Urlaub‹, außerdem befreite es sie vorübergehend aus dem dichten Überwachungsnetz und half ihnen, zumindest zeitweise den psychischen Druck der Laborkuppel abzulegen.
    Sie fuhren mit dem Wahlkampfbus zu einem Rastplatz nahe dem heruntergekommenen Nationalpark, der ›Große Wildnis‹ genannt wurde. Die Große Wildnis nahm ein erstaunlich großes Gebiet von Texas ein, das dem Ackerbau und der Besiedlung irgendwie entgangen war. Die Bezeichnung ›unberührte Wildnis‹ wäre nicht ganz zutreffend gewesen, denn die Klimaveränderungen hatten dem Park stark zugesetzt; für Besucher aus Massachusetts aber stellte das riesige Gebiet eine angenehme Abwechslung dar.
    Es war bedeckt und diesig, geradezu nasskalt, aber es war angenehm, überhaupt einem Wetter ausgesetzt zu sein. Der böige Wind, der im Wildnis-Park wehte, war nicht unbedingt als ›frische Luft‹ zu bezeichnen – die Luft im Osten von Texas war nicht annähernd so frisch wie die Kunstatmosphäre im Labor –, doch sie wies eine breite Palette von Gerüchen auf, den Duft einer Welt, die von einem Horizont umgeben war. Außerdem hatten die Ausflügler Fontenots großen transportablen Gasherd mitgebracht, um sich warm zu halten. Fontenot hatte den Herd gebraucht bei einer Cajun-Metzgerei in Mamou erstanden. Der Herd bestand aus zerlegten Ölfässern, verrußten Blechverkleidungen und Propangasbrennern mit Messingdüsen. Er sah aus, als sei er von betrunkenen Mardi-Gras-Typen zusammengesetzt worden.
    Es tat gut, fernab des Labors zu plaudern und ein paar Telefonate zu tätigen. Wanzen waren heutzutage billig – während Handys weniger kosteten als ein Sixpack Bier, waren Abhörvorrichtungen so billig wie Konfetti. Eine billige Wanze aber war bestimmt nicht in der Lage, Daten sechzig Meilen weit bis nach Buna zu übertragen. Und eine teure Wanze wäre Fontenots teuren Scannern nicht entgangen. Somit konnten sie sich ungestört unterhalten.
    »Also, was macht das neue Haus, Jules?«
    »Es wird, es wird«, antwortete Fontenot zufrieden. »Sie sollten mich mal besuchen kommen. Wir könnten eine Ausfahrt mit meinem nagelneuen Boot machen. Uns ein wenig amüsieren, wie in den guten alten Zeiten.«
    »Das wäre nett«, log Oscar taktvoll.
    Fontenot gab kleingehacktes Basilikum und Zwiebel in die Einbrenne, dann rührte er alles mit einem Schneebesen durcheinander. »Würde es Ihnen was ausmachen, mal die Kühlbox aufzumachen?«
    Oscar erhob sich von der Box und klappte sie auf. »Was brauchen Sie?«
    »Die Eischtern.«
    »Wie bitte?«
    »Aischtern.«
    » Was ?«
    »Er meint die Austern«, erklärte Negi Estabrook.
    »Ach so«, sagte Oscar. Er nahm einen eisgekühlten Beutel mit Muscheln aus der Box.
    »Das Ganze wird gemischt und ordentlich heiß gemacht,« wandte Fontenot sich in seinem breitesten und ausgesprochen herrischen Cajun-Dialekt an Negi. »Noch ein Klacks von der Pfeffersoße. Den kann die Suppe noch gut vertragen.«
    »Ich kann Suppe kochen, Jules«, verkündete Negi genervt. »Ich habe Ernährungswissenschaft studiert.«
    »Aber nicht die Cajun- Küche, Mädel.«
    »Cajun ist keine schwierige Küche«, meinte Negi geduldig. Negi war sechzig Jahre alt, und Fontenot war der Einzige in der Mannschaft, der es wagen durfte, sie ›Mädel‹ zu nennen. »Cajun ist im Grunde eine ganz altmodische französische Bauernküche. Mit viel zu viel Pfeffer. Und Schweineschmalz. Mit jeder Menge ungesundem Schweineschmalz.«
    Fontenot schnitt eine Grimasse. »Habt ihr das gehört? Sie macht das absichtlich, um mich in meinen Gefühlen zu verletzen.«
    Negi lachte. »Bestimmt nicht!«
    »Wissen Sie«, sagte Oscar, »ich hatte neulich eine gute Idee.«
    »Heraus mit der Sprache«, meinte Fontenot.
    »Unsere Unterbringung im Labor ist unerträglich. Und in Buna gibt es auch nichts Gescheites. Buna ist nicht mal eine richtige Stadt; nichts als Gewächshäuser, Blumenzüchter, schmutzige kleine Hotels, ein bisschen heruntergekommene Leichtindustrie. In Buna gibt

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