Brennendes Land
übernehme.«
»Selbstverständlich nicht, Senator! Wir hatten hier einen Notstand, Kriegszustand… Wissen Sie, das hat durchaus seine Kehrseite. Das ist nicht von Dauer, und es läuft nicht in geordneten Bahnen ab, aber das Ganze ist erstaunlich populär.«
Bambakias Miene hellte sich ein wenig auf. »Was Sie nicht sagen!«
»Die Menschen, die unter diesen Konstruktionen leben… das sind keine Architekturkritiker. Viele von ihnen haben jahrelang in keiner festen Unterkunft mehr gewohnt. Es beeindruckt sie wirklich, mit anzusehen, wie die Nomadenarchitektur bis ins äußerste Extrem gesteigert wird.«
»Das ist keine ›Nomadenarchitektur‹. Das ist Katastrophenhilfe im allergrößten Maßstab.«
»Das ist eine interessante Unterscheidung, Alcott, aber lassen Sie es mich so ausdrücken: es ist Nomadenarchitektur geworden.«
»Ich glaube, du solltest besser auf ihn hören, Schatz«, warf Lorena mit matter Stimme ein. »Oscar hat in derlei Dingen einen guten Instinkt.«
»O ja, Instinkt«, sagte Bambakias. »Instinkt ist wundervoll. Solange man nicht vorhat, allzu lange zu leben, reicht der Instinkt aus. Was glauben Sie, Oscar, wie lange das hier währen wird?«
»›Das hier‹?« wiederholte Oscar taktvoll.
»Was immer Sie hier geschaffen haben. Was ist das überhaupt? Eine politische Bewegung? Vielleicht ja auch bloß ein großes Straßenfest. Jedenfalls ist es keine Stadt.«
»Also… es ist schwer zu sagen, wohin das alles führen wird…«
»Vielleicht hätten Sie sich das vorher überlegen sollen«, sagte Bambakias. Das Thema ärgerte ihn offenbar, doch er fasste es als seine Pflicht auf, darüber zu sprechen. »Wissen Sie, ich bin ein hochrangiges Mitglied des Wissenschaftsausschusses. Es wird nicht leicht sein, meinen Kollegen in Washington diese Entwicklung zu erklären.«
»Ach, ich vermisse den Wissenschaftsausschuss täglich«, log Oscar.
»Wissen Sie, die Entwicklung hier erinnert mich an das Internet. An dieses alte Computernetzwerk, das von der amerikanischen Wissenschaftlergemeinde entwickelt wurde. Dabei ging es vor allem um ungehinderte Kommunikation. Ganz simpel und weit verteilt – es gab keine zentrale Kontrolle. In kurzer Zeit breitete es sich über die ganze Welt aus. Es entwickelte sich zur weltweit größten illegalen Kopiermaschine. Die Chinesen liebten das Internet, sie benutzten es und wendeten es gegen uns. Damit zerstörten sie unsere Informationswirtschaft. Nicht einmal das vermochte dem Netz zu schaden – stattdessen brachte es virtuelle Ableger hervor, all diese Nomaden- und Dissidentennetzwerke. Auf einmal konnten sie sich auf neue Art wirkungsvoll organisieren, und jetzt, da der Präsident sich auf ihre Seite schlägt… wer weiß? Verstehen Sie, was ich meine, Oscar? Können Sie das nachvollziehen?«
Oscar fühlte sich zunehmend unbehaglich. »Also, ich habe nie behauptet, dass das, was hier geschieht, etwas vollkommen Neues wäre. Das große Geheimnis der Kreativität besteht darin, seine Quellen zu verbergen.«
»Sie haben diese Idee von Huey gestohlen. Sie haben Hueys Kleider gestohlen, hab ich Recht?«
»Eine altehrwürdige Taktik, Alcott!«
»Oscar, Huey ist ein Diktator. Ein Hasardeur. Verstehe ich diese ›Prestigeökonomie‹ richtig? Anscheinend beruht sie vollkommen auf Instinkt. Ständig erweisen sie einander freiwillig kleine Gefallen. Und sie stufen einander auf dieser Grundlage ein. Irgendwann sticht jemand hervor und wird zum Stammesführer. Dann müssen sie tun, was er sagt.«
»Also… das ist kompliziert. Aber grundsätzlich funktioniert es so.«
»Sie passen einfach nicht zum Rest der amerikanischen Gesellschaft. Überhaupt nicht.«
»So war es auch gedacht.«
»Ich meine, sie sind einfach nicht in der Lage, mit dem Rest der Gesellschaft angemessen umzugehen. Sie verstehen nicht einmal, miteinander angemessen umzugehen. Sie haben kein Gesetz. Es gibt keine Verfassung. Keine Rechtsansprüche. Keine Bill of Rights. Abgesehen davon, dass sie uns meiden und uns einschüchtern, wissen sie nicht, wie sie mit uns umgehen sollen. Trifft ein Netzwerk auf ein anders strukturiertes, bekriegen sie sich. Sie bringen einander um.«
»Hin und wieder.«
»Und jetzt haben Sie diesen Leuten bewusst gemacht, dass sie ähnliche Interessen haben wie die wissenschaftliche Forschergemeinde. Die einen fordern für sich Freiheit der Forschung, die anderen das Ende der materiellen Not, und beide leugnen ihre Verantwortung für den Rest der Gesellschaft. Im
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