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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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größere Städte von See aus mit Leichtigkeit hätten verwüsten können, doch es war undenkbar, dass die Vereinigten Staaten Angehörige eines Staates auslöschte, der keinen organisierten militärischen Widerstand leistete.
    Somit entpuppte sich der heiße Krieg mit Holland nach all dem Pressegetöse als Scheinkrieg. Der Präsident hatte das Land wachgerüttelt, seine eigene Position gestärkt und den Notstand beendet. Er hatte aus seinen Privatprolos eine landesweite schlagkräftige Truppe von lauter Cellulose essenden Miniatur-Robespierres gemacht. Dies war eine eindrucksvolle Erfolgsbilanz, mehr, als man ihm zugetraut hatte. Gut unterrichtete Kreise glaubten zu wissen, dass der Krieg bald beendet sein würde.
    Die gut unterrichteten Kreise nahmen überraschenderweise die Gestalt Alcott Bambakias’ an. Der frischgebackene Senator aus Massachusetts wählte diesen Moment, um seinen lange geplanten Besuch des Buna National Collaboratory in die Tat umzusetzen.
    Der Geisteszustand des Senators hatte sich erheblich verbessert. Die verschiedenen neuralen Behandlungsmethoden waren endlich zu einem Bereich seines emotionalen Spektrums vorgedrungen, der es ihm erlaubte, sich einzurichten und zur Ruhe zu kommen. Er war jetzt ein vollkommen anderer Mensch. Der Senator hatte zugenommen und war gedämpfter und viel zynischer als zuvor. Seinen gegenwärtigen Gemütszustand beschrieb er als ›realistisch‹. Er nahm an Abstimmungen und an den meisten Ausschusssitzungen teil. Er hielt viel weniger Reden als zuvor, ließ sich auf viel weniger dramatische Kämpfe ein, verbrachte viel mehr Zeit im Gespräch mit Lobbyisten.
    Oscar übernahm es selbst, den Senator und Mrs. Bambakias in Buna umherzuführen. Sie benutzten eine gepanzerte Limousine. Jetzt, da der Hollandkrieg abflaute, war kaum damit zu rechnen, dass Huey noch weitere Farbbomben abschießen würde.
    Das Baufieber in Buna hatte dies allerdings nicht stoppen können. Im Gegenteil waren die Menschen nun des Vorwands enthoben, so zu tun, als schützten sie sich vor einem Gasangriff. Jetzt, da unablässig Tausende herbeiströmten, denen kostenlose Verpflegung, kostenlose Unterkunft und so viele Netzwerkdaten garantiert wurden, wie sie verarbeiten konnten, herrschte in der Stadt ein wahrer Bauboom. Eine Gruppe von Eiferern errichtete eine riesige Plastikkonstruktion, in Form und Größe dem Eiffelturm vergleichbar, die sie ›Leuchtfeuer der kosmischen Wahrheit‹ nannten. Andere Hobbyisten hatten smarte Geodätik und luftdichte Folien ins logische Extrem geführt und bauten Luftfahrzeuge. Dabei handelte es sich um riesige, von selbst expandierende luftdichte Blasen, und wenn die piezoelektrische Muskulatur richtig funktionierte, schwollen sie so weit an, dass sie die Erdoberfläche praktisch hinter sich ließen.
    Oscar vermochte seine Begeisterung für diese Wunder kaum zu bezähmen, und er spürte, dass Bambakias und Lorena ein wenig Aufmunterung vertragen konnten. Bambakias wirkte erholt – er war eindeutig bei klarem Verstand, vielleicht sogar geheilt –, von Lorena aber hatte der Stress dauerhaft Tribut gefordert. Sie hatte zugenommen, sie war schlaff geworden und wirkte eher konserviert als gut beieinander. An der Seite ihres Mann beschränkte sie sich auf knappe, intelligente Bemerkungen.
    Bambakias hatte den größten Gesprächsanteil, aber seine Rhetorik war nicht mehr so lebendig und überschwänglich wie früher.
    »Das Hotel war eine gute Idee«, sagte er. »Das haben Sie gut gemacht. In Anbetracht der hiesigen Beschränkungen.«
    »Oh, das Hotel macht uns Spaß. Meistens schlafe ich dort. Aber es ist nichts im Vergleich zu dem, was sich derzeit in der Stadt tut.«
    »Die machen es nicht richtig«, sagte Bambakias.
    »Na ja, das sind schließlich Amateure.«
    »Nein, die sind schlimmer als Amateure. Sie halten sich nicht ans Programm. Sie verwenden keine zertifizierten, getesteten Materialien. Diese ganzen Zelte und Pylone, die nie miteinander getestet wurden – viele davon werden einstürzen.«
    »Ja, sicher, Senator – aber sie brauchten nur ein paar Tage, um sie zu errichten! Wenn sie einstürzen, dann bauen sie eben neue.«
    »Sie erwarten doch wohl nicht von mir, dass ich dafür persönlich die Verantwortung übernehme. Ich habe Ihnen die Pläne geschickt, aber ich habe nicht geglaubt, dass sie umgesetzt würden. Wenn ich mein geistiges Eigentum wahllos hergebe, kann man nicht von mir erwarten, dass ich für die Umsetzung die Verantwortung

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