Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Pestizidvergiftung wurde allmählich bekannt. Viele Männer waren unfruchtbar. Daher boomte der Adoptionsmarkt. Der Markt für Fruchtbarkeitskliniken natürlich auch. Die Nachfrage war plötzlich riesig, und das wurde von allerlei unappetitlichen Leuten, von Quacksalbern, Profiteuren und Mitläufern ausgenutzt…«
    »Ich erinnere mich gut daran.«
    »Plötzlich gab es viele Offshore-Babyfarmen, Embryofarmen. Die Leute waren erfinderisch. Das war ein ziemlich gutes Thema für einen Actionfilm. Also schlüpfte mein Dad in die Rolle eines Law-and-Order-Guerillas. Er spielte einen knallharten Burschen mexikanischer Abstammung, der Abtreibungskliniken in die Luft jagt, von der Regierung angeheuert wird und schließlich im Auftrag des Geheimdienstes Embryofarmen zerstört…«
    Jedesmal, wenn er diese Geschichte erzählte, schwang sich seine Stimme zu einem hasserfüllten, winselnden Klageton empor. Und dies passierte auch jetzt, während die Wagenfenster allmählich beschlugen. Unbeabsichtigt ging er von seiner gewohnten schnellen Sprechweise zu etwas Extremerem über, einer Art von chronischem Geschnatter. Darauf musste er wirklich mal genauer achten. Er achtete darauf, er beobachtete sich, so gut er es vermochte, aber er konnte einfach nichts dagegen tun. »Ich will mich wirklich nicht weiter über den Film auslassen, aber ich musste ihn mir als Kind etwa vierhundertmal ansehen… Dazu die ganzen Schnellkopien und geschnittenen Szenen… Jedenfalls identifizierte Logan sich stark mit seiner Rolle, und er und seine dritte Frau hatten damals eine gute Beziehung, wie es mit Logans Ehen eben so ging. Und so verfiel er darauf, aus Gründen der persönlichen Entwicklung sowie als PR-Gag ein echtes Opfer einer richtigen Embryofabrik zu adoptieren.«
    Dr. Penninger hörte schweigend zu.
    »Und dieses Kind war ich. Die Eizelle, der ich entstamme, wurde auf dem Unfruchtbarkeitsschwarzmarkt verkauft und landete schließlich in einer kolumbianischen Embryofabrik. Die Fabrik gehörte der Mafia, das heißt, man kaufte oder stahl menschliche Eizellen, befruchtete sie und bot sie dann zu Schwarzmarktpreisen zur Implantation an. Doch es gab Qualitätsprobleme. Die gesundheitliche Probleme für die Kundinnen nach sich zogen. Ganz zu schweigen von den Gerichtsverfahren und ethischen Auseinandersetzungen, wenn mal jemand was ausplapperte. Also fingen die Gauner an, fertige Produkte in gemieteten Gebärmüttern herzustellen, um die Kinder nach der Geburt auf konventionellere Weise adoptieren zu lassen… Diese Geschäftsidee funktionierte aber auch nicht. Die Leihmütter waren einfach zu langsam, und es waren viele einheimische Frauen beteiligt, die sie verraten oder erpressen oder sich dagegen sträuben konnten, das Kind nach der Geburt abzugeben. Daher beschlossen sie, die Embryos in vitro zu züchten. Sie besorgten sich eine Reihe von Retorten, doch sie waren nicht besonders gut darin, denn zu dem Zeitpunkt hatten sie bereits das meiste Arbeitskapital verloren. Gleichwohl bekamen sie genug Klondaten aus Experimenten mit Säugetieren in die Hand, um einen ernsthaften Versuch mit menschlichen Zellen zu starten. Und so bin ich zur Welt gekommen.«
    »Ich verstehe.« Sie setzte sich gerade hin, legte die Hände auf den Lenker und holte tief Luft. »Bitte fahren Sie fort, das ist wirklich hochinteressant.«
    »Also, sie versuchten, mich und die anderen Produkte zu verkaufen, aber die Geschäftskosten waren einfach zu hoch, und die Fehlerrate war gewaltig, und dann brach auch noch der Markt zusammen, als sich herausstellte, dass sich die Spermaschäden der unfruchtbaren Männer billiger beheben ließen. Als das Testikelproblem behoben war, war die Luft aus dem Babymarkt raus. Ich war noch kein Jahr alt, als man sie an die Weltgesundheitsbehörde verpfiff, und dann stürmte eine europäische Blauhelmbrigade das Gelände und schloss die Anlage. Wir wurden alle konfisziert. Ich landete in Dänemark. Das sind meine frühesten Erinnerungen, dieses dänische Waisenhaus… Ein Waisenhaus mit angeschlossener Klinik.«
    Er hatte diese Geschichte schon viele Male erzählt, weit häufiger, als es ihm recht war. Mittlerweile konnte er sie herunterrasseln, doch gegen das damit einhergehende Grauen und das Lampenfieber kannte er noch immer kein Gegenmittel. »Die meisten Produkte schafften es einfach nicht. Man hatte uns bereits geschädigt, als wir retortenreif gemacht wurden. In Kopenhagen wurde ich einer Genanalyse unterzogen, und es stellte sich

Weitere Kostenlose Bücher