Brennendes Land
Genfragmentierungsklinik spazieren. Der Park grenzte an die Angestelltenwohnungen, daher hielten sich hier auch Kinder auf. Aufgrund des ständigen Geschreis konnte man sich hier unterhalten, ohne befürchten müssen, abgehört zu werden.
»Schicken Sie ihr keine Blumen mehr ins Wohnheim«, sagte Oscar. »Sie ist nie dort. Sie schläft so gut wie nie.«
»Wo soll ich sie dann hinschicken?«
»Ins Labor. Dort hält sie sich meistens auf. Und drücken wir ruhig ein wenig auf die Tube – Schluss mit den Stiefmütterchen und Zinnien. Nehmen wir lieber gleich Tuberosen.«
»Noch keine Tuberosen!« meinte Lana erschrocken.
»Sie wissen schon, was ich meine. Außerdem braucht sie etwas zu essen. Sie ernährt sich nicht richtig – das sehe ich. Und später kleiden wir sie neu ein. Aber da müssen wir uns erst heranarbeiten.«
»Aber wie sollen wir überhaupt an sie herankommen? Dr. Penninger arbeitet im Hochsicherheitstrakt«, sagte Lana. »Das ist Gefahrenzone 4, mit eigenen Schleusen. Und die Wände sind zweieinhalb Meter dick.«
Er zuckte die Achseln. »Tauchen Sie die Blumen in flüssigen Stickstoff. Schweißen Sie sie in Plastik ein. Was immer nötig ist.«
Seine Sekretärin stöhnte. »Oscar, was ist mit Ihnen? Haben Sie den Verstand verloren? Es kann Ihnen mit dieser Frau doch unmöglich ernst sein. Ich kenne Ihren Typ mittlerweile recht gut, und sie ist überhaupt nicht Ihr Typ. Außerdem habe ich mich ein wenig umgehört – Dr. Penninger ist niemandes Typ. Sie werden sich bloß eine Enttäuschung einhandeln.«
»Okay, vielleicht habe ich ja einen Narren an ihr gefressen.«
Lana litt sichtlich Qualen. Sie wollte nur das Beste für ihn. Sie war ziemlich humorlos, dafür aber sehr tüchtig. »Sie sollten das nicht tun. Das ist nicht klug. Sie sitzt im Verwaltungsrat, sie trägt hier Verantwortung. Und Sie gehören dem Überwachungsausschuss des Senats an. Das ist ein Interessenkonflikt.«
»Das ist mir egal.«
Lana wusste nicht mehr weiter. »Warum tun Sie das? Ich kann einfach nicht begreifen, wie Sie mit der Journalistin zusammenleben konnten. Sie hat über den Wahlkampf berichtet! Man hätte da einen großen Skandal draus machen können. Und davor diese verrückte Architektin… und davor dieser Nichtsnutz aus der Stadtverwaltung von Boston. Das ist ja schon zwanghaft.«
»Hören Sie, Lana, seit Sie mich kennen, wissen Sie auch, dass mein Liebesleben problematisch ist. Ich habe moralische Grundsätze. Ich weigere mich, mit jemandem aus dem Team etwas anzufangen. Verstehen Sie? Das wäre schlimm, das wäre sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, so etwas ähnliches wie Inzest. Aber hier stehe ich, und die Vergangenheit ist Vergangenheit. Greta Penninger hat hier Karriere gemacht, sie kennt sich hier richtig gut aus. Außerdem langweilt sie sich, und ich weiß, dass ich ihr nahe kommen kann. Wir haben eine Menge gemeinsam. Ich glaube, wir könnten einander helfen.«
»Ich geb’s auf! Männer werd ich nie verstehn. Sie wissen überhaupt nicht, was Sie wollen, hab ich Recht? Selbst wenn das Glück unmittelbar vor Ihnen stünde und um Ihre Aufmerksamkeit betteln würde, wüssten Sie nicht, was Sie damit anfangen sollten.«
Lana war zu weit gegangen. Oscar sammelte sich und blickte sie finster an. »Hören Sie, Lana, wenn Sie ein Glück für mich finden, das wirklich zu mir passt – ich betone, zu mir –, dann schreiben Sie mir ein Memo. Okay? Und in der Zwischenzeit regeln Sie das bitte mit den Blumen.«
»Also gut, ich werd’s versuchen«, sagte sie. »Ich werde mein Bestes tun.« Lana war jetzt wütend auf ihn, daher stolzierte sie in den Park davon. Da war nichts zu machen. Lana würde sich schon wieder fangen. Das tat sie immer. Der Umgang mit ihm lenkte sie von ihren eigenen Problemen ab. Oscar schlenderte weiter, pfiff ein wenig vor sich hin, betrachtete den durchbrochenen Himmel. Über der wohlriechenden Luftblase der Kuppel jagten harmlose graue Wolkenfetzen dahin. Er warf den Hut hoch, den er in der Hand hielt, und fing ihn an der scharfen, tadellosen Krempe auf. Seine Aussichten hellten sich allmählich wieder auf. Er machte einen Bogen um eine Ansammlung seltener Azaleen, um einer schlummernden Antilope auszuweichen.
Diesen Laborpark hatte er zu seinem persönlichen Büro erkoren. Den Bus benutzte er nicht mehr, denn es war davon auszugehen, dass man sich große Mühe geben würde, ihn zu verwanzen. Außerdem würden sie den Bus sowieso bald in Boston abliefern müssen. Das ging schon in
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