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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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jemals zu erklettern. Die Sichel der Sterblichkeit würde ihn treffen und nichts zurücklassen als leere Kleidungsstücke.
    Erschüttert kehrte er raschen Schritts zum gemieteten Strandhaus zurück. Greta erwartete ihn. Sie trug eine graue Kapuzenjacke und hatte eine Reisetasche dabei.
    Oscar eilte ihr entgegen. »Hallo! Tut mir leid! Haben Sie mich verpasst?«
    »Bin gerade erst angekommen. Es gab Straßenblockaden. Ich konnte Sie nicht anrufen.«
    »Das macht doch nichts! Kommen Sie rein, drinnen ist es warm.«
    Er geleitete sie die Treppe hoch und durch die Tür. Greta blickte sich skeptisch um. »Es ist heiß hier drinnen.«
    »Ich bin sehr froh, dass Sie gekommen sind.« Er freute sich wie wahnsinnig, sie zu sehen. Beinahe wären ihm die Tränen gekommen. Er zog sich in die scheußliche Kochnische zurück und schenkte sich aus dem Hahn ein Glas rostrotes Wasser ein. Er trank einen Schluck, fasste sich wieder. »Möchten Sie etwas trinken?«
    »Ich wollte bloß…« Greta seufzte und nahm mit unfehlbarer Sicherheit auf dem hässlichsten Möbelstück des Raumes Platz, einem Klappstuhl mit Segeltuchbezug. »Ach, schon gut.«
    »Sie haben nicht zu Mittag gegessen. Kann ich Ihren Mantel haben?«
    »Eigentlich wollte ich gar nicht kommen. Aber ich will aufrichtig sein…«
    Oscar setzte sich in der Nähe des Ofens auf den Boden und zog einen Schuh aus. »Wie ich sehe, sind Sie aufgeregt.« Er zog den anderen Schuh aus und schlug die Beine übereinander. »Das macht nichts, ich verstehe das sehr gut. Es war eine weite, schwierige Fahrt, unsere Situation ist schwierig. Ich freue mich einfach, dass Sie gekommen sind, das ist alles. Es macht mich glücklich, Sie zu sehen. Sehr glücklich. Ich bin gerührt.«
    Sie schwieg und musterte ihn wachsam.
    »Greta, Sie wissen, dass ich Sie gern habe. Nicht wahr? Das ist mein Ernst. Wir beide harmonieren miteinander. Ich weiß nicht genau warum, aber ich will es herausfinden. Ich möchte, dass Sie froh darüber sind, hergekommen zu sein. Wir sind endlich mal allein, das ist ein großes Privileg für uns, nicht wahr? Lassen Sie uns über alles sprechen, die Karten auf den Tisch legen. Lassen Sie uns gute Freunde sein.«
    Sie hatte Parfüm angelegt. Sie hatte eine Reisetasche dabei. Sie hatte vorübergehend kalte Füße bekommen, doch ansonsten sah alles gut aus.
    »Ich möchte Sie verstehen, Greta. Ich kann Sie verstehen, wissen Sie. Ich glaube, ich verstehe Sie schon ein wenig. Sie sind eine sehr kluge Frau, viel klüger als die meisten Menschen, aber Sie sind auch scharfsichtig und sensibel. Sie haben viel erreicht in Ihrem Leben, aber es steht Ihnen niemand zur Seite. Ich weiß, dass es so ist. Und das ist traurig. Wenn Sie mich lassen, werde ich Ihnen zur Seite stehen.« Er senkte die Stimme. »Ich kann Ihnen nicht die üblichen Versprechungen machen, weil wir keine gewöhnlichen Leute sind. Aber wir würden großartige Freunde sein. Vielleicht sogar ein Liebespaar. Warum nicht? Die Chancen stehen gegen uns, aber deswegen ist es noch lange nicht aussichtslos.«
    Es war sehr still. Er hätte an Musik denken sollen.
    »Ich glaube, Sie brauchen jemanden. Sie brauchen jemanden, der Verständnis für Ihre Interessen hat, einen Fürsprecher. Die Menschen schätzen Sie nicht um Ihrer Taten willen. Die Menschen benutzen Sie für ihre eigenen kleinmütigen Zwecke. Sie sind sehr tapfer und hingebungsvoll, aber Sie müssen sich aus Ihrem Panzer befreien. Sie können sich nicht andauernd zurücknehmen und höflich sein. Sie können sich nicht ständig diesen Dummköpfen anpassen, die sind nicht würdig, den Saum ihrer Schuhe zu küssen. Den Saum Ihres Gewandes. Ihres Laborkittels, meine ich.« Er atmete stockend ein. »Sagen Sie mir einfach, was Sie brauchen.«
    »Ich habe mich in Ihnen getäuscht«, sagte sie. »Ich dachte, Sie würden über mich herfallen.«
    »Nein, natürlich werde ich nicht über Sie herfallen.« Er lächelte.
    »Hören Sie auf zu lächeln. Sie halten mich für naiv, nicht wahr? Ich bin nicht naiv. Hören Sie mir zu. Ich habe einen Körper, ich habe Hormone. Ich bin ein sexueller Mensch. Hören Sie, ich habe mich dort unter diesen Kameras zu Tode gelangweilt, ich war unruhig, ich wurde allmählich wahnsinnig, und dann tauchen Sie auf. Sie tauchen auf und wollen etwas von mir.«
    Sie erhob sich. »Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, werde ich Ihnen sagen, was ich so dringend brauche. Ich brauche einen Mann, der kaltblütig und frei verfügbar ist, der nicht viel

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