Brennendes Land
beim Präsidenten und seiner Geliebten.«
Sie hob die Brauen. »Leonard Two Feathers hat eine Geliebte?«
»Nein, nein, der doch nicht! Ich meine den alten Knacker, der offiziell noch immer im Amt ist. Er hatte eine Freundin – Pamela Sowieso, der Nachname tut nichts zur Sache… Sie wird solange warten, bis er nicht mehr im Amt ist. Dann lässt sie sich das Enthüllungsbuch, das Parfüm, die Reizwäsche und die ganzen anderen Nebenrechte lizensieren… In dieser Währung wird sie bezahlt.«
»Und was hält die First Lady davon?«
»Ich glaube, sie denkt so darüber wie alle First Ladies. Sie hat geglaubt, sie würde mitregieren, und dann musste sie vier lange Jahre lang zusehen, wie die Notstandsausschüsse ihren Mann in aller Öffentlichkeit in die Enge trieben und aufspießten wie einen Frosch. Das ist die wahre Tragödie. Weißt du, politisch konnte ich mit dem Mann nichts anfangen, aber das alles mit anzusehen, war quälend für mich. Als er das Amt übernahm, wirkte der alte Bursche ganz in Ordnung. Er war zweiundachtzig, aber in der Partei der amerikanischen Einheit sind alle alt, der ganze rechtsprogressive Block ist überaltert… Das Amt hat ihn zerbrochen, so ist das. Es hat ihm in der Öffentlichkeit die alten Knochen gebrochen. Ich schätze, man hätte ihn wegen seiner Geliebten, diesem Uraltthema, outen können, aber der Präsident hatte auch so schon genug Probleme, da war es völlig unnötig, sein Sexleben zu ruinieren.«
»Davon habe ich nichts gewusst.«
»Die Leute wussten Bescheid. Irgendjemand weiß immer Bescheid. Die Mitarbeiter. Der Secret Service. Das heißt aber nicht, dass man sie dazu bringen kann, die Sache auch publik zu machen. Netzwerke sind ein ganz besonderer Fall. Sie sind niemals einheitlich und uniform, sondern stets unberechenbar. Es gibt bestimmt irgendwelche Halunken, die Videomaterial über den Präsidenten und Pamela haben. Vielleicht tauschen sie’s ja gegen ein paar Paparazzi-Fotos von Hollywoodstars ein. Das ist bedeutungslos. Mein Vater, der Filmschauspieler, wurde ständig geoutet, aber stets wegen irgendwelcher idiotischer Kleinigkeiten – einmal wurde er geoutet, weil er einen Typ im Poloclub niedergeschlagen hatte, aber niemals wegen seiner Mauscheleien mit Gangstern. Verrückte, die Zeit haben, können im Netz eine Menge seltsamer Dinge in Erfahrung bringen. Aber egal, wie viel sie erfahren, sie bleiben doch immer bloße Verrückte. Das sind keine Spieler, die zählen einfach nicht.«
»Und ich bin auch keine Spielerin und zähle deshalb nicht.«
»Das solltest du nicht so ernst nehmen. Keiner von euch hat jemals gezählt. Senator Dougal war euer Spieler. Euer Spieler ist jetzt nicht mehr da, das heißt, ihr habt das Spielbrett nicht besetzt. Das ist die politische Realität.«
»Ich verstehe.«
»Aber du kannst wählen. Du bist eine Staatsbürgerin. Du hast eine Stimme. Das ist wichtig.«
»Ja.«
Sie lachten.
Sie aßen Consommé. Dann brachte der Ober das Hauptgericht.
»Riecht herrlich«, sagte Oscar. »Wo ist mein Hummerlätzchen? Die Zange? Oder der Hammer?« Er betrachtete sein Gericht eingehender. »Warte mal. Was stimmt mit meinem Hummer nicht?«
»Das ist deine Écrevisse.«
»Was ist das eigentlich?«
»Ein Flusskrebs.«
»Was ist mit den Zangen? Der Schwanz sieht so eigenartig aus.«
»Das ist eine Züchtung. Natürliche Flusskrebse sind bloß sieben Zentimeter lang. Man hat sie genetisch verändert. Das ist eine hiesige Spezialität.«
Oscar starrte das gekochte Krustentier inmitten der Beilage aus gelbem Reis an. Das Gericht war ein riesiger genetischer Mutant. Die Proportionen stimmten einfach nicht. Er wusste nicht, was er davon halten sollte. Er hatte schon zahlreiche gentechnisch veränderte Nahrungsmittel verspeist: Maiskörner vom halben Durchmesser seines Arms. Extradicke Zucchinis, schmackhaften Brocco-Blumenkohl, kernlose Äpfel, alles mögliche ohne Kerne… Das hier aber war ein genmanipuliertes Tier, das man bei lebendigem Leib gekocht und in einem Stück serviert hatte. Es wirkte bizarr, vollkommen unwirklich. Es ähnelte einem hummerförmigen Luftballon.
»Riecht herrlich«, wiederholte er.
Gretas Handy klingelte.
»Können wir denn nicht in Ruhe essen?« sagte Oscar.
Sie schluckte einen Mund voll essiggesättigten Hühnersalat. »Ich schalte das Handy ab«, sagte sie.
Oscar stupste versuchsweise eines der zahlreichen Hilfsbeine des Krebses an. Das gekochte Bein brach säuberlich wie ein Zweig ab, sodass man einen
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