Brennendes Land
braucht freie Hand ! Nehmen wir mal an, Sie beschäftigen sich mit… mit der Blockade der Aufnahme von Methylspiropedirol durch die Dopaminrezeptoren der adrenergen Nerven außerhalb des Streifenhügels. Mag für einen Laien komisch klingen, macht aber den Unterschied zwischen geistiger Gesundheit und Schizophrenie aus. Ich möchte den gewählten Politiker sehen, der die Worte auch nur aussprechen kann! Aber das ist schwer im Kommen. Erst digital… dann biologisch… und jetzt kognitiv. Das ist sonnenklar. Sie glauben, wir sitzen hier in Akadien herum, die einzigen amerikanischen Einwanderer, die jemals einer ethnischen Säuberung unterworfen wurden, und schauen zu, wie ein Haufen großkopferter Fachidioten versucht, uns AUSZUBOOTEN? Uns verdammt noch mal AUSZUBOOTEN? Ins Auge geschissen, Schwester!«
»Mit Bewusstseinsforschung habe ich nichts zu tun, Etienne. Ich bin bloß Neuraltechnikerin.«
»Sie haben den Nobelpreis für Ihre Entdeckung der zellulären Grundlagen der Wahrnehmung bekommen, und Sie wollen behaupten, Sie beschäftigten sich nicht mit dem Bewusstsein?«
»Ich befasse mich mit Neuronen und Zellen der Neuroglia. Nicht aber mit dem Bewusstsein. Das ist kein wissenschaftlicher Begriff. Das ist Metaphysik.«
»Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Das ist doch keine Metaphysik, wenn es vor Ihnen auf dem Tisch sitzt und einen Apfel im Mund hat. Hören Sie, wir kennen einander schon eine ganze Weile. Sie kennen doch den alten Huey, nicht wahr? Sie sind Hueys Freund, Sie können alles von ihm haben. Was immer Sie sich wünschen!«
»Ich will bloß in meinem Labor arbeiten.«
»Eben! Her mit den Spektrografen! Was wollen Sie haben, luftdichte Arbeitsbedingungen? In einer Meile Tiefe haben wir Schwefel- und Salzminen, Höhlen, die größer sind als das Stadtzentrum von Baton Rouge. Machen Sie dort unten, was Sie wollen! Versiegeln Sie hinter sich die Türen. Wissenschaft, die unerforschte Grenze, Schätzchen! Etwas Besseres kann Ihnen niemand bieten! Unterschreiben Sie nie wieder ein Gutachten zur Bewertung der Folgen! Forschen und veröffentlichen Sie, mehr verlange ich gar nicht! Forschen und veröffentlichen Sie einfach.«
Oscar und Greta kehrten um vier Uhr morgens zum Strandhaus zurück. Von der Veranda aus schauten sie zu, wie die Scheinwerfer der aus sechs Wagen bestehenden Polizeieskorte kehrtmachten und in der Dunkelheit verschwanden.
Das von Fontenot alarmierte Team hatte das Haus in der Zwischenzeit sorgfältig bewacht. Niemand hatte es betreten und durchsucht. Das immerhin war ein Trost. »Unglaublich, dass die Leute ihm die Hände geküsst haben«, sagte Oscar.
»Es waren bloß drei.«
»Sie haben ihm die Hände geküsst! Sie haben geweint und ihm die Hände geküsst!«
»Er hat für die Einheimischen einiges zum Besseren gewendet«, meinte Greta gähnend. »Er hat ihnen wieder Hoffnung gemacht.« Sie ging mit der Reisetasche ins Bad und schloss hinter sich die Tür.
Oscar betrat die Kochnische. Er öffnete den Kühlschrank. Seine Hände zitterten. Huey hatte ihn nicht geknackt. Er hatte nicht die Beherrschung verloren, doch er war entsetzt über Hueys Reaktionsschnelligkeit und den unerwarteten Preis, den er dafür hatte entrichten müssen, dass er im Einflussbereich des Gouverneurs leichtsinnig ein Risiko eingegangen war. Geistesabwesend nahm er einen Apfel aus dem Kühlschrank. Dann ging er ins Wohnzimmer und nahm in dem scheußlichen Lehnstuhl Platz. Gleich darauf stand er wieder auf. »Es wimmelte nur so vor bewaffneten Idioten, und die Leute haben ihm die Hände geküsst!«
»Der Gouverneur braucht Bodyguards, er lebt gefährlich«, sagte Greta hinter der Badezimmertür. »Oscar, weshalb hat er dich als ›Seifenvertreter‹ bezeichnet?«
»Ach, das. Das war die erste Firma, für die ich gearbeitet habe. Eine Biotech-Firma. Wir haben Emulgatoren für Geschirrspülmittel hergestellt. Die Leute machen sich oft falsche Vorstellungen. Sie glauben, Biotech müsse immer etwas Besonderes sein. Seife aber ist ein gängiger Konsumartikel. Wenn man die Herstellungskosten um fünf Prozent senken kann, rennen einem die Firmenaufkäufer die Türen ein…« Er verstummte. Greta putzte sich die Zähne, hörte gar nicht zu.
Als sie aus dem Bad kam, trug sie ein Nachthemd aus weißem Flanell. Es reichte ihr bis auf die Knöchel und hatte eine kleine pastellfarbene Schleife am Ausschnitt. Sie nahm einen kompakten Luftfilter aus der Reisetasche.
»Allergien?« fragte
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