Brennendes Land
gut? Außerdem besteht hier kaum ein Risiko. Es brauchte schon eine größere Geheimdienstaktion, um uns in diesem Nest aufzuspüren. In einem beliebigen Restaurant bin ich hier viel sicherer als in Washington oder Boston. Das ist unsere einzige gemeinsame Nacht. Lass uns tapfer sein. Wagen wir es, glücklich zu sein.«
Sie zogen sich an, traten ins Freie und stiegen in den Wagen. Greta startete ihn mit einem Metallschlüssel. Der Motor grollte unangenehm. Dann klingelte Gretas Handy.
»Geh nicht ran«, sagte Oscar.
Sie hörte nicht auf ihn. »Ja?« Sie lauschte, dann reichte sie das Handy Oscar. »Für dich.«
Fontenot war dran. »Was, zum Teufel, machen Sie da?«
»Sie sind noch wach? Wir fahren essen.«
»Natürlich bin ich wach! Ich war in dem Moment wach, als Sie das Haus verlassen haben. Sie können nicht aus Holly Beach raus, Oscar.«
»Hören Sie, es ist mitten in der Nacht, niemand weiß, wo wir sind, wir sitzen in einem Mietwagen und suchen uns wahllos eine Stadt aus.«
»Sie wollen essen? Wir bringen Ihnen was. Und wenn Sie von irgendeinem Dorfsheriff angehalten werden? Dann wird Ihr Name ins Polizeinetz eingespeist. Glauben Sie, es wäre lustig, wenn sich ein Yankee mit Green Huey anlegt? Wachen Sie auf, Mann.«
»Sollte das geschehen, beschwere ich mich bei der amerikanischen Botschaft.«
»Sehr komisch. Nehmen Sie Vernunft an, okay? Ich habe das mit Holly Beach arrangiert, und leicht war es nicht. Wenn Sie jetzt ausscheren, kann ich die Verantwortung nicht übernehmen.«
»Fahr los«, wandte Oscar sich an Greta. »Jules, ich schätze Ihre Professionalität. Das tue ich wirklich, aber es muss sein, und für Diskussionen bleibt keine Zeit.«
»Na schön«, knurrte Fontenot. »Fahren Sie auf dem Highway nach Osten, ich hänge mich an Sie dran.«
Oscar unterbrach die Verbindung und reichte Greta das Handy zurück. »Hattest du schon mal einen Bodyguard?«
Sie nickte. »Einmal. Nachdem bekannt geworden war, dass ich den Nobelpreis bekommen sollte. Zusammen mit Danny Yearwood. Als die Neuigkeit heraus war, bekam Danny ständig Drohungen von den Tierrechtlern… Mich hat damals niemand bedroht, das war typisch. Alle stürzten sich auf Danny. Wir teilten uns den Nobelpreis, aber ich machte die ganze Laborarbeit… Während der Pressekonferenz wurden wir bewacht, aber die Typen warteten einfach ab. Später fielen sie vor dem Hotel über Danny her und brachen ihm beide Arme.«
»Ach.«
»Ich dachte immer, die Gegner der Experimente mit Fötalgewebe wären die wahren Verrückten. Die Tierrechtler brachen meistens bloß in Labors ein und befreiten die Tiere.«
Sie blickte wachsam in den Scheinwerferkegel hinaus, das Lenkrad mit beiden Händen umklammernd. »Danny war sehr großzügig, was die Urheberschaft anging. Er setzte meinen Namen bei der Veröffentlichung an die erste Stelle – es war meine Arbeitshypothese, ich erledigte die Laborarbeit, also war das nur gerecht, aber er war wirklich ein Engel. Er hat unermüdlich für mich gekämpft, er ließ nicht zu, dass man mich überging. Er hat sich nach Kräften darum bemüht, dass meine Arbeit anerkannt wird, und dann fielen sie über ihn her und schlugen ihn zusammen, und mich haben sie überhaupt nicht beachtet. Seine Frau hasste mich bis aufs Blut dafür.«
»Was macht Dr. Yearwood jetzt? Wie kann ich ihn erreichen?«
»Ach, der ist ausgestiegen. Er hat der Wissenschaft den Rücken gekehrt und ist jetzt im Bankgeschäft.«
»Du machst Witze. Er ist im Bankgeschäft? Er hat den Nobelpreis für Medizin bekommen.«
»Ach, seit dem schwedischen Bestechungsskandal zählt der Nobelpreis nicht mehr so viel… Einige Leute meinen, Danny und ich, eine Frau in den Zwanzigern, hätten den Preis vor allem deshalb bekommen, weil die ihre weiße Weste demonstrieren wollten. Mir ist es egal, ich arbeite einfach gern im Labor. Es gefällt mir, die Hypothese einzukreisen. Ich mag die ganze Vorgehensweise, das Formale daran. Ich mag die Strenge und die Integrität. Ich hab’s gern Schwarz auf Weiß, klipp und klar formuliert. Das ist Wissen. Wissen für die Ewigkeit.«
»Du liebst deine Arbeit wirklich, Greta. Meine Hochachtung.«
»Es ist sehr schwer. Wenn man berühmt wird, kann man einfach nicht mehr in Ruhe arbeiten. Man steigt in der Hierarchie auf, man wird aus dem Labor hinausbefördert, es gibt zahllose dumme Ablenkungen. Auf einmal geht es gar nicht mehr um Forschung. Es geht nur noch darum, dass die Kinder der Postdocs zu essen haben. Das
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