Brennendes Land
weißen Fleischrand sah.
»Zier dich doch nicht so«, meinte sie, »wir sind hier in Louisiana, okay? Steck dir den Kopf in den Mund und saug den Saft heraus.«
Die Musik brach unvermittelt ab, mitten im Satz. Oscar schaute hoch. Im Eingang standen einige Polizisten.
Es waren Polizisten des Bundesstaates, Männer mit flachkrempigen Hüten, Kopfhörern und Pistolen im Halfter. Sie drängten ins Restaurant. Oscar blickte rasch zu Fontenot hinüber, der mit verärgerter Miene diskret auf sein Handy tippte.
»Verzeihung«, sagte Oscar, »dürfte ich mir mal dein Handy borgen?«
Er schaltete Gretas Handy wieder ein und durchlief die erstaunlich komplizierte Anmeldeprozedur. Die Cops hatten sich im mittlerweile verstummten Publikum verteilt und sämtliche Ausgänge besetzt. Hinter der Bar standen Cops, ein Cop stand beim Küchenchef, andere Cops verschwanden lautlos in der Küche, vier Cops stiegen die Treppe hoch. Cops mit Laptops, Cops mit Videokameras. Drei Cops unterhielten sich mit dem Geschäftsführer.
Dann ertönte das Tuckern eines Helikopters, der auf der Straße landete. Als der Rotorenlärm verstummte, schrien plötzlich alle. Die darauf folgende Stille war sehr eindrucksvoll.
Zwei Kleiderschränke von Bodyguards in Zivilkleidung betraten das Restaurant, gefolgt von einem kleinen, rotgesichtigen Mann in Hausschuhen und purpurrotem Pyjama.
Der rotgesichtige Mann stürmte ins Restaurant, schlitterte auf den Pantoffeln über die Bodenfliesen. »HALLO ALLERSEITS!« Seine Stimme dröhnte wie eine Kesselpauke. »ICH bin’s!« Er schwenkte die Arme, wobei sich die Pyjamajacke öffnete und einen behaarten Bauch enthüllte. »Bitte entschuldigt die Störung! Was sein muss, muss sein! Entspannt euch! Alles unter Kontrolle!«
»Hallo, Gouverneur!« rief jemand. »Hey, Huey!« schrie ein anderer Gast, als hätte er sich ein Leben lang nach dieser Gelegenheit gesehnt. Die Gäste grinsten plötzlich, wechselten erfreute Blicke, rückten die Stühle zurück, strahlten. Sie hatten wirklich Glück. In ihr tristes kleines Leben war ein wenig Farbe eingekehrt.
»Dann wollen wir mal sehen, was die Jungs in der Küche zu bieten haben!« kreischte der Gouverneur. »Wir werden heute Abend richtig gut für euch sorgen, Leute! Das Essen geht auf meine Kosten! Klaro? Boozoo, du kümmerst dich drum! Auf der Stelle.«
»Yessir«, sagte Boozoo, einer der Bodyguards.
»Einen KAFFEE!« dröhnte Huey. Er war klein, hatte aber die Schultern eines Footballspielers. »Einen doppelten Kaffee! Es ist spät, also tut einen ordentlichen Schuss rein. Eine Mokkatasse. Ach was, eine gottverdammte richtige Tasse. Bringt mir jemand gleich zwei Tassen? Oder soll ich die ganze Nacht warten? Verdammt noch mal, riecht’s hier gut! Amüsiert ihr euch auch gut, Leute?«
Die Gäste johlten.
»Beachtet mich gar nicht!« brüllte Huey und zog beiläufig die Pyjamahose hoch. »Hab in Baton Rouge nichts Anständiges gekriegt, da musste ich herfliegen, um was gegen meinen knurrenden Magen zu unternehmen.« Er stapfte zielsicher ins Restaurant und näherte sich wie ein Schlachtschiff Oscars Tisch. Vor Oscar und Greta blieb er unvermittelt stehen, mit zuckenden Händen, die Stirn mit Schweißperlen besetzt. »Clifton, einen Stuhl.«
»Yessir«, sagte der zweite Bodyguard. Clifton riss einen Stuhl hoch, als schnappe er sich eine Baguette, und schob ihn seinem Boss energisch unter das Gesäß.
Jetzt waren sie zu dritt. Aus der Nähe ähnelte das Gesicht des Gouverneurs einem Vollmond; aufgedunsen, leuchtend und voller kleiner Krater. »Hallo, Etienne«, sagte Greta.
»Hallo, petite ! « Zu Oscars Verdruss begannen sie sogleich eine Unterhaltung. Ihr Französisch war gespickt mit Idiomen.
Oscar sah zu Fontenot hinüber. In Fontenots Blick lag eine zweibändige Lektion in umsichtigem Verhalten. Oscar schaute wieder weg.
Ein Ober kam mit dem Kaffee angetrabt. Der Kaffee wurde serviert in einem hohen Glas, mit Schlagsahne und einem Schuss Bourbon. »Ich sterbe vor Hunger«, verkündete Huey mit gedämpfterer, weniger an die Öffentlichkeit gewandter Stimme. »Einen netten Schlammkäfer haben Sie da, mein Sohn.«
Oscar nickte.
»Ich liebe Schlammkäfer«, sagte Huey. »Geben Sie mir mal die Buttersoße.« Er krempelte sich die Pyjamaärmel hoch, streckte seine Schaufelhände aus und drehte den Schwanz des Krebses unter lautem Knacken ab. Er bog den Schwanz, stülpte das weiße, dampfende Fleisch nach außen. »C’est bon, mein Sohn!« Er stopfte sich
Weitere Kostenlose Bücher