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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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den Krebsschwanz in den Mund, grub die Zähne hinein und zerrte am Fleisch. »Das ist wirklich GUT! So sollte ich die Bostoner Hummer zerreißen! Her mit der Speisekarte. Mein Yankee-Freund, der Seifenvertreter hier, will was bestellen. Der Küchenchef soll sich warm anziehen.«
    Ihr Tisch war mittlerweile umringt von Obern. Sie drängten sich durch die Reihen der Polizisten, brachten Wasser, Sahne, Servietten, Butter, warmes Brot, Schälchen mit kalter Soße. Sie brannten darauf, Huey zu bedienen, machten sich gegenseitig die Ehre streitig. Einer reichte Oscar die Speisekarte.
    »Bringen Sie dem Mann einen Reiseintopf«, kommandierte Huey und schnipste die Karte mit seinen dicken roten Fingern weg. »Bringen Sie ihm zwei Shrimp-Jambalayas. Große, gute Shrimps. Wir brauchen hier ein paar Riesenshrimps, der Kinderstar wirkt reichlich mager. Mädchen, du musst was Richtiges essen, nicht bloß Salat. Hühnersalat allein nährt eine Frau nicht. Sagen Sie doch mal, Oscar. Ein Mann muss essen, stimmt’s?«
    »Stimmt, Gouverneur.«
    »Ihr Freund isst nicht ! « Huey zerdrückte die rote Zange des Krebses zwischen den Daumen. »Mr. Bombast. Mr. Architekt. Sowas geht mir auf den Geist! Wenn ich bloß an ihn und seine hübsche Frau denke, wie sie da oben im Norden ihren gottverdammten Apfelsaft nuckeln. Das raubt mir nachts den Schlaf!«
    »Tut mir leid zu hören, dass Ihnen das Sorgen bereitet, Exzellenz.«
    »Sagen Sie Ihrem Freund, er soll nicht so viel grübeln. Sie werden nicht erleben, dass ich Leib und Leben vernachlässige, bloß weil der kleine Mann in Boston nicht zu Potte kommt. Yankees wie Sie haben wir ständig hier unten. Sie finden Geschmack am süßen Leben, und dann denken sie nicht mehr daran, im Trüben zu fischen. Hungrige Jungs brauchen Aufheiterung.«
    »Er wird essen, wenn Ihre Soldaten essen, Sir.«
    Huey starrte ihn an, mutwillig kauend. »Also, Sie können ihm von mir ausrichten – und zwar heute noch –, dass ich sein kleines Problem beheben werde. Ich verstehe seinen Standpunkt. Hab’s kapiert. Er kann die gottverdammten Kameras und seinen Apfelsaft für sich behalten, denn ich werde ihm einen Gefallen tun. Ich werde vorausschauende Maßnahmen ergreifen, um die infrastrukturellen Probleme dieses Herrn zu beheben.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass der Senator Ihre Botschaft erhält, Sir.«
    »Sie glauben wohl, ich mache Witze, Mr. Valparaiso? Sie glauben, ich scherze mit Ihnen?«
    »Das würde mir niemals einfallen, Exzellenz.«
    »Das ist gut. Das ist sehr gut. Wissen Sie was? Ich mochte die Filme Ihres Vaters.« Huey blickte sich über die Schulter um. »WO BLEIBT DIE MUSIK?« blaffte er. »Sind die Musiker etwa BESOFFEN? Die Band soll spielen!«
    Die Musiker nahmen eilig ihre Plätze ein und stimmten ein Menuett an. Der Gouverneur trank schlürfend einen Schluck Kaffee, dann machte er sich wieder über den Riesenkrebs her. Er riss beide Zangen ab und verzehrte das Fleisch, dann saugte er mit allen Anzeichen von Genugtuung den scharf gewürzten Saft aus dem Kopf.
    Die Ober servierten Teller mit Cajun-Spezialitäten. Oscar begutachtete das dampfende Festmahl. Er hatte nur selten so wenig Appetit gehabt.
    »Was ist mit dir, Schätzchen?« fragte Huey unvermittelt. »Du bist so schweigsam heute.«
    Greta schüttelte den Kopf.
    »Du solltest wissen, was dieser Seifenvertreter vorhat, nicht wahr? Dougal ist aus dem Rennen, die Demokraten sind drin, jetzt muss das Geld woanders herkommen. Was meinen Sie? Ein hübsches kleines Labor an der Route 128? Das wär doch was.«
    »Er macht nicht viele Versprechungen«, murmelte Greta.
    »Das sollte er auch nicht, denn er kann den Bostoner Zaster nicht verteilen. Ich habe zwei Jungs im Senat, die ihm endlos zusetzen werden. Ich habe das gottverdammte Laboratorium gebaut ! Ich ! Ich weiß, was es wert ist. In Baton Rouge verabschieden wir im Geldbeschaffungsausschuss einfach ein neues Gesetz. Eine große Erweiterung fürs ›Bio Bayou‹. Vielleicht wird mein Labor nicht so groß wie Ihres, aber es braucht auch nicht groß zu sein, wenn man nicht alle möglichen raffgierigen Bakterienjockeys in sämtlichen fünfzig Staaten durchfüttern muss. Ich kenne den verdammten Unterschied zwischen Hirnforschung und diesen Hurensöhnen, die Grashüpfer katalogisieren. Das wissen Sie doch, oder?«
    »Ja, das weiß ich, Etienne.«
    »Es ist eine himmelschreiende Schande, dass Sie die Förderanträge in fünffacher Ausfertigung ausfüllen müssen. Eine Frau wie Sie

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