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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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eine Besprechung geht, dann wird man das Ganze nicht ernst nehmen. Dann kommen wir zu keinen Ergebnissen.«
    »Auch bei einer Besprechung kann man zu Ergebnissen kommen.«
    »Aber ich will keine Besprechung. Wenn wir unverbindlich fachsimpeln wollten, könnten wir das auch bei ein paar trockenen Martinis tun.«
    Die Tür ging auf. Drei Männer und eine Frau traten in den Raum. »Das ist Mr. Nakamura«, sagte Chris erleichtert. »Der kann Ihnen bestimmt weiterhelfen.«
    Nakamura blieb stehen, las vierzig Sekunden lang den Bildschirm seiner Sekretärin ab, machte sich über Oscars Identität und seine Akte kundig. Dann trat er mit ausgestreckter Hand energisch vor. »Schön, dass Sie wieder da sind, Oscar! Wie war die Rückreise?«
    »Angenehm.«
    »Wo ist Ihr Team?« Nakamura blickte sich in dem schwarz verkohlten Raum um. »Keine Mitarbeiter?«
    »Ich habe einen sicheren Tourenbus. Deshalb habe ich mein Team dort zurückgelassen und mich absetzen lassen.«
    Nakamura blickte seine beiden Bodyguards an, die den Raum mit kleinen Handscannern nach Abhörvorrichtungen absuchten.
    »Ein sicherer Tourenbus. Ich wünschte, Sie hätten mich angerufen. Dann wäre ich mit Ihnen mitgefahren und hätte nicht diese beiden Schläger anheuern müssen.«
    Oscar fühlte sich durch diese offenkundige Lüge geschmeichelt. »Es wäre mir eine Freude gewesen, Sir.«
    »Ich bin ein altmodischer Mensch«, erklärte Nakamura. »Der Kongress bezahlt mich, deshalb komme ich gern zur Arbeit.« Nakamura war der dienstälteste Stabsangehörige. Er hatte eine erstaunliche Anzahl von Säuberungen, Skandalen und Senatsumwälzungen überlebt – selbst wiederholte Feldzüge und Head-Hunting-Attacken seitens der Notstandsausschüsse.
    Nakamura gehörte dem Rechten Traditionsblock an und war Mitglied bei den Wirtschaftsliberalen. Die WiLis hatten einen Wähleranteil von zwölf Prozent, mehr als ihre Juniorpartner, die Christlich Demokratische Union und die Antifeministische Frauenpartei. Oscar hielt die Politik der WiLis für grundlegend falsch, doch zumindest waren sie konsequent in ihren Fehlern. Die WiLis waren Spieler.
    Nakamura berührte Oscar an der Schulter, ein politisches Abtasten. »Ich bin gespannt auf Ihren Bericht über das Labor in Buna, Oscar. Sie waren dort bestimmt sehr fleißig.«
    »Wir leben in schwierigen Zeiten, Sir.«
    »Ein Grund mehr, während der Übergangszeit der neuen Administration auf Stabilität zu achten.«
    »Ich bin völlig Ihrer Meinung«, konterte Oscar. »Kontinuität und eine starke Hand bei der Verwaltung des Laboratoriums wären gegenwärtig ausgesprochen hilfreich. Umsicht. Keine übereilten Schritte.«
    Nakamura nickte reflexhaft, dann runzelte er die Stirn. Oscar fürchtete bereits, er habe den Bogen überspannt. In den Datenbanken waren öffentliche Auftritte Nakamuras aus zwanzig Jahren gespeichert. Oscar hatte sich die Mühe gemacht, seine Sprachmuster analysieren, bewerten und ordnen zu lassen. Nakamura verwendete besonders gern die Begriffe ›Umsicht‹ und ›Kontinuität‹ in Verbindung mit ›hilfreich‹ und ›eine starke Hand‹, mit neuerdings stark ansteigender Tendenz. Nakamura verbal zu imitieren war ein billiger Netz-Trick, doch wie die meisten solcher Tricks funktionierte er zumeist.
    Acht weitere Personen betraten den Raum. Es handelte sich um die Ausschussangehörigen Namuth und Mulnier mit einem Gefolge von sechs Mitarbeitern, die Pizzas, Kaffee und Falafel dabei hatten. Der appetitanregende Duft des Fastfood verdrängte den Brandgeruch.
    Nakamura nahm dankbar ein Pita-Sandwich entgegen. Jetzt, da sich der scheußliche Raum mit bekannten Gesichtern gefüllt hatte, fühlte sich der leitende Angestellte sichtlich wohler. »Namuth und Mulnier sind in Ordnung«, murmelte er. »Angestellte, die sich die Mühe machen, persönlich an einer Besprechung teilzunehmen… die sind meistens in Ordnung.«
    »Eine Frage, Sir – ist das nun eine Besprechung oder eine Sitzung?«
    Nakamura kaute und schluckte mit gequälter Miene. »Nun, bei einer richtigen Sitzung müssten selbstverständlich Vertreter der gesetzgebenden Körperschaft anwesend sein. Oder zumindest deren leitende Mitarbeiter, die Stabschefs beispielsweise. Dann gibt es da noch die Ausschuss treffen und die Anhörungen des Ausschusses und der Unterausschüsse, im Allgemeinen in Anwesenheit vereidigter Zeugen und aller Beteiligten… Der Trend geht in der modernen Legislative jedenfalls dahin, die Gesetzentwürfe und die Ausarbeitung des

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