Brennendes Wasser
benötigte die Stadt dringend Wasser.
Die nächstgelegene große Bezugsquelle für Süßwasser war das verträumte kleine Owens Valley, rund dreihundert Kilometer nördlich von hier. Stillschweigend schickte die Stadt ein paar Leute dorthin, um die Wasserrechte aufzukaufen. Als die Bewohner des Tals erkannten, was dort vor sich ging, war es bereits zu spät, um noch etwas dagegen zu unternehmen. Ihr Wasser war auf dem Weg nach Los Angeles.«
»Und was ist aus dem Owens Valley geworden?«
»Es wurde komplett trockengelegt.« Er stieß ein verächtliches Lachen aus. »Der Großteil des von den Steuerzahlern gekauften Wassers wurde ins San Fernando Valley geleitet, nicht in die Stadt. Eine Gruppe hiesiger Geschäftsleute hatte dort billig Land erworben. Mit dem Wasser schossen die Grundstückspreise in ungeahnte Höhen, und die Spekulanten verdienten Millionen.
Der Mann, der den ganzen Coup eingefädelt hatte, hieß William Mulholland.«
»Interessant. Welche Bedeutung hat die Mulholland Group für Gogstad?«
»Gogstad ist aus der Mulholland Group hervorgegangen. Jetzt ist die Gruppe nur noch eine Tochtergesellschaft des Konzerns und für die technische Umsetzung bestimmter Wasserbauprojekte zuständig.«
»Was genau macht Gogstad?«
»Anfangs hat man Beteiligungen an Pipeline-, Energie- und Baufirmen erworben. Später kamen dann Finanzdienstleistungen, Versicherungen und Medienanteile hinzu. Während der letzten paar Jahre stand hauptsächlich ein ganz bestimmtes Produkt im Mittelpunkt des Interesses: blaues Gold.«
»Ich kenne bloß Gelbgold und Weißgold.«
Cohen hob den Becher an, der vor ihm auf dem Tisch stand.
»Damit ist Wasser gemeint?«
»Ja.« Randy hielt das Glas ins Licht, als enthielte es edlen Wein. Dann trank er einen großen Schluck. »Wasser ist schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern eine Handelsware, die teurer als Erdöl sein kann. Gogstad ist der beherrschende Faktor des weltweiten Wassergeschäfts. Der Konzern hält Mehrheitsanteile an Versorgungsunternehmen in hundertfünfzig Ländern auf sechs Kontinenten und verteilt Wasser an mehr als zweihundert Millionen Menschen. Sein vorerst größter Streich war die Übernahme der Wasserverteilung des Colorado River, deren Privatisierung kürzlich per Gesetz beschlossen wurde.«
»Ich habe irgendwas darüber gelesen. Erzähl mir mehr davon.«
»Der Colorado River ist die Hauptversorgungsader für den Wasserbedarf der westlichen und südwestlichen Staaten. Bislang stand das System stets unter Aufsicht der Regierung, und all die großen Dämme und Staubecken wurden in Zusammenarbeit mit den Staaten und Gemeinden errichtet. Jetzt hat die öffentliche Hand nichts mehr damit zu tun; an ihre Stelle sind private Firmen getreten.«
»Eine Privatisierung ist heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr. Mittlerweile werden sogar Gefängnisse privat geleitet.
Wieso nicht auch die Wasserversorgung?«
»Genau mit diesem Argument hat man das Gesetz letztlich durchgedrückt. Die Staaten streiten schon seit Jahren um die Wasserrechte und haben bereits Unsummen für Gerichtsverfahren ausgegeben. Die Befürworter sagten, eine Privatisierung würde dem ein Ende bereiten und zu einer wesentlich effizienteren Wasserverteilung führen. Zudem läge die finanzielle Last der notwendigen Verbesserungen auf den Schultern der Investoren, nicht denen der Steuerzahler. Den entscheidenden Ausschlag gab die gegenwärtige Dürreperiode. Den Städten geht langsam das Wasser aus, und die Leute haben Angst.«
»Und wo kommt Gogstad ins Spiel?«
»Das Gesetz sah vor, die Verteilung des Colorado River in die Hände mehrerer eigenständiger Firmen zu legen, die das Projekt gemeinschaftlich betreuen sollten.«
»Damit alle ein Stück vom Kuchen abbekommen.«
»So war es gedacht. Leider gehört insgeheim jede dieser Firmen in Wirklichkeit zu Gogstad.«
»Demnach kontrolliert Gogstad den gesamten Colorado River?«
Randy nickte. »Der Konzern hat das in kleinerem Maßstab schon mehrfach vorexerziert. Es gibt Verträge zur Gewinnung von Gletscherwasser in Alaska. Auch in Kanada, dem Ort der meisten bedeutenden Quellen Nordamerikas, ist Gogstad vertreten und hat sich den Großteil des Wassers in British Columbia gesichert. Nicht mehr lange, und auch die Großen Seen gehören ihnen.«
Zavala stieß einen leisen Pfiff aus. »Das ist zwar beängstigend, aber es passt zum heutigen Trend der Globalisierung, wo immer mehr Wirtschaftskraft in immer weniger Händen
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