Brennendes Wasser
morgen von Walspeck und Walrosssteaks ernähren muss.«
»In dem Fall nehme ich Ihre Einladung natürlich gern an. Wäre neunzehn Uhr Ihnen recht?«
»Sehr sogar. Bis dahin habe ich noch jede Menge Zeit, um unsere Reise nach Alaska in die Wege zu leiten.«
»Dann also bis nachher. Wie Sie wissen, wohne ich bei den Trouts. Koreanisch wäre prima.«
Austin verabschiedete sich von Francesca in der Lobby des NUMA-Gebäudes, in der aus dem Zentrum des seegrünen Bodens ein riesiger Globus aufragte. Die Halle war in der Form eines Atriums angelegt und wurde von mehreren Wasserfällen und Aquarien eingerahmt, in denen sich exotische und farbenprächtige Meerespflanzen und -tiere tummelten. Dann kehrte Kurt in sein Büro im dritten Stock zurück, unterrichtete Zavala per Telefon von dem Treffen mit Sandecker und arrangierte den Transport für die Reise.
Francesca wartete bereits auf ihn, als er beim Haus der Trouts in Georgetown eintraf, um sie abzuholen. Er plauderte lange genug mit Paul und Gamay, um nicht unhöflich zu erscheinen, und fuhr dann zu seinem bevorzugten koreanischen Restaurant in Alexandria, das sich hinter einer unscheinbaren Fassade verbarg.
Austin empfahl seinem Gast,
belogi
zu bestellen, dünne marinierte Fleischstreifen, die auf einer heißen Platte direkt am Tisch zubereitet wurden. Normalerweise war das eines seiner Lieblingsgerichte, doch diesmal kam er kaum dazu, das Essen zu genießen, so sehr war er von Francesca gefesselt. Sie trug ein schlichtes, verwaschenes Jeanskleid, dessen hellblaue Farbe ihren dunklen Teint und ihr langes, volles Haar, in dem sich das Sonnenlicht gefangen zu haben schien, besonders vorteilhaft zur Geltung brachte. Es fiel Kurt schwer, das Bild dieser kultivierten und schönen Frau, die an dem unkomplizierten Vergnügen eines geschmackvollen Mahls sichtlich Gefallen fand, mit der Geschichte in Einklang zu bringen, die er über ihre Herrschaft als weiße Göttin über primitive Indios gehört hatte. Sie wirkte entspannt und völlig gelöst, doch sogar während Austin gemeinsam mit ihr darüber lachte, wie ungeschickt sie mit den Essstäbchen hantierte, konnte er sich nicht von dem Gefühl befreien, das er bei ihrem ersten Zusammentreffen verspürt hatte. Die Zeit im Dschungel hatte Spuren bei ihr hinterlassen, trotz des zivilisierten Anscheins, den Francesca nunmehr erweckte. Er sah es ihren katzenhaft graziösen Bewegungen an und auch dem wachsamen Blick ihrer dunklen Augen. Austin fühlte sich von dieser Eigenschaft gleichsam fasziniert und angezogen, und er schwor sich, nach dem Ende seiner Mission möglichst viel Zeit mit Francesca zu verbringen.
Umso schwerer fiel es ihm, sich schon relativ früh an diesem Abend wieder von ihr zu verabschieden. Es gebe vor der Abreise nach Alaska noch viel zu erledigen, erklärte er. Als er Francesca vor dem Haus der Trouts absetzte, fragte er, ob sie nach seiner Rückkehr erneut mit ihm ausgehen würde.
»Danke, sehr gern sogar«, sagte sie. »Ich habe vor, eine Zeit lang in Washington zu bleiben, und hoffe, dass wir uns unterdessen etwas besser kennen lernen können.«
»Bis dann also«, sagte Austin. »Zeit und Ort werden noch bekannt gegeben.«
Sie lächelte und hauchte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. »Einverstanden.«
29
Dank Sandeckers Unterstützung konnte Austin problemlos einen NUMA-Jet organisieren. Mit achthundert Kilometern pro Stunde raste die türkisfarbene Cessna Citation Ultra in Richtung Anchorage, nachdem sie zuvor in Sah Lake City einen Tankstopp eingelegt hatte. Der Flug dauerte die ganze Nacht, und als sie ihr Zwischenziel erreichten, fielen soeben die ersten rosigen Sonnenstrahlen auf die Gipfel der Chugach Mountains am Rande von Alaskas größter Stadt, die manche der Einheimischen Los Anchorage nannten. Nach nur wenigen Minuten stiegen sie wieder auf und hielten auf Nome zu, den Endpunkt ihrer Reise.
Kurz nach dem Start des NUMA-Jets in Anchorage kehrte Zavala mit zwei dampfenden Kaffeebechern aus der Bordküche zurück. Austin studierte eine alte Karte, die auf dem Klapptisch zwischen den Sitzen lag. Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf ein faustförmiges Stück Land, dessen »Knöchel« in Richtung der früheren UdSSR wiesen, die nur wenige Meilen entfernt auf der anderen Seite der Beringstraße lag.
Joe nahm Kurt gegenüber Platz, nippte an seinem Kaffee und blickte aus dem Fenster auf die gewaltige Landmasse, die unter ihnen lag. Zwischen den vereinzelten Zirruswolken waren
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