Brennendes Wasser
»Wir haben alles Menschenmögliche zur Geheimhaltung getan, aber eine Operation dieser Größe und Dauer konnte einfach nicht auf ewig unbemerkt bleiben. Unsere Fassade beginnt zu bröckeln.
Es war nur eine Frage der Zeit, und so bin ich nicht überrascht, sondern sehe uns lediglich zu größerer Eile genötigt.«
»Soll das heißen, Sie beschleunigen den Ablauf nur wegen der NUMA?«
»Nein. Aber das Blatt hat sich plötzlich zu unseren Gunsten gewendet.«
Ein deutscher Bankier namens Heimmler schaltete sich ein.
»Ein solch dramatischer Fortschritt kann nur eine Ursache haben«, sagte er und wirkte dabei wie eine Boa constrictor, der ein lebendes Kaninchen dargeboten wurde. »Sie haben die Cabral-Methode perfektioniert.«
Brynhild wartete, bis die allgemeine Unruhe sich wieder gelegt hatte. »Noch besser«, erklärte sie triumphierend. »Dr. Cabral persönlich vervollkommnet den Prozess für uns.«
»
Cabral
«, sagte der Deutsche. »Ich habe in der Zeitung gelesen, sie sei noch am Leben, aber…«
»Am Leben und bei bester Gesundheit. Sie hat eingewilligt, mit Gogstad zusammenzuarbeiten, da nur wir über Anasazium verfügen. Gegenwärtig befindet sie sich in unserem Laboratorium und bereitet eine Demonstration vor. Nicht mehr lange, und Sie werden das Wunder mit eigenen Augen betrachten können.
Ich habe vor unserer Sitzung mit Dr. Cabral gesprochen. Sie sagte, sie würde in etwa einer Stunde fertig sein. In der Zwischenzeit sind Sie herzlich eingeladen, im Speisesaal einige Erfrischungen zu sich zu nehmen. Ich muss mich jetzt um die Transportvorbereitungen kümmern. Wir sehen uns nachher.«
Während die Direktoren aus der großen Halle strömten, ging Brynhild zum Vordereingang des Anwesens. Vor der geräumigen Terrasse standen mehrere dunkelgrüne Limousinen geparkt.
Neben jedem der Wagen hielten sich ein Fahrer und ein bewaffneter Posten zur Verfügung.
»Ist alles bereit?«, fragte sie den Wachmann neben dem vordersten Fahrzeug.
»Ja, Ma’am, wir können die Gäste jetzt jederzeit zum Zielort bringen.«
Die unterirdische Bahn stellte die schnellste Verbindung zum Labor dar, doch sie war vor allem für kleine Technikergruppen gedacht. Der Transport einer großen Anzahl von Personen, beispielsweise der Direktoren des Konzerns, ließ sich mit herkömmlichen Fahrzeugen einfacher bewerkstelligen. Brynhild überließ nichts dem Zufall. Sie stieg in den ersten Wagen ein und befahl dem Fahrer, sie zum See zu bringen. Wenige Minuten später hielt die Limousine an der Kante des Steilufers direkt am Wasser. Brynhild stieg eine kurze Treppe zum Pier hinab und betrat das Bootshaus. Das Gebäude diente als Tarnung für die Aufzüge zum Labor. Sie ging an dem schnellen eiförmigen Lift vorbei und betrat den großen Lastenaufzug. Kurz darauf eilte sie auf das Zentrum der Halle zu. In dem gewölbten Gebäude herrschte eine spürbar aufgeregte Stimmung.
Francesca arbeitete an der Kontrolltafel. »Ich wollte Sie gerade anrufen«, sagte sie, als sie Brynhild bemerkte. »Wir sind früher fertig geworden als erwartet.«
»Sind Sie absolut sicher, dass alles funktionieren wird?«
»Falls Sie möchten, können wir jetzt gleich einen ersten Test durchführen.«
Brynhild dachte kurz darüber nach. »Nein«, sagte sie dann.
»Ich kann es kaum abwarten, die Gesichter der Männer zu sehen, wenn sie das Gelingen unseres Verfahrens beobachten.«
Francesca ignorierte die Tatsache, dass Brynhild die Methode kurzerhand als gemeinsame Erfindung deklariert hatte. »Ich bin sicher, die Leute werden überrascht sein.«
Brynhild nahm ein kleines Funkgerät vom Gürtel und befahl ihren Untergebenen, die Direktoren nunmehr zum Labor zu transportieren. Keine halbe Stunde später waren alle Anwesenden um den Zentralbehälter versammelt. Brynhild kündigte Francesca an. Als die hübsche Brasilianerin vortrat, wurde bewunderndes Raunen laut. Sie lächelte den Männern in die umbarmherzigen Gesichter und dachte gleichzeitig, wie sehr sie doch hungrigen Reptilien glichen, die an einem Wasserloch auf Beute lauerten. Francesca hatte nicht vergessen, dass sie die Jahre im Regenwald der Macht- und Geldgier dieser Leute zu verdanken hatte. Während sie bei den Chulo lebte und auf Rettung hoffte, hätten durch ihre Erfindung vermutlich viele Millionen Menschen vor dem Verdursten gerettet werden können.
Noch nie hatte Francesca so viel Böses an einem Ort versammelt gesehen, doch sie konnte ihren Ekel gut verbergen. »Ich weiß nicht, wer
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