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Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)

Titel: Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Armbruster
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In der Nacht vom 28. auf den 29. September 2012 wurde der historische Basar, weltgrößtes überdachtes altes Marktviertel und Teil des UNESCO-Welterbes, durch ein Großfeuer weitgehend zerstört.
    ■ Inzwischen haben Rebellenbrigaden die Altstadt besetzt. Es wird nach wie vor in dem Labyrinth des Basars gekämpft, genauso wie in der historischen Altstadt.
    Zusammengestellt nach Wikipedia und anderen Quellen
    Aleppo ist eine Stadt in Auflösung, eine Stadt ohne Regierung und ohne Verwaltung. Kein Strom, kein Gas, kein Benzin, und wenn es davon etwas gibt, dann ist es für die meisten Menschen unerschwinglich. Fladenbrot, das Grundnahrungsmittel aller, kostet das Fünffache, eine Flasche Kochgas ist sogar zehnmal teurer als vor dem Krieg. Menschen verschulden sich, wohl wissend, dass sie das Geld nicht zurückzahlen können. Irgendwie müssen sie aber ihre Kinder ernähren, sagen sie.
    »Wir nehmen von jedem«, sagen sie. Nicht als Entschuldigung, eher als Anklage.
    Diebstähle nehmen zu, gelegentlich auch Überfälle, selbst Entführungen gehören immer häufiger zur Tagesordnung. Wer Geld hat oder auch nur im Verdacht steht welches zu haben, lebt in der Gefahr, verschleppt zu werden. Die Entführer erpressen dann die Familie des Opfers. Das Lösegeld zu bezahlen ist aber keine Garantie, dass diese Familie ihren Angehörigen wieder zurückbekommt.
    Aleppo – eine Stadt, die sich selbst zerlegt, in den Assadteil und den Rebellenteil. Aber auch den haben die verschiedenen Rebellenmilizen unter sich aufgeteilt, und jede verteidigt ihren Stadtteil verbissen nicht nur gegen die Angriffe der Assadtruppen. Immer wieder kommt es auch zu Schießereien zwischen ideologisch verfeindeten Rebellenbrigaden. Zwischen diesen selten klar erkennbaren Frontlinien versuchen Menschen zu überleben, die mit den Kriegsparteien am liebsten nichts zu tun hätten. Dieses Chaos haben die Islamisten als Chance erkannt und versuchen den Menschen so etwas wie das Gefühl von Ordnung zu vermitteln, eine Ordnung nach den Vorschriften des Korans, eine Scharia-Ordnung. Fünf Scharia-Gerichte gab es bei unserem Besuch in der Stadt. Zu einem dieser Gerichte führte uns Anwar.
    Abu Amar hieße er, sagt er, wahrscheinlich ist es aber sein Kampfname. Filmen lassen will er sich nicht:
    »Ich habe Familie auf der anderen Seite.«
    Bleiben wir bei Abu Amar, dem Mann mit dem schwarzen Kinnbart und einem Gewand aus feinem schwarzen Tuch, der pluderigen Hose und dem Überkleid, das traditionsbewusste Religiöse gerne tragen. Er ist der Chef dieses Scharia-Gerichts, ein freundlicher Mann, der sich Zeit nimmt, den westlichen Journalisten lächelnd das Regelwerk der syrischen Neuzeit zu erklären, ein bekennender Salafist, wie er selbst zugibt. Spricht er also in Aleppo Recht wie zur Zeit des Propheten Mohamed mit dem gesamten Repertoire harter Körperstrafen? Schließlich wollen die Salafisten zur Ordnung jener Zeit zurückkehren.
    »Nein«, beruhigt er uns nachsichtig »in Kriegszeiten könne man nicht die ganze volle Härte des Gesetztes anwenden. Man muss Verständnis für die Menschen aufbringen und Nachsicht üben.«
    Außerdem versucht das Gericht, Ordnung in das zivile Leben zu bringen. Es registriert Geburten und Sterben, es stellt Eigentumsurkunden aus und entscheidet in Streitfällen um Boden. Es ist mehr Schiedsstelle und Schlichtungsinstanz als Gericht, sucht Kompromisse, um Alltagskonflikte nicht eskalieren zu lassen. Die Bürger sollen Vertrauen entwickeln in die neue Verwaltung.
    »Zum ersten Mal müssen Syrer den Richter nicht bestechen, um Recht zu bekommen«, berichtet Abu Amar stolz, »zum ersten Mal hören Richter überhaupt zu.« Syrer, die wir in den Gängen des Gerichtsgebäudes befragen, bestätigen dies:
    »Früher mussten wir die Richter bestechen, heute bekommen wir Entscheidungen, ohne dass wir dafür bezahlen müssen.«
    »Wir nennen uns auch nicht Gericht, sondern Legal Comittee, weil wir noch kein richtiges Gerichtsgebäude haben. Dieses Gebäude war nur ein Kulturzentrum«, erklärt Abu Amar etwas abfällig, als könne Recht nicht genauso gut in einem ehemaligen Kulturzentrum gesprochen werden.
    Auch verfügt das Gebäude über alles, was ein Gericht braucht, Gerichtssäle, Richter, Wächter, Archiv, sogar über ein eigenes Gefängnis.
    »Und was ist mit der Sharia nach einem Sturz von Assad?« Natürlich interessiert uns diese Frage.
    »Dann kann es gut sein, dass wir die Sharia in ganz Syrien für alle Menschen einführen, so

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