Brennpunkt Nahost: Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens (German Edition)
westlichen Journalisten und Geschäftsleuten, außerdem für die verheerenden Bombenanschläge 1983 gegen die amerikanische Botschaft mit dreiundsechzig Toten. Bei einem weiteren Selbstmordanschlag starben wenige Monate später 243 Marineinfanteristen. Der ihm ebenfalls zugeschriebene Anschlag gegen das israelische Hauptquartier in Tyrus im November 1983 führte zum Teilrückzug Israels aus dem Libanon.
Die Invasion Israels in den Libanon war also die Geburtsstunde ihres größten Feindes, der Hisbollah, Israel demzufolge unfreiwilliger Geburtshelfer dieser Miliz. Die achtziger Jahre waren auch der Beginn des Zweckbündnisses zwischen dem schiitisch-revolutionären Iran und dem säkular ausgerichteten Syrien des Hafiz al-Assad, das auch heute noch, 30 Jahre später, Bestand hat und nach wie vor die Sicherheit Israels bedroht. Die gemeinsamen schiitischen Wurzeln der beiden Länder haben bei dieser Allianz nur eine sehr untergeordnete Rolle gespielt, wichtiger waren die gemeinsamen Interessen: da war einmal die erbitterte Rivalität zwischen Syrien und dem Irak Saddam Husseins um die Vorherrschaft in der arabischen Welt, die erst mit dem Sturz des irakischen Diktators 2003 endete. Für den Iran war Syrien daher ein idealer Verbündeter, da er selber einen acht Jahre dauernden Krieg gegen den Irak (1980 – 1988) führen mußte. Dann aber vor allem die Feindschaft der beiden Länder mit Israel, die Kontrolle des Libanon mit der Grenze zum Erzfeind und die Unterstützung der Hisbollah als Waffe gegen dieses »zionistische Gebilde«, wie Israel von seinen Gegnern oft genannt wird, um einer zumindest sprachlichen Anerkennung dieses Staates auszuweichen.
Die ohne Rücksicht auf das eigene Leben kämpfenden Krieger der Hisbollah errangen schnell große Anerkennung, Respekt und Ruhm in der arabischen Welt, waren sie doch die einzigen, die kompromisslos gegen die israelischen Invasoren und Besatzer des Südlibanons Widerstand leisteten. Die Hisbollah ist eine der wenigen Organisationen, die auch von Sunniten respektiert wurden, obwohl sie schiitisch ist. Erst seit sie sich öffentlich auf die Seite Assads geschlagen hat, sinkt auch ihr Ansehen bei den arabischen Sunniten.
Moskaus Syrien-Kalkül
Russland lehnt es ab, Druck auf Präsident Assad auszuüben, um ihn zum Rücktritt zu bewegen. Prinzipiell lehnt Moskau einen von außen gesteuerten Regimewechsel grundsätzlich strikt ab.
Dort versteht man den arabischen Frühling als einen Aufstand der Islamisten, die zur Gefahr für die Sicherheit Russlands werden können, wenn sich die Aufstände radikalisieren. Außerdem sieht man bei einem Regimewechsel in Syrien seinen einzigen Mittelmeerhafen Tartus in Gefahr.
Russland misstraut dem Westen seit dem Sturz Gaddafis in Libyen. Der Vorwurf Russlands, die NATO habe nicht für Schutz- und Flugverbotszonen gesorgt, um Zivilisten zu schützen, sondern um aktiv auf Seiten der Rebellen einzugreifen. Ähnliches will Russland in Syrien verhindern.
Auf der internationalen Bühne und insbesondere gegenüber den Vereinigten Staaten möchte sich der Kreml im Fall Syriens als Großmacht manifestieren.
Russland liefert Waffen, Munition und Kampfflugzeuge an das Regime in Damaskus. Die Lieferung hoch entwickelter Luftabwehrraketen ist im Gespräch. Damit würden israelische Luftangriffe erschwert und eine Flugverbotszone nahezu unmöglich gemacht. Land-See-Raketen, mit denen man eine Blockade Syriens von Seeseite aus erschweren kann, soll Russland schon geliefert haben.
Noch heute feiern dort die Schiiten ihre gefallenen Kämpfer als Märtyrer. Kein Dorf ohne mannsgroße Plakate mit den Bildern der jungen Toten. Fast wie Heilige werden sie verehrt, sicherlich ein Stück weit auch eine gekaufte Ehrfurcht; denn die Hisbollah hat besondere Programme zur Unterstützung von Märtyrerfamilien aufgelegt. Niemand soll in Not geraten, wenn der Vater oder Sohn im Kampf gegen den ›zionistischen Feind‹ oder seit neuestem gegen sunnitische Terroristen in Syrien gefallen sind.
2000 gelang es der Hisbollah sogar, die israelischen Besatzungstruppen zum Abzug aus dem besetzten Südlibanon zu zwingen. Ihr größter Erfolg bis dahin. Der Jubel nicht nur im Südlibanon, sondern in der ganzen arabischen Welt war fast grenzenlos. Der geordnete Rückzug der israelischen Panzer wurde zur überstürzten Flucht umgedichtet. Endlich einmal die militärische Supermacht Israel gedemütigt! Und der Krieg 2006 zwischen Hisbollah und der stärksten Militärmacht
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