Brennpunkt Nahost
mehreren hundert Metern die Fassaden von Häusern abgerissen, Zimmerdecken eingedrückt, Stockwerke sind ausgebrannt, die Scheich-Shana-Straße mit Betontrümmern übersät. Menschen irren durch dieses Trümmerfeld, graben mit bloßen Händen oder mit Hacke und Schaufel oder sie starren hilflos auf die zerstörten Häuser, unter denen auch Tage nach der Raketenexplosion Familienangehörige verschüttet sind. Bagger, um sie aus den Trümmern zu bergen, haben sie nicht. Ein Mann, halb irre vor Schmerz, schlägt seine Hände vor sein Gesicht und schluchzt kaum verständlich, er habe nur überlebt, weil er einkaufen war: »Meine zehn Kinder und meine Frau liegen immer noch unter den Trümmern. Ich kann sie noch nicht einmal beerdigen.« Ein paar hundert Familien lebten bis vor kurzem hier entlang der Scheich-Shana-Straße, in einfachen Wohnungen. Reiche Menschen gibt es in diesem Viertel nicht, Militär auch nicht. Die Front ist gut zwei Kilometer entfernt. Für Politik hatten sie sich nur mäßig interessiert. Als Sunnit hatte man ohnehin nichts ändern können. Die alawitischen Nachbarn, die sind ständig bevorzugt worden. Die hatten alles, was sie wollten, was sie brauchten sowieso. Warum also die Scud-Rakete? Für die Menschen in Aleppo ist klar: »Terror. Assad will uns Sunniten terrorisieren.«
Stichwörter zu Islamisten und Djihadistengruppen
1 – Radikale Gruppen innerhalb der FSA sind:
Syrische Islamische Befreiungsfront (SILF) als Dachorganisation. Dazu gehören: Islamische Brigaden aus Damaskus, die Brigaden der Märtyrer Syriens und die Falken der Levante aus der Region Idlib. Ihre Offiziere behaupten, etwa 25 000 Mann unter Waffen zu haben. Viele SILF-Brigaden sollen Gelder aus Saudi Arabien beziehen.
2 – Syrische Islamische Front (SIF) , wichtigste Dachorganisation der Hardliner, im Dezember 2012 gegründet. Ihr gehört unter anderem der angeblich 10 000 Mann starke, in Aleppo, Idlib und Hama operierende Verband Harakat Ahrar al-Scham al-Islamija (»Islamische Bewegung der freien Männer Syriens«) an. Insgesamt sollen 25 000 Mann in der SIF organisiert sein. Sie betrachtet den Kampf gegen Assad als »Heiligen Krieg« und somit als religiöse Pflicht. Radikale Prediger in den Golfstaaten sammeln Geld für die SIF, die für einen islamischen Staat mit der Scharia als Rechtsgrundlage kämpft.
Die Dschabhat al-Nusra , die »Unterstützungsfront für das syrische Volk«, versteht sich als syrischer Ableger von Al-Qaida. Die extremistische Rebellengruppen soll laut Schätzungen westlicher Geheimdienste etwa 5 000 Kämpfer haben. Sie ist die militärisch schlagkräftigste Rebellengruppe, die an vielen der syrischen Kriegsschauplätzen aktiv ist. Im Dezember 2012 wurde die Nusra-Front von den USA als Terrororganisation eingestuft. Bekennt sich zu Anschlägen von Selbstmordattentätern und mit Autobomben.
Die Nusra-Front kooperiert gelegentlich mit anderen Einheiten, geht aber keine langfristigen Bündnisse ein.
Islamische Staat im Irak und Syrien (ISIS) , eine ebenfalls Al-Qaida nahe Djihadistengruppe, die ab Mitte 2013 immer wieder in Kleinkriege mit der FSA verwickelt ist. »Besonders brutal auftretende djihadistische Gruppe« (Wolfgang Bauer, DIE ZEIT), verantwortlich für Entführungen, Hinrichtungen, und Anschläge. »Islamisten aus Europa, Kaukasus, Nordafrika, rund 6 000 Ausländer sollen in Syrien unter Waffen stehen.« (W.Bauer, DIE ZEIT)
Verschiedene kleine Djihadistengruppen:
Seit Mitte 2013 gibt es immer häufiger Zusammenstöße zwischen Djihadisten und der Freien Syrischen Armee. Die Radikalen haben zum Heiligen Krieg bis zum Endsieg aufgerufen. Einige Gruppen träumen von einem Emirat Syrien-Irka. In den von ihnen kontrollierten Gebieten machen sie sich zu Herren über Leben und Tod. Finanziert werden sie vermutlich von religiösen Stiftungen und Privatpersonen aus Saudi Arabien und Katar.Viele Djihadisten kommen auch aus dem islamischen Ausland: Irak, Tschetschenien, Libyen usw.
Viele Djihadisten kommen auch aus dem islamischen Ausland: Irak, Tschetschenien, Libyen usw.
Aus Deutschland sollen laut Verfassungsschutz 170 Djihadisten eingereist sein.
Quelle u.a., ZEIT Dossier, Spiegel online
Aleppo hatte sich spät den Aufständen angeschlossen, im Grund erst Mitte 2012. Vorher ein paar Studentendemonstrationen auf dem Campus der Universität, die Polizei und Militär schnell niedergekämpft hatten. In den Außenbezirken begannen dann die Aufstände, dort, wo Arbeiter, Landflüchtlinge
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