Brennpunkt Nahost
regierenden Emir von Katar und seine Gefolgschaft. Für das Gericht in Doha war die Sache auch klar: Das ist ein »Aufruf zum Umsturz.« Sein Urteil: lebenslänglich. Ein Berufungsgericht wandelte es im Februar 2013 in 15 Jahre Gefängnis um.
Katar hatte sich bis zum Beginn der arabischen Aufstände als erfolgreicher Vermittler zwischen den vielen Konfliktparteien der Region bewährt, lieferte sich mit dem Iran im 2006 kriegszerstörten Südlibanon einen regelrechten Wiederaufbauwettkampf und investiert Millionen von Dollar in den Gazastreifen der Hamas. In Syrien schlug sich der Mitte 2013 zurückgetretene Emir Katars, Hamad bin Khalifa al-Thani, von Anfang an ganz auf die Seite der Aufständischen, genauer, auf die Seite der Islamisten, nie auf die der gemäßigten Demokraten. Das galt auch für Libyen, für Ägypten, ganz besonders aber für Syrien, wo er die Djihadisten mit Geld und Waffen unterstützen soll. Dem Westen will sich das Emirat als »als Akteur präsentieren, der wertvolle Dienste für die Lösung der zahlreichen Konflikte in der Region anbieten kann«, wie es Guido Steinberg von der ›Stiftung für Wissenschaft und Politik‹ formuliert hat. Gleichzeitig verdächtigte das französische Magazin Le Canard Enchaîné schon im Juni 2012 den Emir von Katar, die Djihadisten in Mali mit mehr als nur humanitären Hilfsgütern zu unterstützen. Als Quelle gab das Magazin den französischen Geheimdienst an.
Katar spielt also eine nicht ganz durchsichtige Schlüsselrolle in der komplizierten Gemengelage von Syrien, als Geldgeber, als Vermittler zwischen den zerstrittenen Oppositionsgruppen, als Unterstützer der Djihadisten, als Wohltäter der Bevölkerung in den von den Rebellen kontrollierten Gebieten. Eines allerdings wollen weder Katar noch Saudi Arabien, dass nämlich aus dem Nach-Assad-Syrien eine Demokratie wird. Im Gegenteil: Als im März 2011 Saudi Arabien mit Unterstützung anderer Golfstaaten wie Katar seine Panzer in das von schiitischen Unruhen geschüttelte Bahrain einrollen ließ, demonstrierten die Könige, Emire und Scheichs, woran sie wirklich interessiert sind: Sie wollen nicht mehr Mitbestimmung der Bevölkerung, sondern den Nahen Osten umbauen zu sunnitisch geprägten autoritär regierten Regimen. Außerdem wollen sie den schiitischen Iran auf Distanz halten; denn der hatte sich in den letzten Jahrzehnten zu einem starken Akteur im Nahen Osten entwickelt. Mit Hilfe der Hisbollah als hochgerüstete Hilfstruppe an der Grenze zu Israel und mit Syrien als engstem und einzigem Partner in der arabischen Welt. Sollte es den Aufständischen und ihrer Unterstützer wie Katar gelingen Assad zu stürzen und in Damaskus eine sunnitische Regierung einzusetzten, dann wäre die Verbindungsachse Teheran-Damaskus-Südlibanon zerstört und die Hisbollah isoliert, weil ohne Nachschub. Dieses Kriegsziel ist auch ganz im Interesse von Saudi Arabien, Katar und Syriens Erzfeind Israel.
Iran – der Feind meines Feindes
Das militärische Engagement des Iran im Nahen Osten geht zurück bis in die Zeit des Libanesischen Bürgerkriegs. 1982 war Israel in den Libanon einmarschiert, hatte Beirut besetzt und die PLO (Palestine Liberation Organization) aus dem Land nach Tunis vertrieben. Einmarsch und Besatzung lösten Widerstand bei den muslimischen Milizen der Bürgerkriegsparteien aus. Auch schiitische wie die Amal mit ihren etwa 15 000 Kämpfern beteiligten sich zunächst am Kampf gegen die Besatzer. Chomeini, der politische und spirituelle Führer der Revolution sowie Gründer der Islamischen Republik Iran, unterstützte den schiitischen Widerstand gegen die israelische Armee, hoffte er doch, seine gerade mal drei Jahre alte Revolution wenigstens in den schiitischen Teil des vom Bürgerkrieg zerrissenen Zedernstaats exportieren zu können. Anfangs sponserten die Mullahs noch verschiedene antiisraelische Milizen, die im schiitisch dominierten Süden des Landes und in der Bekaa-Ebene aktiv waren. Schon bald spaltete sich von der Amal ein radikaler Flügel ab, der sich ›Partei Gottes‹ nennen sollte und der jede Verhandlung mit Israel und dem Westen ablehnte. Die militärische Ausbildung der damals unbekannten Miliz übernahmen die Iranischen Revolutionsgarden. Aus dem Iran wurden sie auch finanziert. Zu den Gründern der neuen Bewegung gehörte unter anderem der spätere Generalsekretär der Hisbollah, Hassan Nasrallah. Sein Vorgänger Abbas al-Musawi wird verantwortlich gemacht für Entführungen von
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