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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Tischdecke zu unterschreiben und sie dazulassen. Und am nächsten Morgen hing ein Picasso, ein echter großformatiger Picasso an der Wand des Landgasthauses. – Warum könnte sich hier in Pont Aven, zwischen Marie-Jeanne Pennec und Gauguin, nicht eine ähnliche Geschichte abgespielt haben?«
    Marie Morgane Cassel schwieg.
    »Es klingt abenteuerlich, ich weiß. Aber vielleicht gab es keinen sichereren Ort für das Bild als diesen hier. Wo niemals jemand so etwas vermutet hätte. Wo es immer schon gehangen hatte und wo es jeder kannte. Und Pierre-Louis Pennec konnte das Bild immer sehen, wenn er wollte.«
    Die Kunsthistorikerin schwieg immer noch.
    »Schauen Sie, dieser Raum besitzt eine vollkommen professionelle Klimaanlage, wer baut so was in ein Restaurant ein – in der Bretagne? Die Anlage ist völlig überproportioniert. Für den Zweck eines Restaurants hätte es eine viel kleinere, einfachere Anlage getan. Pierre-Louis Pennec muss eine große Summe in diese Anlage und die baulichen Maßnahmen investiert haben. Mit Anlagen dieser Art werden Krankenhäuser oder Großbüros klimatisiert – und Museen.«
    Das war es, was ihm dunkel hängen geblieben war aus dem Gespräch mit Beauvois. Das mit der Klimaanlage. Was ihn so beschäftigt hatte die ganze Zeit, ohne dass er gewusst hatte, was es gewesen war. Und nicht nur in dem Gespräch mit Beauvois war es um die Klimaanlage gegangen – das sperrige Wort stand sicher ein halbes Dutzend Mal in seinem Heft. Wer brauchte in der Bretagne überhaupt Klimaanlagen? Und in dieser Dimension? Warum ausgerechnet in diesem Raum so eine Anlage? Es würde alles haargenau passen, so fantastisch es auch klang.
    »Sie meinen, so konnten Luftfeuchtigkeit und Temperatur auf sichere Weise konstant gehalten werden und …«
    Marie Morgane Cassel brach ab und schien intensiv nachzudenken. Dupin hatte nicht vorgehabt, die Professorin derart weitgehend in seine Gedanken und in den Fall einzubeziehen. Das war gar nicht seine Art.
    »Dreißig Millionen. Vielleicht mehr. Vierzig Millionen. Schwer zu sagen.«
    Jetzt war es Dupin, der sprachlos war. Es dauerte einen längeren Moment, bis er wieder zu sich fand.
    »Sie meinen – dreißig Millionen Euro?«
    »Vielleicht vierzig Millionen oder sogar noch mehr.«
    Mit beiläufig klingender Stimme fügte sie hinzu: »Ich kenne diese Picasso-Geschichte. Sie ist wahr.«
    Madame Cassel hatte angefangen, sich langsam durch den Raum zu bewegen, die Augen vollkommen fokussiert, scannte sie jedes einzelne Bild.
    Dreißig Millionen. Vielleicht vierzig Millionen. Oder mehr. Dupin spürte eine Gänsehaut an seinen Unterarmen. Das war ein Motiv. Ein gewaltiges Motiv. Wenn es um solche Summen ging, war alles vorstellbar. Dafür würden viele Menschen vieles tun.
    »Ein Sérusier, ein Gauguin, ein Bernard, ein Anquetin, ein Seguin, ein Gauguin, ein Gauguin. Alles Kopien. Gute Kopien. – Einige hat sicher Marie-Jeanne Pennec bereits anfertigen lassen, sie sind schon fast so alt wie die Originale. Oder sie wurden ihr geschenkt, auch das war nicht unüblich.«
    Gewissenhaft schritt sie jedes Bild ab. Von der Bar, wo sie gestanden hatten, Richtung Tür. Dupin sah ihr aufmerksam zu. Plötzlich blieb sie stehen. Vor dem letzten Bild. Dort, wo keine Tische standen.
    »Das ist lächerlich!«
    Sie sprach mit echter Empörung.
    »Hier hat der Maler – ich meine, der Kopist, absurde Fehler gemacht. Das soll eins von Gauguins wichtigsten Bildern sein, Die Vision nach der Predigt oder Der Kampf Jacobs mit dem Engel , auch ein Bild von 1888.«
    »Und?«
    Dupin hatte sich neben sie gestellt und starrte gebannt auf das Bild.
    »Es sind ihm grobe Missgeschicke unterlaufen. Die Grundfarbe, das Rot, das ist hier grell orange. Es ist insgesamt ein Stück zu groß. Es gibt mehr bretonische Bäuerinnen auf diesem Bild als auf dem Original, dafür stehen sie hier aber weiter am Rande. Und vor allem: Der Priester steht in der Mitte, unter dem Baumstamm, sehen Sie? Auch das ist falsch.«
    Marie Morgane Cassel deutete bei allem, was sie sagte, aufgeregt auf die entsprechenden Partien im Bild.
    »Auf dem Original steht er ganz in der Ecke. Rechts unten. Überhaupt ist die ganze Perspektive bei dieser Kopie versetzt, wie ein Weitwinkel. Hier ist oben noch etwas Landschaft zu sehen, ein wenig Horizont, im anderen – im echten Bild ist es nur eine rote Fläche und oben sind bloß die Äste des Baumes. Dies hier hat fast noch einen größeren Sog. Das liebte Gauguin, diesen Sog. Aber

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