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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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Künstlerkolonie-Bewegung, ich …«
    Reglas brach ab. Er schien sich zu fragen, warum er Dupin so etwas erzählte.
    »Das tut natürlich nichts zur Sache. Ich möchte Sie ganz formal und offiziell fragen: Ist es für die Ermittlungen im Mordfall Pennec unerlässlich zu wissen, ob dieses Bild hier erst seit ein paar Tagen hängt?«
    Reglas war wieder angriffsbereit.
    »Absolut, diese Frage ist von entscheidender Bedeutung.«
    Dupin war sich darüber im Klaren, dass Reglas ihm das nicht abnahm und die Formulierung als weitere Provokation empfinden würde – aber es stimmte. Genau so war es.
    »Dann werden wir mit den Arbeiten gleich beginnen, ich rufe mein Team.«
    Reglas hatte sich unter Kontrolle, das musste Dupin zugeben.
    »Sie kennen auch kein derartiges Bild, das Gauguin gemalt hätte?«
    »Nein. Wie ich sagte. Der Imitator hat lächerliche Fehler gemacht. Eine vollkommene Entstellung.«
    »Aber allgemein. Theoretisch. Was denken Sie, könnte dies nicht ein Bild Gauguins sein?«
    »Diese Frage macht keinen Sinn.«
    »Ich weiß.«
    Reglas schaute den Kommissar direkt an. Er überlegte. Dann sagte er:
    »Nun ja, mir scheint, das hätte er malen können, gewissermaßen. Es wirkt wie ein Gauguin.«
    Jetzt war Dupin verwirrt. Er fühlte sich ganz unbehaglich – er hatte felsenfest mit einem Angriff gerechnet.
    »Danke. Ich meine, danke für Ihre Einschätzung.«
    Er räusperte sich.
    »Gut, ja. Ich rufe jetzt meine Mitarbeiter an.«
    Reglas griff in seine Sakkotasche. Ohne weitere Worte verließ er den Raum, das Handy in der Hand. Auch Dupin sagte nichts mehr.
    Um kurz vor acht betrat Dupin den Frühstücksraum. Er hatte gebeten, dass man ihn für die anderen Gäste bis halb neun sperrte. Marie Morgane Cassel saß schon an einem der kleinen Tische, ganz in der Ecke, am Fenster. Vor sich einen grand crème . Ein großer Korb voller Croissants, pains au chocolat , Brioches und Baguettes stand auf dem Tisch, mehrere Marmeladen und Butter. Außerdem ein ganzer gâteau breton , dessen besonderer Geschmack der Mischung aus viel gesalzener Butter und viel Zucker zu verdanken war. Ein riesengroßer Früchtekorb, Joghurts. Madame Mendu hatte es sehr gut gemeint. Zwischen all diesen köstlichen Dingen stand ein aufgeklapptes Notebook.
    »Guten Morgen, Madame Cassel. Haben Sie gut geschlafen?«
    Die Professorin lächelte Dupin freundlich an, den Kopf ein wenig zur Seite gelegt. Ihre Haare waren noch feucht, sie musste eben erst geduscht haben.
    »Guten Morgen. Wissen Sie, ich bin keine so gute Schläferin, das bin ich nie gewesen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Aber das ist nicht schlimm. Es war eine sehr ruhige Nacht hier, wenn Sie das meinen. Ich habe ungestört recherchieren können.«
    Marie Morgane Cassel wirkte alles andere als müde, im Gegenteil. Sie schien hellwach.
    »Haben Sie etwas herausgefunden?«
    Dupin setzte sich zu ihr.
    »Es gibt keinerlei Hinweise, dass es eine zweite Vision nach der Predigt geben könnte, ein zweites Bild, das dieses Thema aufnähme. Dass Gauguin überhaupt an einer anderen Version gearbeitet hat.«
    Sie war ganz bei der Sache.
    »Aber es ist – theoretisch – auch nicht ausgeschlossen.«
    »Was heißt das?«
    »Zum einen: Gauguin hat manchmal sehr wohl mehrere Auseinandersetzungen mit ein und demselben Sujet unter nommen, wenn es ihn sehr beschäftigt hat. Manchmal hat er mehrere Bilder zu einem Thema gemalt, die dann bestimmte Dinge, Motive, Aspekte variierten. Für die Vision gibt es eine große Anzahl von Skizzen, Studien, auch kleinere Vorarbeiten zu den meisten Teilen und Motiven dieses Bildes. Viele Elemente werden hier variiert. Ich habe mir alles noch mal genau angeschaut und etwas Erstaunliches gefunden.«
    Jetzt strahlte sie.
    »Schauen Sie hier. Ich hab etwas im Spezialarchiv des Musée d’Orsay gefunden. Eine wissenschaftliche Datenbank, sie haben in den letzten Jahren sämtliches Material Gauguins gescannt, auch viel aus Privatbesitzen, die man gar nicht oder nur wenig kannte.«
    Sie drehte das Notebook um. Dupin schaute auf den Bildschirm. Es war gar nicht viel zu sehen auf der Abbildung.
    »Das ist eine Skizze, fünfzehn mal zwölf Zentimeter. Die Qualität der Abbildung hier ist nicht sehr gut. Aber man sieht alles Entscheidende.«
    Am linken und unteren Bildrand waren Schemen zu sehen, die figürlich wirkten, aber streng genommen bloß Flächen waren, weiß, stark mit Schwarz konturiert. Genau im Zentrum ein Baumstamm, der steil in das Bild ragte und am oberen

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