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Bretonische Verhältnisse

Bretonische Verhältnisse

Titel: Bretonische Verhältnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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erlebt hatte, war Dupin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie jäh das Wetter umschlagen konnte. Es war ein Spektakel. Aus einem ganz unverdächtig strahlenden, warmen Morgen, an dem man schwören würde, nun hat sich der Sommer auf Wochen mit einem stabilen Hoch festgesetzt, konnte innerhalb einer halben Stunde unversehens ein herbstlich anmutender Regen- und Sturmtag werden, bei dem man wiederum jede Wette einginge, dass dies ein grundsolides Tief sei und einen nun Tage traktierte – und umgekehrt. Als hätte es nie ein anderes Wetter gegeben. Dupin dachte manchmal, dass er früher gar nicht gewusst hatte, was das war: Wetter. Dass er es wirklich erst hier verstanden hatte. Es war kein Wunder, dass das wankelmütige Wetter das allgegenwärtige Thema der Bretonen war. Und Dupin war tief beeindruckt, wie genau mancher Bretone es vorhersagen konnte, über Tausende Jahre hatten die keltischen Bewohner eine große Kunst daraus gemacht. Auch Dupin hatte begonnen, sich in dieser Kunst zu versuchen, es war, zugegebenermaßen, ein kleines Hobby von ihm geworden (von seinen Erfolgen war bisher allerdings nur er selbst beeindruckt).
    Dupin war einige Augenblicke vor der Tür stehen geblieben, hatte sein Clairefontaine herausgeholt und eine Reihe von Notizen gemacht. Einige Dinge waren dringend. Er zog sein Handy aus der Tasche.
    »Riwal?«
    »Ja.«
    »Ich komme jetzt zum Hotel. Ich will Madame Lajoux sprechen. Dann Sie und Kadeg. Nein, zuerst Sie und Kadeg. Und danach die anderen. Haben Sie Beauvois und André Pennec ausfindig machen können?«
    »Nein. Beide noch nicht. Beauvois besitzt kein Handy. Und Monsieur André Pennec ist mit seinem Wagen unterwegs, wohl in Rennes. Beruflich. Die Mailbox ist an. Wir haben ihm mehrere Male aufs Band gesprochen mit der Bitte, sich umgehend zu melden.«
    »Gut, ich muss ihn heute sehen. Egal wie. Beauvois ebenso.«
    »Wir versuchen alles.«
    »Noch eine Sache: Überprüfen Sie, ob und wann Madame Pennec gestern Abend bei der Nachtapotheke in Trévignon war. Ich brauche ganz genaue Uhrzeiten. Ich will wissen, was sie gekauft hat, wie sie wirkte, alles. Sprechen Sie mit der Person, die sie bedient hat.«
    »Ist sie verdächtig?«
    »Ich habe das Gefühl, dass uns bisher niemand wirklich die Wahrheit gesagt hat.«
    »Wir sollten uns dringend besprechen, Monsieur le Commissaire.«
    »Ich bin unterwegs.«
    Sie hatten sich in den Frühstücksraum gesetzt, Kadeg, Riwal und Dupin, und eine halbe Stunde besprochen. Sehr konzentriert. Dupin hatte die Inspektoren eingeweiht. Er hatte von dem Bild erzählt, das über hundert Jahre am selben Ort gehangen hatte und das nun gestohlen worden war. Vierzig Millionen Euro. Kadeg und Riwal hatten mehrere Minuten geschwiegen. Dupin konnte an ihren Gesichtern sehen, wie ihnen die Dimension des Falles bewusst wurde. Und beiden war klar, dass jetzt vor allem eines zu tun war: das gestohlene Bild finden – als Beweis dafür, dass es überhaupt gestohlen worden war. Und auf diese Weise, vielleicht, den Täter. Nicht einmal Kadeg hatte sich beschwert, als Dupin nach einer halben Stunde aufgestanden war, um mit Madame Lajoux zu sprechen.
    Madame Lajoux stand an der Rezeption, als Riwal, Kadeg und Dupin die Treppe herunterkamen. Sie schaute etwas verschüchtert nach oben, als sie die drei sah.
    »Bonjour Madame Lajoux. Danke, dass Sie Zeit für uns haben.«
    »Es ist so schrecklich, Monsieur le Commissaire. Das jetzt noch mit Loic. Die Tragödie nimmt kein Ende. Das sind sehr schwere Tage.«
    Sie sprach wieder schleppend und sehr leidend.
    »Sehr schwere Tage. Zu Loic Pennecs Tod können wir noch gar nichts sagen. – Ich müsste Sie, auch wenn es für Sie nicht leicht ist, noch einmal sprechen. Wenn Sie einverstanden sind, gehen wir zusammen ins Restaurant.«
    Im Blick von Madame Lajoux lag nun Unsicherheit.
    »Ins Restaurant? Wieder ins Restaurant?«
    »Ich möchte, dass Sie mir etwas zeigen.«
    Die Verunsicherung in ihrem Blick war noch größer geworden.
    »Ich soll Ihnen etwas zeigen?«
    Dupin nahm den Schlüssel heraus und schloss die Tür zum Restaurant auf.
    »Kommen Sie.«
    Madame Lajoux folgte, langsam, zögerlich. Dupin schloss die Tür hinter ihnen zu. Sie gingen Richtung Bar, kurz vor dem Knick des Raums blieb Dupin stehen.
    »Madame Lajoux, ich wollte …«
    Es klopfte heftig an der Tür. Madame Lajoux schreckte zusammen.
    »Was soll das?«
    Misslaunig ging Dupin zur Tür und schloss wieder auf. Kadeg stand davor.
    »Monsieur le Commissaire, Madame

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