Brian Lumleys Necroscope: Buch 2 - Vampirbrut (German Edition)
stützte, zitterten, und die Knöchel waren weiß vor Anstrengung.
Er hatte mit einem Mal das Gefühl, sie stelle eine Gefahr für ihn dar. So unternahm er einen letzten Versuch: »Hör zu, Zek! Der Generalsekretär ist ein schwacher alter Mann. Er wird nicht mehr lange regieren. Der nächste Führer aber …«
»Andropow?« Sie riss die Augen weit auf. »Ich kann es in deinem Hirn lesen, Genosse! Wird es so kommen? Dieser KGB-Mörder? Der Mann, den du bereits jetzt deinen Herrn und Meister nennst? «
Gerenkos blasse Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen und funkelten nun ebenfalls vor Zorn. »Wenn Breschnew weg ist …«
»Aber das ist er nicht, noch nicht!«, schrie sie ihn an. »Und wenn er von dieser … dieser Verschwörung erfährt …«
Das war ein schwerwiegender Fehler. Selbst Breschnew konnte Gerenko nichts antun, nicht ihm persönlich jedenfalls, und schon gar nicht physisch. Aber er konnte es aus der Ferne veranlassen. Er konnte beispielsweise in Gerenkos Wohnung in Moskau eine Bombe legen lassen. Sobald eine solche Falle einmal vorbereitet war, wäre keines Menschen Hand mehr daran beteiligt. Alles liefe dann automatisch ab. Oder aber Gerenko würde eines Tages erwachen und sich hinter Gittern wiederfinden. Und es mochte sein, dass seine Wächter ihn vergaßen, ihm nichts mehr zu essen und zu trinken brachten … Auch seine Gabe litt unter gewissen Einschränkungen.
Er erhob sich. In seiner Kinderhand lag plötzlich eine automatische Pistole, die er aus einem Schubfach des Schreibtisches gezogen hatte. Seine Stimme hatte er zum bloßen Flüstern gesenkt. »Jetzt wirst du mir genau zuhören«, sagte er. »Und ich sage dir, was jetzt geschehen wird. Erstens wirst du diese Angelegenheit niemals wieder erwähnen! Du hast im Schloss Bronnitsy einen Eid zur Geheimhaltung abgelegt. Brichst du ihn, werde ich dich zerbrechen! Zweitens behauptest du, wir befänden uns nicht in einem Kriegszustand. Dein Gedächtnis scheint nicht weit zurückzureichen. Vor neun Monaten haben die britischen ESP-Spione unserem E-Dezernat den Krieg erklärt! Und beinahe hätten sie unsere gesamte Organisation dabei zerschlagen! Du warst damals noch neu bei uns und hast dich gerade mit deinem Vater irgendwo auf Urlaub befunden. Also hast du es nicht miterlebt. Aber ich sage dir, wenn dieser Harry Keogh noch am Leben wäre …«
Er musste erst einmal Luft holen und Zek Föener biss sich auf die Lippen, um nicht damit herauszuplatzen, dass Harry Keogh tatsächlich noch am Leben war, wenn auch reichlich hilflos.
»Drittens«, fuhr er fort, »sollte dir klar sein, dass ich dich auf der Stelle erschießen könnte, und niemand würde das infrage stellen! Falls Fragen kämen, würde ich einfach sagen, dass ich dich schon eine Weile lang in Verdacht hatte. Ich würde ihnen sagen, dass dich deine Arbeit in den Wahnsinn getrieben hat, dass du mich und das gesamte Dezernat bedroht hättest. Du hast durchaus recht, Zek: Der Generalsekretär hält große Stücke auf unser E-Dezernat! Es ist ihm lieb und teuer. Unter dem alten Gregor Borowitz hat es ihm gute Dienste geleistet. Was, eine Frau, noch dazu eine Verrückte, die hier frei herumrennt und irreparable Schäden verursacht? Selbstverständlich hätte ich das Recht, sie zu erschießen! Und das werde ich auch, falls du dir künftig nicht jedes Wort genau überlegst! Glaubst du, irgendjemand würde deine Anschuldigungen ernst nehmen? Wo ist der Beweis? In deinem Kopf? In deinem verwirrten Verstand? Und wenn dir jemand Glauben schenken sollte, würde ich bestimmt nicht stillsitzen und dich machen lassen, was dir gefällt. Und Theo Dolgikh – glaubst du, der würde stillsitzen? Zek, du hast es hier ziemlich gut. Es gibt in der Sowjetunion bestimmt auch andere Aufgaben für eine kräftige junge Frau. Nach deiner – Rehabilitation? – würde man bestimmt eine für dich finden …« Er brach ab und steckte die Pistole weg. Es war ihm klar, dass er sie ›überzeugt‹ hatte.
»Geh jetzt, aber verlasse das Schloss nicht! Ich will einen Bericht über alles haben, was du von Kyle erfahren hast. Alles! Der Vorbericht kann ruhig kurz sein, lediglich eine Zusammenfassung. Den will ich morgen Mittag vorliegen haben! Der endgültige Bericht wird dann jedes noch so kleine und unwichtig erscheinende Detail umfassen. Verstanden?«
Sie stand da, blickte ihn an und biss sich unentschlossen auf die Unterlippe.
»Also?«
Schließlich nickte sie und blinzelte dabei Tränen der Frustration und
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